Ein „Menschenfeind“ von Format

Susanne Zobl über die Premiere von Molières Komödie am Wiener Volkstheater

Komödien gehören zu den größten Herausforderungen am Theater. Der junge, steirische Regisseur Felix Hafner weiß, worauf es dabei ankommt: auf Präzision und Kühnheit. In kompakten 100 Minuten zeigt er Molières „Menschenfeind“ als exzellente Parodie einer verlogenen Party-Gesellschaft mit einem glänzenden Ensemble.

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Menschenfeind © Bild: www.lupispuma.com / Volkstheater
Menschenfeind
© www.lupispuma.com / Volkstheater Evi Kehrstephan, Kaspar Locher, Nils Rovira-Muñoz

Graue Glitzerwände, eine weiße Metallstiege, Gläser auf weißem Boden – Reduktion ist Programm auf Paul Lerchbaumers ansehnlicher Bühne und in Felix Hafners Regie. Zu flottem Sound treten die Protagonisten auf: Kühles Lächeln, tänzelnde Schritte, man winkt ins Publikum, im Vorwärts- und Rückwärtsschritt – die Show beginnt. Im Zentrum steht einer, der mit all dem nichts zu tun haben will, Alceste, eine Art Alter Ego des französischen Komödiendichters Molière. Er ist am Hof des französischen Königs angesehen, Adelige buhlen um seine Freundschaft, doch er will mit Heuchelei und Intrigantentum nichts zu tun haben, beschließt, jedem und jeder die Wahrheit ins Gesicht zu sagen, auch wenn er dafür vors Gericht kommt. Seine einzige Schwäche ist seine Liebe zu Célimene, einer jungen Witwe, einer Frau, die sich um nichts schert.
Hafner verlegt die Handlung aus dem Paris des 17. Jahrhunderts in eine unbestimmte Zeit. Er verzichtet auf knallige Komik und Slapstik. Er lässt in der eingängigen Übersetzung von Jürgen Gosch und Wolfgang Wiens die Verse in jeder Szene perlen. Gesprochen wird klar und präzise. Mit Mimik und sparsamen Gesten wird große Komik mit größtem Ernst erzielt.

Menschenfeind
© www.lupispuma.com / Volkstheater Rainer Galke, Nadine Quittner, Sebastian Klein, Evi Kehrstephan, Birgit Stöger, Lukas Holzhausen

Und gespielt wird fabelhaft. Lukas Holzhausen grantelt als menschenfeindlicher Alceste mit Zurückhaltung, der es versteht, seine Emotionen an die Kandare zu nehmen. Gelungen sind die Dialoge mit Célimène, die Evi Kehrstephan als undurchschaubare, kühle, durchtriebene Blondine zeigt. Birgit Stöger leiht der verklemmten, bigotten Arsinoé eindrucksvoll Gestalt. Das Glanzstück der Aufführung ist Rainer Galkes Auftritt als Dichter Oronte, wenn er sich als Poet zu den Gitarrenklängen eines Kassettenrekorders in Szene setzt. Sebastian Klein gibt den klugen Philinte in jeder Hinischt überzeugend. Im präzise geführten Ensemble ergänzen Nadine Quittner, Nils Rovira-Munoz und Kaspar Locher vorzüglich. Da fehlt nichts.

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