Na bitte. Geht doch. Zwei frischgebackene Väter in diesem Land haben gerade noch rechtzeitig die Kurve gekriegt. Ganz entgegen ihren einst kühlen Aussagen in Sachen Nachwuchsobsorge und Papamonat. Ganz entgegen ihrer Politik, die sie bis dahin zu verantworten hatten: Schulen zu? Na und? So ein bisschen Arbeit und Kind(er) werden ja wohl zu schaffen sein, befand der eine seinerzeit. Und überhaupt: Papamonat. Solche „Freiheiten“ kann man sich in bestimmten Jobs eben nicht nehmen, bekundete der andere. Damals, als ihre (politische) Welt noch in Ordnung war.
Jetzt also der fliegende Wechsel. Statt sich weiter mit lästigen Pandemiefragen, schwindendem Einfluss, Falschaussage, Postenschacher, Bestechlichkeit und noch viel mehr auf offener Bühne herumzuplagen, erfolgt der Rückzug. Ins heimische Kinderzimmer. Unehrlich und feig. Stil- und würdelos. Bei dem einen Neopapa hat es einfach nur „klick“ gemacht, und er wusste plötzlich, was zu tun ist. Der andere Jungpapa verkündete mit ernster Miene und voller Pathos via Facebook: „Ich habe mich für meine Familie entschieden!“ Ja, Familienplanung kann gelegentlich praktisch sein in diesem Land. Vor allem dann, wenn der Nachwuchs zum richtigen Zeitpunkt das Licht der Welt erblickt.
So verlogen kann freilich auch nur Politik sein. Erst recht in einem Land, wo wichtige Ämter derzeit vor allem nur eines sind: ein Durchlaufposten. Wenn es einen nicht mehr freut, schiebt man die Familie vor. Oder kommt – so wie der gerade wieder abgelöste Kurzzeitkanzler – drauf, dass der alte Job eigentlich doch viel cooler und entspannter war. Der, der den Ministerposten von ihm gerade übernommen hatte, muss halt die Umzugskisten aus Paris, wo er seinen prestigeträchtigen Botschafterjob für Ruhm, Ehre und Vaterland erst aufgegeben hatte, wieder neu packen. Die eine Ministerin darf bleiben, weil sie aus dem richtigen Bundesland kommt, der andere Minister muss gehen, obwohl er gerne geblieben wäre – und im Übrigen auch keinen schlechten Job gemacht hat. Bananenrepublik. Mal wieder.
Die einen reiben sich mit Blick auf die aktuelle Politiklandschaft einmal mehr und auch nur im besten Fall verwundert die Augen. Andere wenden sich angewidert von der Politik ab. Doch Trübsal blasen ist nicht. Neues Personal heißt auch neues Glück. Schließlich soll ab sofort alles anders werden. Das versprechen zumindest jene, die die Fäden der Republik immer noch oder eben ganz neu in der Hand haben. Jetzt wird nämlich gemeinsam für Österreich gearbeitet. Ganz ohne Selbstbeweihräucherung, ich, ich, ich und Marketing- Trallala. Ohne Selbstgefälligkeit, Machtgeilheit und den Wunsch, geliebt zu werden. Jetzt geht es unverzüglich und mit voller Kraft ans Werk. Sie können das. Ganz sicher. Aber wollen sie es auch?
Eine, die das wollte und konnte, hat gerade in Deutschland die politische Bühne verlassen. Bis zuletzt uneitel und übrigens ohne einen einzigen Skandal. Nicht das Ich stand bei Angela Merkel im Vordergrund, sondern das Wir. Sie empfinde Dankbarkeit und Demut für das Amt, das sie so lange ausüben durfte, sagte Merkel bei ihrem Abschied. Einem Abschied mit Stil und Würde. Und sie bedankte sich für das Vertrauen, das ihr entgegengebracht wurde: „Vertrauen ist das Wichtigste in der Politik“, betont sie. Nach 16 Jahren im Amt.
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