Herbert Kickl
als Wiederholungstäter

Das blaue Mastermind und seine Probleme mit der Europäischen Menschenrechtskonvention: Hier ist Wachsamkeit im Parlament geboten.

von / Renate Kromp © Bild: Ian Ehm/News

Herbert Kickl hat ein Problem mit der Europäischen Menschenrechtskonvention, und das nicht erst seit letzter Woche und nicht erst, seit ihm die Opposition deswegen wieder einmal im Parlament das Misstrauen ausgesprochen hat. Schon als Generalsekretär der FPÖ ritt er gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) aus, bezeichnete sie als "Wurzel" einer "Völkerwanderungsproblematik" und forderte entweder deren Abänderung auf EU-Ebene oder eine Österreichische Version derselben. Das alles ist zum Beispiel in einer Aussendung des FPÖ-Parlamentsklubs aus dem Jahr 2015 nachzulesen. Der damalige Justizminister Wolfgang Brandstetter von der ÖVP reagierte scharf: Wer dies verlange, "bewegt sich in Österreich außerhalb des Verfassungsbogens", sagte er bei den Alpbacher Rechtsgesprächen. Und: Das gemeinsame Bekenntnis zu den Grundwerten der Europäischen Menschenrechtskonvention sei "eine der wichtigsten kulturellen Leistungen der abendländischen Kultur". Und auf die beruft sich die FPÖ doch sonst so gerne, wenn es ihr gerade in den Kram passt. Man hätte es also wissen können, als man (wie Sebastian Kurz und die ÖVP) die FPÖ zum Regierungspartner erkor und Herbert Kickl ausgerechnet das Innenministerium überantwortete. Und man hätte es wissen müssen, als man (wie Bundespräsident Alexander Van der Bellen) den Blauen angelobte. Beide mussten nun ausrücken, um Kickl zur Ordnung zu rufen. Dieser gab sich auf Facebook reuig, wissend, dass in den Kommentaren unter diesem Post viel Zuspruch für ihn zu finden sein würde. Denn in Wahrheit geht es ja bei all diesen Fehltritten Kickls und anderer blauer Spitzenrepräsentanten vor allem um eines: die Fans auf der Galerie zufriedenzustellen, die türkis-blaue Regierungsvorhaben nicht so toll finden. Die gegenteilige Annahme, Kickl "passierten" solche Aussagen aus Überforderung und Unwissen, wäre aber auch nicht beruhigender.

Beruhigend ist hingegen, dass weder Kickl noch die FPÖ und auch die gesamte Bundesregierung die EMRK nicht so einfach ändern könnten. Sie steht in Österreich im Verfassungsrang und ist Bestandteil der EU-Verträge. Wer an ihr rütteln will, braucht also nicht nur eine Verfassungsmehrheit im Parlament, sondern muss damit auch durch eine Volksabstimmung, weil nämlich die bei einer Gesamtänderung der Verfassung - und das wäre hier der Fall - zwingend ist. Zudem müsste Österreich wohl aus der EU austreten, wenn man deren gemeinsamen Rechtsbestand nicht mehr anerkennen will.

Im österreichischen Parlament würde das Ansinnen, die Menschenrechtskonvention umzuschreiben, eine krachende Niederlage einfahren. Dass die Oppositionsparteien dazu das Ihre beitragen würden, kann man als gegeben voraussetzen. Annehmen will man zudem, dass sich auch Abgeordnete der Regierungsparteien in einem solchen (freilich ohnehin nicht geplanten) Fall ihres freien Mandats besinnen und dagegen stimmen würden. Dennoch muss man sagen: Würden Mandatare aller Parteien nicht nach Wohlverhalten, sondern nach politischem Gespür, Wissen und Rückgrat ausgewählt, würde seltener dem Klubzwang und mehr der eigenen Meinung gefolgt -bei manchen (auch theoretischen) Debatten wäre einem wohler.

Was meinen Sie? Schreiben Sie mir bitte: kromp.renate@news.at

Kommentare