Sicher ist sicher

Mehr als 8.000 Spione leben in Wien. Trotzdem ist Österreich im Spiel um Geheimdienste außen vor. Weil die Affäre um das BVT viele dunkle Seiten hat

von Leitartikel - Sicher ist sicher © Bild: Matt Observe

Vor knapp drei Monaten haben ÖVP und FPÖ eine Regierung gebildet. Im Wahlkampf haben beide vor allem auf das Thema Sicherheit gesetzt -nach der Flüchtlingskrise vom Sommer 2015 eine geradezu ideale Möglichkeit, verunsicherten Wählern das Gefühl der Sicherheit zu suggerieren. Wie sicher fühlen wir uns jetzt? Dass Kanzler Sebastian Kurz der FPÖ Innen-und Verteidigungsministerium überlassen hat, hat News früh kritisiert und erweist sich tatsächlich als Schuss ins schwarze Knie.

Innenminister Herbert Kickl greift in seinem Ministerium auf seine Art durch. Sein FPÖ-Parteichef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache hat auf Facebook erklärt, es habe sich rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ein Staat im Staat gebildet. Erstmals hat ihm Kickl widersprochen, er sehe dies anders.

In den vergangenen Jahren war das traditionell ÖVP-besetzte Innenministerium offensichtlich so geführt, dass Kickl jetzt aufräumen muss. Sagt er. Die Fakten sind derzeit derart verzwickt, dass es schwierig ist, definitiv zu sagen, wer was richtig oder falsch gemacht hat. Auf gut Österreichisch: Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Fix ist jedenfalls: Dem Nachrichtendienst geht es an den Kragen, vor allem aber seinen ÖVP-getreuen Mitarbeitern. Ja, es sollen in zwei Fällen Daten nicht gelöscht worden sein, obwohl es das Gesetz vorsieht. Aber was hat das damit zu tun, dass bei der zu Recht erfolgten Hausdurchsuchung des BTV gleich noch die Festplatte aus dem Extremismusreferat mitgenommen wurde? Obwohl es keinen Konnex zwischen den Fällen gegeben hat. Warum hat eine Polizeieinheit die Durchsuchung gemacht, die gar nicht dafür zuständig ist? Wollte da vielleicht die FPÖ ihr möglicherweise nicht genehme Daten über Burschenschafter und ihre Kontakte zur blauen Partei aus dem Verkehr ziehen? Solche Daten speichert das BVT nämlich.

»Hängen bleibt das Gefühl: Es ist etwas faul rund um den Sicherheitsschutz«

Hängen bleibt das Gefühl: Es ist etwas faul rund um den Sicherheitsschutz im Land. Das strahlt nach außen, das Land ist vom Informationsaustausch unter Geheimdiensten abgeschnitten. Der Widerhall in ausländischen Medien beweist die Sensibilität.

Müssen wir uns bei dem Theater im Innenministerium um unsere Sicherheit mehr sorgen als zuvor oder sind das bloß Unterstellungen von politisch anders Denkenden? Kickl kann man zugutehalten, dass er intransparente Vorgänge um die Geheimdienste offenlegen und das System verändern will. Trotzdem wird er den Geruch der Umfärberei nicht los, hat er doch den ÖVP-nahen Geheimdienstchef Peter Gridling unsanft aufs Abstellgleis gehoben. Andererseits kann man argumentieren: Solange gegen den Chef des BVT ermittelt wird, ist es folgerichtig, dass der Minister eingreift.

Das wirklich Unschöne an der Affäre ist freilich die Ungeniertheit, mit der hier vorgegangen wird. Man muss sich fragen, was in diesem Staat alles möglich ist. Klar, ein neuer Minister kehrt mit neuen Besen. Wenn er aber bloß umfärben will, dann ist Feuer am Dach. Denn die Sicherheit der Österreicher ist gefährdet, wenn andere Nachrichtendienste den österreichischen außen vor lassen, weil sie ihm misstrauen.

So tief sind wir derzeit gesunken.

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