"Parsifal": Der Zauber kam
sehr spät aus dem Graben

Richard Wagners „Parsifal“ an der Wiener Staatsoper

Es wird Zeit, dass Alvis Hermanis’ Inszenierung, die absolut nichts mit Wagners „Parsifal“ zu tun hat, ersetzt wird.

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Kritik - "Parsifal": Der Zauber kam
sehr spät aus dem Graben © Bild: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Kaum zu glauben, dass Valéry Gergiev noch nicht an der Staatsoper dirigiert hat. Am Gründonnerstag gab er sein Debüt im Graben im Haus am Ring. Trotz der angeblichen drei Bühnenorchesterproben dauerte es, bis Dirigent und Orchester zueinander fanden. Ein vorsichtiges Herantasten war das im ersten Aufzug. Wagners Klänge entfalteten sich dabei nicht wirklich. Die Verwandlungsmusik schien orientierungslos. Eine unfassbare Steigerung aber war dann im Verlaufe der fast fünf Stunden zu verbuchen. Rasant, fein differenziert, aufregend führte er durch den zweiten Aufzug. Gergiev zelebrierte nichts, er setzte auf ernüchternde schlichte Transparenz und entfaltete durch diese Lesart einen eigenartigen Zauber.

Ob es an Alvis Hermanis’ Inszenierung lag, der das Geschehen auf der Gralsburg in die psychiatrische Anstalt auf der Baumgartner Höhe zur Jahrhundertwende verlegte, dass auch die Sänger fast nur zu wünschen übrig ließen, mag Spekulation bleiben. René Papes Interpretation des Gurnemanz mutete in zentralen Passagen an, als spare er seine Stimme und überzeugte erst im finalen Aufzug. Simon O’Neill, mehr Quängler als Heldentenor, agierte sängerisch auf Augenhöhe mit Thomas Johannes Mayer, der für Matthias Goerne als Amfortas einsprang. Elena Zhidkovas Kundry, die erstmals in Wien zu hören war, ist, vor allem was Ausdruck und Intensität betrifft, ausbaufähig. Boaz Daniel ergänzte solide als Klingsor. In den kleineren Partien ließen Clemens Unterreiner, Michael Laurenz und Mariam Battistelli aufhorchen.

Es wird Zeit, dass Alvis Hermanis’ Inszenierung, die absolut nichts mit Wagners „Parsifal“ zu tun hat, ersetzt wird.

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