Auf dem Weg
nach Schweden?

Erst konnten die Corona-Maßnahmen gar nicht hart genug ausfallen. Dann kam das Selbstlob. Und jetzt sind Ansteckungszahlen jenseits der 100 plötzlich Routine

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Renate Kromp © Bild: Ian Ehm/News

Die Bilder kommen wie so oft von einem Fotografen des Vertrauens im Kanzleramt: Man sieht Sebastian Kurz und seine Amtskolleginnen und -kollegen in Australien, Neuseeland, Singapur, Costa Rica, Israel, Griechenland, Tschechien, Dänemark und Norwegen ,die sich -nicht immer in der gleichen Besetzung, aber immer als selbst ernannte "smarte" Staaten - per Videokonferenz über ihre erfolgreichen Strategien in der Corona-Bekämpfung austauschen. Das erste solche Videomeeting wurde Ende April dokumentiert, als die Erleichterung über die positiven Auswirkungen des Lockdowns groß war, das vorerst letzte dieser Bilder auf der Website des Bundeskanzleramts entstand Anfang Juli.

Mit Ende Juli zeigt die Corona-Ampel des Complexity Science Hubs Vienna (der auch die Bundesregierung berät) für zwei dieser Musterschüler, nämlich Israel und Costa Rica, längst Tiefrot. Auch Australien kämpft mit großen Ausbrüchen, in Melbourne wurde ein Lockdown bis 19. August verhängt. In Singapur gab es nach dem ersten Erfolg viele Erkrankungen unter Wanderarbeitern. In Tschechien liegt die Zahl der Neuinfektionen wieder deutlich über 100. Und genau da liegt auch Österreich. Man steht auf Gelb. Nur Neuseeland, die beiden Skandinavier und Griechenland können in dieser Gruppe noch mit sich zufrieden sein. Die Ampel zeigt für sie Grün -aber wer kann sich da schon auf Dauer sicher sein?

Das Coronavirus lehrt die Politik zurzeit viele Dinge. Zum Beispiel: den Mund in Sachen Eigen-PR vielleicht doch nicht so voll zu nehmen. Ein Beispiel: Im Frühjahr -man wähnte sich noch als Corona-Bezwinger - erklärten Tourismusministerin Elisabeth Köstinger und Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer großspurig, Österreich sei das sicherste Urlaubsland Europas. Denn: Alle Mitarbeiter in den Hotels würden auf Steuerzahlerkosten wöchentlich auf das Coronavirus getestet. Das Projekt wurde auf vielen Ebenen verpfuscht. Man fragt sich, wer profitiert hat -z. B. Beratungsunternehmen -und wer nicht: z. B. die Mitarbeiter von Jugendherbergen, die nicht getestet wurden, weil die Häuser nicht bei der Wirtschaftskammer sind. (Noch einmal zur Erinnerung: Die Tests werden aus Steuergeld bezahlt.) Ernüchternde Bilanz zur Mitte des Sommers: Statt angekündigter 65.000 Tests pro Woche gab es zuletzt unter 15.000 -insgesamt. Dafür jedoch Alarmmeldungen bis in die internationalen Medien, weil sich in St. Wolfgang Dutzende Praktikanten nach Dienstschluss angesteckt hatten.

Dass sich die Jugendlichen in Lokalen getroffen haben? Wer kann es ihnen verübeln, wenn doch wochenlang mit großem Tamtam Lockerungen präsentiert wurden. Im Frühjahr wurden ganze Täler wegen einiger Corona-Fälle gesperrt -und natürlich ist jeder froh, dass das zunächst die erhoffte Wirkung gezeigt hat. Nun hören wir bei Clustern von mehr als 100 Menschen, dass das kein Grund zur Sorge ist. Solange in Spitälern und Intensivstationen genügend Betten frei sind, solange Menschen mit geringen Symptomen betroffen sind, kann sich eine Region auch mehr Krankheitsfälle "leisten". Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben, hört man heute oft. Das klingt auf einmal ein bisschen mehr nach schwedischem Weg. Nur bitte ohne die tödlichen Fehler, die dort passiert sind.

Was meinen Sie? Schreiben Sie mir bitte: kromp.renate@news.at

Kommentare

Wichtig ist doch das wir genügend Medizinische Versorgung für Akut Fälle haben. Alles andere ist Kaffee Sud lesen und wichtig Tuerei.

Man kann natürlich alles kritisieren egal von welcher Partei oder Regierung.
Ich finde das Schweden alles Richtig gemacht hat wenn man in dieser Situation etwas Richtig machen kann.
Keiner wusste was passiert wir hatten alle nur China und Italien im Auge. Wir werden mit dem Virus leben müssen und es werden sich so lange es keinen Impfstoff gibt uns mehr oder weniger Infizieren.

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