Es geht nicht um die Wurst,
aber ums Schnitzel

Nette Politunterhaltung; überschaubarer Erkenntnisgewinn: Die TV-Duelle zur besten Sendezeit neigen sich ihrem Ende zu. Genug ist halt irgendwann genug

von / Leitartikel - Es geht nicht um die Wurst,
aber ums Schnitzel © Bild: News/ Matt Observe

Dienstagabend, zur nicht mehr ganz so besten Sendezeit, wurde endlich das Geheimnis gelüftet: Österreichs Politikerklärer Nummer eins schläft unter dem Moderationstisch im "ZIB 2"-Studio. Ein Dank für diesen Erkenntnisgewinn geht an das Team der Satiresendung "Willkommen Österreich". Der Schlafplatz würde durchaus Sinn machen, schließlich ist Peter Filzmaier rund um die Nationalratswahl (noch neunmal schlafen -halten Sie durch!) im Dauereinsatz, und wir TV-Zuschauer gleich mit: Elefantenrunde, Bürgerforum, Spezialtalk, Wahlarena, Wahlometer, Wahlduell und zu guter Letzt in dieser Woche auch noch ein Blinde Date (Speeddating und Paartherapie hatten wir auch schon) - über einen Mangel an Wahlsendungen braucht sich hierzulande wahrlich niemand zu beschweren. Garniert werden diese Runden wahlweise mit den Gedanken von kritischen Bürgern (selten, dabei wären sie doch mitten aus dem Leben), Politikexperten (ziemlich oft) und einer Nabelschau seitens der schreibenden Zunft des Landes (für meinen Geschmack zu oft). In keiner vergleichbaren Demokratie wird das Wahlvolk mit TV-Duellen in so hoher Schlagzahl auf Betriebstemperatur gebracht -in Summe sind es rund 526 Stunden. Erkenntnisgewinn für den Zuseher? Überschaubar. Schließlich haben die TV-Coaches und Spindoktoren der Republik in Wahlkampfzeiten Hochkonjunktur. Was nicht passt, wird passend gemacht und führt am Ende zu beinharten Bestandsaufnahmen: "Rendi-Wagner -besser als erwartet. Agil. Präsent." Und wer nicht in der Liveübertragung gepunktet hat, bekommt danach ausgerichtet, was er beim nächsten Mal (hoffen wir mal, dass das, was auch immer kommt, diesmal für fünf Jahre hält) bitte schön besser zu machen hat. Telegen weichgespülte Spitzenkandidaten statt Authentizität lautet die Devise; dazu eine kleine Prise "Angriff ist die beste Verteidigung". Sympathisch, charmant, mal mehr, mal weniger angriffslustig, routiniert, sachlich ein Bingozettel mit diesen Zuschreibungen wäre wohl bei jedem einzelnen Kandidaten schnell abgehakt. Einzig das "Taferl" hat im Wahlkampf 2019 (mehrheitlich) ausgedient.

Statt auf dem Kirtag in einem Bundesland zu tanzen, ist also Präsenz im TV-Studio gefragt. Ein paar Prozentpunkte sind damit sicher zu holen. Der Kontakt zum Wähler bleibt auf der Strecke? Geschenkt (oder er wurde schon vorab bei diversen Wandertouren abgehakt). Auch für die Wahrnehmungskassa lohnt sich die mediale TV-Präsenz, schließlich ist vor allem für die kleinen Parteien jede Sendeminute wichtig. Wichtig sind diese Stunden auch für die TV-Macher, egal, ob öffentlich-rechtlich oder privat. Der Blick auf die Zahlen zeigt: Traumeinschaltquoten, wohin das Auge blickt -und ein alter Bekannter auf dem Stockerlplatz: 997.000 Seher wohnten dem ORF-"Sommergespräch" mit Sebastian Kurz bei. Nur einer kann ihm derzeit in Österreich das Wasser reichen: Ex-Skistar Marcel Hirscher. Seine Abschiedspressekonferenz, live und in Farbe zur besten Sendezeit übertragen, lockte in der Spitze 1,124 Millionen Zuseher vor die Bildschirme. "Jetzt stell dir vor, die Wahlkarten-Kuverts kleben diesmal wieder nicht", meinte heute morgen ein Kollege in der Sitzung. Nächstes Thema bitte. Danke!

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