Alles wird gut,
garantiert

Cola light oder lieber Aperol? Dazu ein Abschied, der wehtut, aber dafür glamourös zur besten Sendezeit in Szene gesetzt wird. Es geht uns gut. Zumindest jetzt gerade.

von Leitartikel - Alles wird gut,
garantiert © Bild: News/ Matt Observe

In der Amsterdamer Innenstadt gibt es viele Fußgänger, viele Fahrradständer und noch mehr Fahrräder, dafür aber keine E-Roller, viele Poller, die die Durchfahrt beschränken, und folglich wenige Autos auf den innerstädtischen Straßen. Es gibt auch jede Menge Nichtraucherlokale. Und Lokale, wo das Rauchen auf der lauschigen Terrasse im Freien verboten ist. Bargeld scheint mehr verpönt als willkommen zu sein -"Card only" lautet die Devise in erstaunlich vielen Restaurants. Das kann man gut finden - oder auch nicht.

Aber wissen Sie was? Irgendwie scheint das alles genau so ziemlich gut zu funktionieren -zumindest durch die Touristenbrille betrachtet. "Geht doch!", ist man mehr als einmal geneigt, zu denken. Das geht anderswo, aber nicht bei uns, denkt man sich parallel dazu freilich auch. Nun gut, das neuerliche Aufschnüren des Rauchverbots ab November in der Gastronomie scheint vom Tisch. Aber ansonsten gilt die Devise: Bloß nicht nachdenken -und obendrein noch laut artikulieren, was man eventuell in Zukunft anders machen könnte, ja sogar müsste. Besonders hohe Ausschläge auf dem Empörungsbarometer ernten Denkanstöße zum Klimawandel. Prompt. Und garantiert. Ja, wo kommen wir denn hin, wenn der Verkehrsexperte einer Universität dank seiner Expertise laut über Fahrverbote nachdenkt? Nichts da! Der Individualverkehr ist ein Treiber des Wohlstands, heißt es postwendend. Und: Mit dem Auto lässt sich viel mehr als mit den Öffis erledigen. Also auch viel mehr ausgeben, und auch das schafft Wohlstand. Einfach nur "Geht nicht! Brauch ma ned!" sagen jene, die in der Argumentation nicht ganz so weit ausholen wollen.

Also nächstes Thema. Thema? Wir haben zwar Wahlkampf, aber leider keine Themen. Auf uns warten zwar viele Herausforderungen, aber es gibt niemanden, der bereit ist, sich bei Pensionen, Gesundheit oder Pflege mehr als nur bis zum Bauchnabel über die Fensterkante zu lehnen. Dafür dürfen wir bis zum Wahltag noch vielen Märchenstunden beiwohnen, Diskussionsrunden mit homöopathischem Erkenntnisgewinn und einem teilweise merkwürdigen Verständnis von Moral lauschen. Das alles garniert mit viel Show und Infos, die eher zum Fremdschämen als zum Nachdenken anregen (Welcher Drink, Herr Bundeskanzler in spe, darf es zum Sonnenuntergang sein?).

Ein Wettkampf der Ideen? Fehlanzeige. Dafür ganz viel "Man könnte"-Überlegungen. Die ÖVP etwa will über ein "budgetär attraktives Väterkarenzmodell" nachdenken. Weil (Überraschung, Überraschung) nur jeder fünfte Vater in Karenz geht und der seinerzeit vom Koalitionspartner eingebrockte Papamonat sich vielleicht doch nicht so als der Treiber für mehr Gleichberechtigung herausstellt. Ein Kinkerlitzchen-Thema, ich weiß. Aber man wird sich ja mal was wünschen dürfen.

Nein, den Wähler verstören will niemand. Braucht auch niemand. Die Schlacht wird auch so gewonnen - dank perfekter Rhetorik, Schwiegersohn-Charme, viel Kontrolle und natürlich dank vieler schöner Bilder. Wie, eine beeindruckende Verdrehung von Fakten kommt auch hin und wieder vor? Egal. Und überhaupt: Es gibt wichtigere Dinge im Leben. Also beschäftigen wir uns lieber zur besten Sendezeit mit dem Rücktritt eines Nationalhelden