Die Freiheit,
die wir meinen

Medien haben die Aufgabe, Bürger über Geschehnisse zu informieren. Wer sie darin beschneiden will, beschneidet Bürgerrechte

von / Renate Kromp © Bild: Ian Ehm/News

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York ist ein Schauplatz, an dem sich Bundespräsident und Bundeskanzler Seite an Seite mit Staats-und Regierungschefs aus aller Welt der hohen Politik widmen wollen. Heuer mussten Alexander Van der Bellen und Sebastian Kurz von dort aus allerdings zu einem Tiefpunkt der österreichischen Politik Stellung nehmen. Zu jenem Mail aus dem Innenministerium, in dem sich ein enger Mitarbeiter Herbert Kickls Gedanken darüber macht, wie mit kritischen Medien umzugehen sei. Die Kommunikation mit diesen sei "auf das nötigste (rechtlich vorgesehene) Maß zu beschränken", wird den Landespolizeidirektionen da empfohlen. Infos soll es nur dann geben, wenn sich daraus "die Möglichkeit einer neutralen oder gar positiven Berichterstattung" ergebe. Journalisten, Medien, Parteien (mit Ausnahme der FPÖ) protestieren zu Recht mit aller Vehemenz gegen diesen Zensurversuch. Hier geht es nämlich nicht um professionelle Wehleidigkeit einiger, die sich von einem Informationsfluss abgeschnitten sehen. Was in Kickls Ministerium viel mehr versucht wurde, ist, ein in der Verfassung garantiertes Grundrecht, die Freiheit der Medien, zu beschneiden. Auf diese Verfassung hat Kickl seinen Amtseid abgelegt. Dass Kurz sich eindeutig von solchen Plänen distanziert hat, ist allerdings nicht nur der österreichischen Empörung geschuldet, sondern der Sorge, welches Bild seine Regierung da international gerade macht. In Deutschland schreibt die "Süddeutsche Zeitung" mit Blick auf Österreich: "Die Entwicklungen sollten auch der EU zu denken geben. Was da in Österreich passiert, darf nicht als Randnotiz abgetan werden." Denn, so die "SZ":"Die EU darf nicht, wie in Ungarn, jahrelang wegschauen, bis sie den autoritären Tendenzen Einhalt gebietet." Die Südtiroler "Dolomiten" legen nach: "Und es erinnert in der Tat an die Einstellung, die Diktatoren oder Regierungschefs à la Viktor Orban gegenüber der freien Presse haben."

Kickl wird immer mehr zum Problemfall für Kurz. Erst die BVT-Affäre, jetzt die Affäre um die Medienfreiheit. Sonst schweigt der Kanzler meist zu Fehltritten seiner blauen Koalitionspartner, umso auffälliger, dass er jetzt sprach. Doch könnte sich auch Kurz noch eindeutiger auf die Seite der Pressefreiheit schlagen. Und zwar nicht nur dadurch, dass er seine ebenfalls recht selektive Einladungs-und Informationsgepflogenheiten gegenüber Journalistinnen und Journalisten überdenkt. Und nicht nur dadurch, dass er sich vielleicht einmal dagegen zu Wort meldet, wenn Medien mit dem Begriff "Fake News" diskreditiert werden. Kurz könnte diesen Vorfall zum Anlass nehmen, endlich in Sachen Amtsverschwiegenheit zu handeln. Das würde ihm mehr Glaubwürdigkeit verschaffen. Die Amtsverschwiegenheit steht derzeit ebenfalls im Verfassungsrang und kollidiert regelmäßig mit dem Informationsrecht der Bürger und der Medien, die schließlich für die Bürger nachfragen. Als Chef der Jungen ÖVP war Kurz noch für deren Abschaffung, jetzt als Kanzler will er davon nichts mehr wissen. Eine breite Mehrheit im Parlament dafür ließe sich wohl finden. Auch wenn die neue SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner nach ihrer Vorstellung Fragen der Medien gleich einmal verweigerte. Auch ein Unding.

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