"Dann erzähl ihm
halt, wie toll ich bin"

Tolle Männer mit Minifachkompetenz, aber dem richtigen Parteibuch in der Tasche und Chatprotokolle beherrschen derzeit die Innenpolitik - und das noch eine Weile

von Leitartikel - "Dann erzähl ihm
halt, wie toll ich bin" © Bild: News/ Matt Observe

In digitalen Zeiten wie diesen verlagert sich, ob man will oder nicht, die Kommunikation auf das Handy. Erst gestern hat mir mein Großer via Kurznachricht mitgeteilt, dass er gerade sehr fleißig und in Folge auch schon sehr weit mit seiner Abschlussarbeit ist. Ich habe ihm - auch aus Zeitmangel, ich gestehe -spontan das Daumen-hoch-Emoji geschickt. Und nein, ich habe damit nicht gemeint: Gib a Ruh! Vielmehr wollte ich zum Ausdruck bringen, dass ich das super finde -also "Weiter so!" Nun, seit vergangenen Sonntag wissen wir aber auch, dass das Daumen-hoch-Emoji -zumindest in der Interpretation von Ex-Finanzminister Hartwig Löger -eben nicht als Zeichen der Zustimmung gilt, sondern vor allem eines bedeutet: "Gib a Ruh!" So zumindest versucht Löger, seinen Schriftverkehr mit dem damaligen FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache rund um die Besetzung von Peter Sidlo zu erklären. Sidlo, Sie wissen schon, der "Dann erzähl ihm halt, wie toll ich bin"-FPÖ-Bezirksrat, dessen Einzug in den Vorstand bei der teilstaatlichen Casinos Austria AG ziemlich viele Fragen aufwirft. Fragen, die seit den aufgetauchten Chatprotokollen aus Straches Handy eher mehr als weniger werden. Dabei geht es nicht vorrangig um die Postenvergabe an Sidlo, den Parteifreund und Branchenneuling, der in einen der größten Glücksspielkonzerne der Welt eingezogen ist. Politische Postenvergabe hat zwar immer einen Beigeschmack, ist aber nicht strafbar. Vielmehr geht es um die rund um die Besetzung im Raum stehenden Korruptionsvorwürfe. Es geht um Amtsmissbrauch und Untreue. Wer wusste davon? Was gab es noch für Absprachen? Und auch: Was wusste Sebastian Kurz? Es sind nur zwei Bausteine in einer Erzählung, die uns noch lange beschäftigen wird. Es ist aber auch eine Erzählung, die beim gelernten Österreicher nur noch ein Schulterzucken auslöst. Weil umgefärbt haben die Regierungsparteien die staatsnahen Betriebe schon immer. Aufgepoppte Skandale haben dabei selten einen Umdenkprozess ausgelöst -bei allen Beteiligten. Warum auch? Mehrheitlich hat es sich bis jetzt unter dem Strich immer ausgezahlt. Stillschweigend wurde es genauso immer akzeptiert.

Darüber aufgeregt haben sich nur die anderen, vornehmlich die FPÖ auf der Oppositionsbank. Aufräumen wollte sie mit dem Proporz und überhaupt -und gemeinsam mit Türkis das Land mit einem neuen Politikstil beglücken. Alles sollte besser als in vergangenen Zeiten werden. Doch das Vorhaben ist auf der Strecke geblieben. Nüchtern betrachtet war man vor allem bei der FPÖ damit beschäftigt, die Seinen möglichst rasch an die Futtertröge der Macht zu führen -das zeigt der Blick in die Chatprotokolle ("Sofort!","Das war vereinbart!","Das muss halten!","Ist alles auf Schiene?"). Am Wiener Straflandesgericht ist man derzeit noch damit beschäftigt, die Bestechungsvorwürfe von Schwarz-Blau 1 aufzuarbeiten, da kündigen sich die nächsten Aktenberge an. Bislang endeten alle Versuche, für mehr Transparenz zu sorgen, darin, dass es weiter so ist, wie es nun mal ist. Und die Grünen? Die Antikorruptionspartei? Sie könnten in den Verhandlungen die Stopptaste drücken. Mit Walter Geyer haben sie den berühmtesten Korruptionsankläger des Landes in ihren Reihen sitzen -im Verhandlungsteam "Transparenz".

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