Europas Frauenlauf
Nummer eins in Wien

Vor 30 Jahren liefen beim Österreichischen Frauenlauf 440 Frauen mit. Heuer machen 33.000 Sportlerinnen mit, Hobbyathletinnen ebenso wie Top-Athletinnen. Diesen Sonntag ist wieder Renntag für den größten Frauenlauf Europas.

von Laufen - Europas Frauenlauf
Nummer eins in Wien © Bild: www.oesterreichischer-frauenlauf.at

Es sind sechsjährige Mädchen dabei und Über-80-Jährige, denen es vor allem um den Spaß an der Freud' geht. Und natürlich wollen sie sich und anderen die eigene Fitness beweisen, wenn sie die Laufstrecke bewältigen. Es ist einfach ein besonderes Erlebnis, mit Tausenden anderen Frauen zu laufen. Deshalb ist der Österreichische Frauenlauf so erfolgreich. Die Premiere fand 1988 im Schlosspark Laxenburg statt. Im Jahr 2000 nahmen schon 5.000 Läuferinnen teil, 2012 wurde erstmals die 30.000er-Marke geknackt, und im Vorjahr gab es einen Teilnehmerinnenrekord von 35.140. Längst ist der Fünf-Kilometer-Lauf in den Prater übersiedelt. Der größte Frauenlauf Europas findet am 27. Mai statt - mit rund 33.000 Läuferinnen aus 92 Nationen, darunter nationale und internationale Top-Athletinnen, aber vor allem Hobbyläuferinnen und auch Anfängerinnen.

Gemischtes Starterfeld

Das ist auch das Besondere an dieser Veranstaltung, sagt die Initiatorin und Organisatorin Ilse Dippmann: "Dass Frauen jeden Alters und jeden sportlichen Niveaus im Starterfeld vereint sind. Es ist gelungen, einen Frauenlauf zu entwickeln, der ein sehr diverses Bild zeigt. Die Läuferinnen kommen aus mehr als 90 Nationen, aus allen sozialen Milieus und Religionen, ob aus Portugal, aus den USA oder vielen anderen Ländern." Viele von ihnen, weiß Dippmann, teilen sich ihre Wien-Reisepläne extra so ein, dass sie während ihres Aufenthalts beim Österreichischen Frauenlauf mitmachen können.

Dippmann selbst läuft seit 32 Jahren. Ihr ist die sportliche Komponente wichtig: "Jede Frau kann dabei sein, das ist ein Tag, den sie für sich und für Sport und Bewegung nützt."

Ihr Vorbild war und ist die Amerikanerin Kathrine Switzer. Die heute 71-Jährige ist Pionierin des Frauenlaufsports, seit sie 1967 erstmals am Boston-Marathon teilnahm, zu dem Frauen damals nicht zugelassen waren. Während des Rennens versuchte der Renndirektor, ihr die Startnummer abzureißen -direkt vor den Kameras der Pressefotografen. Die Bilder davon lösten heftige Diskussionen um den Frauensport aus. Switzer wurde nach dem Lauf aus der "Amateur Athletic Union" ausgeschlossen, lief aber weiter inoffiziell Rennen. Es dauerte bis 1972, ehe erstmals Frauen offi ziell in Boston mitlaufen durften.

Switzer war einige Male in Österreich und bestärkte Ilse Dippmann stets darin weiterzumachen. "Als wir 10.000 Teilnehmerinnen hatten, hat sie gesagt:'Super, mach weiter.'"

Zusammen ist es leichter

In der Vorbereitungszeit haben viele Frauen gemeinsam trainiert, weil da die Überwindung leichter fällt. Seit 5. März wurden an 45 Standorten in ganz Österreich jede Woche kostenlose Lauftrainings mit erfahrenen Trainerinnen angeboten, die sowohl für Anfängerinnen als auch für geübte Hobbyläuferinnen geeignet sind. Das Motto dafür lautete: "Fit in 12 Wochen". Gerade auf der Laufstrecke im Prater konnte man jede Woche mehr Läuferinnen beobachten, die - meist abends - die Hauptallee auf und ab liefen. Zuletzt waren 500 bis 600 Frauen regelmäßig dabei. Das kann jede schaffen, sagt Dippmann, und die Strecke sei gut geeignet, um abzuschalten und dem Stress davonzulaufen: "Es ist nicht für jede einfach, mit dem Laufen zu beginnen, aber wenn die erste Hürde geschafft ist, überwiegt eindeutig die Freude."

Die 37-jährige Stephanie M. läuft selbst seit zehn Jahren und hat seither fast jedes Jahr am Frauenlauf teilgenommen. Am Lauftag, Sonntag früh, ist die Stimmung eine besondere, sagt sie: "Da ist auf den Straßen ja noch nicht viel los, aber in der U-Bahn trifft man Frauengruppen, Mütter mit ihren Töchtern, manchmal sind auch die Partner dabei, und man spürt eine irrsinnige Power. Während man sich sonst beim Training in der Früh manchmal denkt: Puh, es ist schon sehr früh, wartest du beim Frauenlauf auf den Gong und willst du gleich loslaufen." Die Strecke durch den Prater sei eben besonders schön, und die Fünf-Kilometer-Distanz keine große Herausforderung.

Am Wegesrand stehen Partner, Kinder und Freunde der Läuferinnen, halten Transparente hoch und feuern die Läuferinnen an. Das motiviert auch die anderen Frauen. Der Ehrgeiz wächst, sagt Stephanie M.: "Wenn du schon mitmachst, möchtest du es schließlich auch gescheit machen. Da gibst du auf den letzten Metern Vollgas, weil so viele Zuschauer die Läuferinnen anfeuern, da läufst du, als gäbe es kein Morgen. Am Ziel bist du dann richtig ausgepowert, kriegst eine Medaille und eine Rose - und bist total glücklich."

Im Vorjahr waren elf internationale und 28 nationale Topläuferinnen am Start, von den insgesamt 35.140 Läuferinnen waren 4.462 Schülerinnen und 546 Lehrerinnen. Die jüngste Teilnehmerin war sechs Jahre alt, die älteste 87. 6.263 Läuferinnen waren unter 18 Jahre alt, das sind nicht wenige, wenn man bedenkt, dass sie früh am Morgen gestellt sein müssen.

Das Renn-Wochenende

Am 26. Mai kann man nachnominieren und die Startnummern abholen. Der Kinderlauf und der "Vienna Teen Race" finden an diesem Tag statt, und das Rundum-Angebot reicht von Expertinnen-und Experten-Gesprächen bis zur Unterhaltung durch Live-Bands. Am Sonntag selbst, dem Renntag, kann man am gemeinsamen Aufwärmen teilnehmen. Ab 9 Uhr startet der Fünf-Kilometer-Lauf, in Blöcken mit wenigen Minuten Abstand. Für 10.30 Uhr ist der Zehn-Kilometer-Lauf angesetzt, danach folgt der Start fürs Nordic Walking.

Den Streckenrekord hält die Portugiesin Ana Dulce Félix, die beim Frauenlauf 2011 den Fünf-Kilometer-Bewerb in 15:27,4 Minuten für sich entschied. Heuer starten zehn internationale und 25 nationale Top-Läuferinnen, darunter die Holländerin Susan Krumins, die bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro Platz 8 über 5.000 Meter belegte. Nada Ina Pauer, die im Vorjahr mit 16:10,77 Minuten die mit Abstand schnellste Österreicherin war, ist zum zehnten Mal dabei. Die schnellsten Hobbyläuferinnen bleiben unter 40 Minuten. Für die meisten Frauen geht es einfach ums Mitmachen. Und für viele um den Einstieg in den Laufsport -und darum, dranzubleiben.

Weitere Infos unter www.oesterreichischer-frauenlauf.at