"Hier gilt’s der Musik" –
4 ½ Stunden Hochspannung im Orchester

Christian Thielemann eröffnete die Salzburger Osterfestspiele fulminant mit Richard Wagners musikalischer Komödie "Die Meistersinger von Nürnberg"

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Kritik - "Hier gilt’s der Musik" –
4 ½ Stunden Hochspannung im Orchester

Die Opern Richard Wagners zählen unbestritten zur Kernkompetenz von Christian Thielemann. Bei der Premiere von Richard Wagners Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“ im Großen Festspielhaus im großen Festspielhaus in Salzburg konnte man erleben, warum das so ist. Feinsinnig interpretiert er den Humor dieser Oper aus dem Geist Lortzings und arbeitet am Pult seiner einer Staatskapelle Dresden differenziert heraus, wie stark Romantik und Spieloper in diesem Werk Wagners verwoben sind. In prachtvollem Breitwandsound brachte er das Vorspiel zum Strahlen, baute Spannung auf, spielte mit Tempi, setzte Generalpausen dramaturgisch packend ein. Mit Witz führte er durch den ersten Auftritt des Walther von Stolzing (Klaus Florian Vogt), der den Dialog mit seiner Eva (Jacqueline Wagner) sucht. Feinst nuanciert geriet die Prügelszene. Wie Thielemann aus dem Graben den Einzug der Meister flott vorantrieb oder den Auftritt des Hans Sachs auf der Festwiese mit einer betont langen Generalpause inszenierte, war genial. Das sind nur einige wenige Beispiele einer musikalischen Inszenierung, bei der nichts gefehlt hat.

Anders ist es bei der szenischen Umsetzung. Regisseur Jens Daniel Herzog, Intendant des Staatstheaters Nürnberg, verlegt das Geschehen aus Wagners Nürnberg des 16. Jahrhunderts in ein Opernhaus. Veit Pogner, der seine Tochter an einen Meistersinger, der in einem Wettbewerb ermittelt wird, verheiraten will, ist der Intendant. Die Meister der diversen Zünfte stellen die Jury. Diese aber hängen an ihren Traditionen und Regeln, Neues lehnen sie strikt ab. Am Ende plädiert der Schuster Hans Sachs in seinem Schlussmonolog für die Kunst der deutschen Meister und warnt vor „welschem Tand“. Diese Ansprache ist in der Rezeptionsgeschichte umstritten und bekanntlich von den Nationalsozialisten missbraucht worden.

Neudeutung und maßstabsetzender Sachs

Thielemann aber schafft eine plausible Neudeutung. Deutlich lässt er hören, wo die Akzente liegen. Diese Figur ist die Achse, um die sich die Handlung dreht. Sie ist Richard Wagners Alter Ego. Sachs ist Bewahrer und Erneuer. Thielemann und Georg Zeppenfeld werfen einen neuen, erhellenden Blick auf diesen Schuster. Sachs ist einer, der alles in Frage stellt, auch sich selbst - er hegt Emotionen für Eva – und die Traditionen. Der deutsche Bass setzt neue Maßstäbe für die Interpretation dieser Rolle: präzise, aber mit Emotion. Da stimmt jede Geste. Dynamisch, aufregend und stimmlich ausdrucksstark – ein wahrer Meister Sachs.
Klaus Florian Vogt ist mit seinem hellen, wunderbaren Timbre einer der Besten für die Partie des Stolzing. Seine Höhen überstrahlen alles. Fulminant agiert und singt Adrian Eröd als Beckmesser, den er mit virtuosen Slapstickeinlagen, die aus einem Stummfilm stammen könnten, bereichert. Sebastian Kohlhepp ist ein spielfreudiger, exzellenter David, der mit seinem kraftvollen Tenor die Rolle mit Leichtigkeit bewältigt. Jacquelyn Wagners Eva ist ausbaufähig. Vitalij Kowaljow beeindruckt als Veit Pogner, Christa Mayer als Magdalena und Iurie Ciobanu als Kunz Vogelsang. Auch die kleineren Rollen sind bis zum Nachtwächter (Jongmin Park) ist famos besetzt. Ovationen gab es vom Premierenpublikum.

Ab 2020 ist Nikolaus Bachler als kaufmännischer Direktor und ab 2022 ab 2022 als Gesamtdirektor designiert. Das war mit Thielemann so nicht abgesprochen. Dessen Konzept lehne er ab. Schlimmstes ist zu befürchten: der Abgang Thielemanns. Im Interview mit News zu Jahresbeginn aber sagte er:„Uns verjagt keiner.“ Das aber wäre eine Katastrophe für die Salzburger Osterfestspiele.

Die nächste Vorstellung ist am 22. April im Großen Festspielhaus in Salzburg

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