Belächelte
Beiwagerl

Wir schreiben das Jahr 2019 und stellen fest: Vornamen von Frauen sind überbewertet, und was auch immer sie tun oder sagen: Es ist falsch. Und naiv

von Leitartikel - Belächelte
Beiwagerl © Bild: News/ Matt Observe

Diese Woche -Sie haben es möglicherweise bemerkt -machten ganz schön viele Frauen von sich reden. Die einen freilich notgedrungen, weil sie eben einfach da waren. An der Seite ihres Mannes. Frau Trudeau etwa. Ihren vollständigen Namen könnte ich an dieser Stelle auch liefern. Aber ich belasse es bei der gängigen, weil sehr üblichen Nennung -siehe Justin Trudeau. Der bleibt Premierminister und hat sich entsprechend gefreut -"mit seiner Frau". Ich muss mir angesichts dieser Formulierung jedenfalls keine Gedanken machen, denn ich befinde mich damit in guter Gesellschaft. Namen von Frauen, egal, ob Vor-oder Nachnamen, sind nämlich überbewertet oder werden verniedlicht oder, besser, mit irgendeinem Zusatz versehen, "charmante Gattin" etwa. Diesbezüglich nicht beschweren kann sich eine Politikerin, die sich in Deutschland zumindest ein bisschen anschickt, die Fäden von Angela Merkel im Kanzleramt irgendwann zu übernehmen (oder, wahrscheinlicher, eher nicht zu übernehmen). Ihr haben die Medien ein knackiges, zackiges "AKK" verpasst; gemeint ist die angeschlagene CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Die machte am Dienstag in ihrer Funktion als Verteidigungsministerin endlich einmal mit einem sinnvollen, wenngleich auch unausgegorenen Vorschlag von sich reden und hat angeregt, in Nordsyrien eine Schutzzone einzurichten. Mehr Verantwortung zu übernehmen, ein sich gefährlich auftuendes Machtvakuum füllen zu wollen und damit einen Paradigmenwechsel in der Außenpolitik einzunehmen, ist richtig. Aber ansonsten? Schlechter Zeitpunkt, schlechte Kommunikation, schlechte Außenwirkung, ziemlich naiv und ahnungslos und inhaltlich sowieso schlecht -so der Grundtenor. Typisch Frau eben, mag der eine oder andere still und heimlich hinzugefügt haben. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner dürfte das alles bekannt vorkommen. Auch sie muss zumindest noch ein bisschen durchhalten - bis zum "Neustart" nach der Steiermark-Wahl. Ja, weder Richtung noch Kurs stimmen bei der SPÖ. Aber das lässt sich sicher alles wieder richten - von einem Mann, und nicht von einer "Ärztin als aktive Sterbehelferin". Ganz sicher. Was sonst?

Da tun sich die (blauen) Männer in Sachen Philippa Strache schon ein bisschen schwerer. Jetzt sitzt sie also dort, wo man sie nie haben wollte. In der letzten Reihe im Parlament als "wilde" Abgeordnete und seit Mittwoch dieser Woche auch ohne Parteizugehörigkeit. Immerhin: Ihr Mann hält ihr jetzt den Rücken frei, sorgt sich um Kind und Hund - ob auch um den Haushalt, ist nicht überliefert. Aber es ist bemerkenswert. Auch noch im Jahr 2019 - Papamonat hin oder her. Bemerkenswert ist übrigens auch die Tatsache, dass Frauen nach wie vor weniger als Männer verdienen -i m Vergleich arbeiten wir rund 72 Tage im Jahr unbezahlt (und verdienen im Durchschnitt auf Basis einer Vollzeitbeschäftigung um rund 10.000 Euro pro Jahr weniger), zeigt der Equal Pay Day, der heuer auf den 21.10. fiel. Dieser markiert jenen Tag im Jahr, an dem Männer bereits so viel verdient haben wie Frauen im ganzen Jahr. Der Tag aller Tage poppt regelmäßig einmal jährlich auf - und verschwindet ebenso schnell wieder. Ich wette, heute haben Sie noch nicht darüber nachgedacht. Das macht nichts. Der nächste kommt bestimmt. Und wir werden uns wieder wundern. Die Frauen. Nicht die Männer.