Friedensnobelpreisträger haben nicht immer für Frieden gesorgt

Die Entscheidungen des Nobelpreis-Komitees führten schon oft zu Kontroversen

Angesichts der Vertreibung der Rohingya-Minderheit aus Myanmar schwappt eine Welle der Empörung über Friedensnobelpreisträgerin und de-facto-Staatschefin Aung San Suu Kyi. In einer Online-Petition fordern über 350.000 Menschen, dass ihr der Preis aberkannt wird. Welche Nobelpreisträger sonst noch die Erwartungen enttäuschten.

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Kritik - Friedensnobelpreisträger haben nicht immer für Frieden gesorgt

In den vergangenen beiden Wochen flohen über 120.000 Rohingya vor gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Armee von Myanmar nach Bangladesch. Die Soldaten sollen die Rohingya systematisch misshandeln und zuletzt dutzende Dörfer niedergebrannt haben. Die Angehörigen der muslimischen Minderheit werden vom mehrheitlich buddhistischen Myanmar als "illegale Einwanderer" betrachtet und sind damit im Prinzip staatenlos. Es droht eine humanitäre Katastrophe. Die internationale Gemeinschaft blickt dabei vor allem auf eine Person: Aung San Suu Kyi, als "Staatsberaterin" und Regierungschefin de facto die starke Frau in Myanmar. Sie stand bis 2010 über 20 Jahre lang unter Hausarrest. In dieser Zeit wurde sie weltweit zum Idol für friedlichen Protest und erhielt 1991 den Friedensnobelpreis.

2015 gewann ihre Partei die ersten freien Wahlen im Land und sie übernahm selbst die Regierung. Doch Aung San Suu Kyi schritt bisher nicht gegen die Verfolgung der Rohingya ein, und verteidigte das Vorgehen der Armee jetzt sogar. Berichte über Menschenrechtsverletzungen seien "Fehlinformationen". Die Empörung ist groß. Viele westliche Beobachter zeigen sich enttäuscht und desillusioniert. In einer Online-Petition fordern bereits über 350.000 Menschen, dass ihr der Friedensnobelpreis aberkannt wird. Es ist nicht der erste Fall einer im Nachhinein zweifelhaften Nobelpreis-Entscheidung, gerade in der sehr politischen Friedens-Kategorie. Welche Friedensnobelpreisträger sonst noch extrem umstritten waren:

Jassir Arafat (1994)

1994 ging der Friedensnobelpreis gemeinsam an Palästinenserführer Jassir Arafat sowie Israels Premierminister Jitzhak Rabin und Außenminister Shimon Peres, die federführend die Abkommen von Oslo ausverhandelt hatten. Diese führten erstmals zur gegenseitigen Anerkennung Israels und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), ein wichtiger Schritt zur Beilegung des Nahostkonflikts. Besonders die Ehrung Arafats rief aber auch Empörung hervor, da er jahrzehntelang den bewaffneten Kampf gegen Israel in Form von Terroranschlägen unterstützt hatte. Der Friedensprozess war letztlich auch nicht erfolgreich, und in den frühen 2000ern trat Arafat erneut für Terror gegen Israel ein.

Henry Kissinger (1973)

Der damalige US-Außenminister Kissinger erhielt den Preis 1973 zusammen mit seinem nordvietnamesischen Gegenüber Le Duc Tho für das Ausverhandeln eines Waffenstillstands im Vietnamkrieg. Kissinger ordnete währenddessen jedoch einen Bombenangriff auf die Hauptstadt Hanoi an und wurde auch sonst für das aggressive Vorgehen der USA in Vietnam verantwortlich gemacht. Viele sahen darin einen Widerspruch zu den Idealen des Friedenspreises. Zwei Mitglieder des Nobelpreiskomitees traten aus Protest zurück, und auch Le Duc Tho nahm seinen Preis nicht an.

Barack Obama (2009)

2009 ging der Preis völlig überraschend an US-Präsident Barack Obama, der zu diesem Zeitpunkt erst neun Monate im Amt war. Sogar Obama selbst meinte, von der Entscheidung "überrascht" zu sein und den Preis eigentlich nicht nicht zu verdienen. Viele Kritiker sahen das ähnlich. Die Entscheidung wurde als voreilig angesehen, Obama hätte in dieser Zeit noch gar nichts Großes bewirken können. Weil Obama das Drohnenprogramm der USA massiv ausbaute und die Militärintervention in Libyen begann, nicht aber wie angekündigt die Einsätze im Irak oder Afghanistan beendete, wurde die Kritik später noch um vieles lauter.