Welche Visionen und warum?

Zwei Jahre ist das erst her, dass der deutsche Kunsthistoriker Eike Schmidt die Direktion der Uffizien von Florenz übernahm. Damals fand er dort nicht einmal eine Homepage vor, und die Besucher standen bei bis zu 40 Grad Hitze in langen Schlangen. Die Besucher kommen immer noch, die Temperaturen sind auch nicht gesunken. Aber die Uffizien haben eine Website, die sich sehen lassen kann. Auch wurde das Haus, in dem sich Kronjuwelen der Kulturgeschichte türmen, in Verbindung mit der Moderne gebracht – vor einigen Monaten eröffnete Kunstminister Drozda dort eine Ausstellung der Österreicherin Maria Lassnig, womit sich wohl einiges angebahnt hat.

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Kultur - Welche Visionen und warum?

Wenn der heute 49-jährige Schmidt im Herbst 2019 die Direktion des Kunsthistorischen Museums (KHM) übernimmt, wird er das, was er in Florenz angebahnt hat, schon im Übermaß vorfinden. Sabine Haag, die das Haus seit 2009 geführt hat und gern geblieben wäre, konnte ihrerseits auf den zum Teil radikalen Marketing-Maßnahmen ihres Vorgängers Wilfried Seipel aufbauen. Heute ist das Haus, das sich in seinen Kernbeständen gut mit den Uffizien vergleichen lässt, erstklassig besucht, tadellos digitalisiert, kreativ in der Gegenwart und den Geschwisterkünsten verankert: Bedeutende Autoren und Theaterschaffende standen für attraktive interdisziplinäre Projekte, Vivienne Westwood und Jonathan Meese repräsentierten extreme Positionen der Moderne.

Zudem wurde die Kunstkammer wieder eröffnet – Vergangenheit und Gegenwart korrespondieren sinnvoll und mit dem Blick in eine Zukunft, in der sich hoffentlich nicht das dümmliche Kürzel „4.0“ materialisieren wird. Alle diese nötigen Maßnahmen können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die direktoralen Aufgaben im KHM zum überwiegenden Teil bewahrende, behütende und verwaltende sind. Ob ein Haus wie das KHM großer Visionen bedarf oder sie auch nur verträgt, wäre Gegenstand dickleibiger Abhandlungen und ehrgeizig besetzter Symposien.

Mit anderen Worten: Schmidt ist ein smarter, international erfahrener, wissenschaftlich ausgewiesener und – dank seiner Tätigkeit bei Sotheby’s London – auch in Geschäftsbelangen firmer Kulturmanager von bester fachlicher Qualifikation. Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. Was er besser machen könnte als Sabine Haag, erschließt sich vorerst noch nicht. Wir Blicken dem Gegenbeweis aber mit konstruktivem Interesse entgegen.