Dunkle Geschäfte

Der Handel mit illegalen Drogen im anonymen "Darknet" floriert

Drogen on demand: Immer mehr Dealer und Konsumenten nutzen das verschlüsselte Darknet für den anonymen Handel mit illegalen Suchtmitteln. Von Cannabis bis Heroin gibt es dort wirklich alles.

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KRIMINALITÄT - Dunkle Geschäfte

Es ist mitten in der Nacht und "Mr. Shansa" sitzt noch immer vor seinem Computer. Internetuser haben bei dem Wiener Dark net-Dealer gerade Ecstasy, Kokain und Cannabis bestellt - anonym und ganz bequem über Alphabay, das mehr oder weniger genauso funktioniert wie Ebay. Der 31-Jährige holt sein Handy aus der Hosentasche und kontrolliert seine elektronische Geldbörse. Die Bezahlung für die Waren ist schon da -in Form von Bitcoins als virtuellem Gegenwert für Euros -, sie wurde einfach inkognito auf eine Wallet-App transferiert. Der Deal ist somit gelaufen: Die Drogen werden in möglichst unauffällige Pakete oder Briefe gesteckt und später bei einem Zustelldienst abgegeben.

Der Mann, der da in Jogginghose und T-Shirt zwischen Tablettiermaschine, Kuverts und Computer hantiert, hat viel zu tun. So viel, dass seine Wohnung längst einem Versandhaus gleicht und seine Freundin mittlerweile beim Kuvertieren mithelfen muss.

Ein florierendes Business

Rund 15.000 Euro Umsatz hat er allein in fünf Monaten gemacht, wird die Polizei später bekannt geben. 73 Verkäufe in Österreich, 182 nach Amerika, Indien und Europa können dem Online-Dealer nachgewiesen werden. Ausgehend von der Idee, online ein bisschen zu dealen, hat der Arbeitslose unter dem Pseudonym "Shansa" ein einträgliches Geschäft aufgezogen, das rasant wuchs -bis im Oktober vor einem Jahr die Handschellen klickten. Solche Erfolge stehen für die Polizei im Darknet aber nicht auf der Tagesordnung. Zu groß ist das anonyme Deep Web geworden, zu professionell und gut organisiert agieren eingefleischte Online-Dealer für Zufallserfolge.

Weit mehr als 7000 Computer sind derzeit online, um den Datenverkehr im Tor- System, das hinter dem Darknet steht, zu verschleiern und zu verschlüsseln. Niemand gibt seine Identität preis. Wird ein Verdächtiger ohne akribische Vorarbeit erwischt, hat die Polizei im schlimmsten Fall nicht mehr als einen Computer mit codierten Verbindungsdaten und keinerlei brauchbare Hinweise auf die Hintermänner oder Komplizen. Und die geschnappten Dealer verraten den Beamten auch in hartnäckigsten Verhören keine weiteren Anhaltspunkte. Sie wissen einfach selbst nicht mehr, als dass der Verkäufer "Pinocchio" aus Österreich ihnen 100 Gramm Weed für einen Gegenwert von 600 Euro verkauft und dann vakuumverpackt als Brief per Post gesendet hat.

Rankingsysteme für Dealer

Auf haargenau die gleiche Weise, wie im normalen Internet Privatpersonen gebrauchte Fahrräder und selbstgestrickte Mützen verkaufen, bieten heimische Dealer im Dark Web illegale Substanzen an. Unter dem Pseudonym "Growzilla" lobt jemand sein Gras, das beim Wachsen täglich zwei Stunden Bach gehört haben soll. "Renegade" führt Cannabis, "für die, die gerne die Couch umarmen". Diese und ähnliche Einträge mit Österreichbezug hat News in Daten gefunden, die ein als Gwern Branwen aktiver Darknet-Forscher über Jahre hinweg aus Marktplätzen und den dazugehörenden Foren abgesaugt hat. Dort wird nicht nur diskutiert, wenn eine Lieferung mal bei der Post verschwindet, die Dealer werden auch streng bewertet. "Sehr professionell","dreifach versiegelt verpackt" und "guter Stoff" ist dann beispielsweise zu lesen. Wer keine guten Bewertungen hat, verliert seine Kunden. "Schlechte Leute halten sich nicht", sagt Thomas Dorner, leitender Darknet-Ermittler im Bundeskriminalamt (BK)."Alles ist auf Vertrauen und Reputation aufgebaut."

Hohe Qualität

Dabei liegt die Qualität der im Darknet angebotenen Drogen generell eher über den auf der Straße angebotenen Substanzen. Die Dosierung ist oft höher bzw. der Stoff reiner, weil es laut Dorner tendenziell weniger Zwischenhändler gibt. Für die Konsumenten ist das nicht immer ungefährlich. "Das Risiko von Überdosierung ist dann größer", warnt Karl Kociper, Leiter der Drogenberatungsstelle "Checkit!".

Auch Kociper und sein Team beobachten eine steigende Tendenz zum Kauf illegaler Substanzen über das Internet. "Es ist immer ratsam, diese Käufe analysieren zu lassen und zu schauen, was wirklich darin enthalten ist", betont der Berater. Denn mitunter enthält etwa eine Ecstasy-Pille auch etwas ganz anderes als den vorgesehenen Wirkstoff MDMA.

Psychoaktive Drogen wie Ecstasy sind gerade im Darknet besonders gefragt. Das belegen die aktuellsten Zahlen des BK. Im Zuge eines Darknet-Projekts der EU wird seit Februar 2015 die dunkle Seite des Internets nach Drogenhändlern durchkämmt. Die dabei sichergestellten 2238 Ecstasy-Pillen entsprechen knapp einem Viertel der im Vorjahr auf sämtlichen Handelswegen in Österreich aus dem Verkehr gezogenen Tabletten.

Weitere Erfolge der internationalen Kooperation, bei der die heimische Behörde gemeinsam mit den deutschen Kollegen federführend agiert: 25 Verdächtige haben die Ermittler bisher festgenommen, 597 potenzielle Dealer, Lieferanten und Kunden angezeigt. Durch die Deals der Beschuldigten haben mindestens 58 Kilo Amphetamin, 2,7 Kilo Cannabisprodukte, 1,1 Kilo Kokain, 30.335 Ecstasy-Pillen und 33.946 suchtgifthältige Medikamente via Darknet den Besitzer gewechselt.

Angeboten wird alles

Verkauft werden kann über das Darknet jede verfügbare Droge. "Es gibt nichts, was nicht verschickt wird. Von Cannabis bis Heroin gibt es wirklich alles", betont Ermittler Dorner. "Im Bereich der Zwischenhändler liegen wir sehr weit vorne." Bei den Konsumenten befindet sich Österreich im europäischen Mittelfeld. Studien legen die Vermutung nahe, dass die Zahl jener, die schon im Darknet Drogen bestellt haben, fast ident ist mit der Anzahl an Personen, die psychoaktive Stoffe konsumieren: Laut der Europäischen Drogenbeobachtungsbehörde haben 3,4 Prozent der Österreicher bereits einmal Kokain und Co im Deep Web gekauft. Demgegenüber stehen ein bis drei Prozent, die laut Gesundheit Österreich synthetische Drogen zumindest schon ausprobiert haben.

Weniger Gewaltpotenzial

"Shansa" ist laut Dorner das Paradebeispiel für den florierenden Drogenhandel im versteckten Web. Kleine Drogenhändler können sich online rasch in Powerseller verwandeln. "Die machen dann den ganzen Tag nichts anderes, als in der Wohnung Bestellungen abzuarbeiten", berichtet Dorner. "Es gab auch schon Ermittlungen, wo Bekannte für das Adressieren und Verpacken ,angestellt' wurden. Weil der Händler es allein nicht mehr geschafft hat, über 200 Pakete am Tag bereitzustellen." Dorners Fazit: Das Darknet ist kein Hype, der schnell wieder zurückgeht -im Gegenteil. Ein Grund dafür ist auch das geringere Gewaltpotenzial für alle Beteiligten: Um zu dealen oder Drogen zu kaufen, muss niemand mehr mit mulmigem Bauchgefühl, vielleicht sogar bewaffnet, in eine dunkle Gasse oder ein zwielichtiges Lokal gehen.

Am Land boomt der Handel

Was sich für die Polizei durch das Darknet noch abzeichnet, ist eine Ausweitung des Drogengeschäfts am Land. "Dealen ist kein Großstadtphänomen mehr", sagt Dorner. "Es ist ganz egal, ob man sich Kokain per Zustelldienst in ein Bergdorf oder in die Wiener Innenstadt schicken lässt." Dafür spricht die Verwendung von Bitcoins: Die Codes für virtuelle Bezahlung sind in Shops wie Trafiken erhältlich und dort derzeit auf einen Wert von 2500 Euro pro Tag limitiert. In manchen Ortschaften sind diese ab elf Uhr ausverkauft.

Neben dem Komfort der Webbestellung lockt viele die vermeintliche Sicherheit der Anonymität. Diese schützt aber nicht unbegrenzt. Denn an zumindest einem Punkt findet der Darknet-Deal auch in der realen Welt statt: beim Transport. Die Polizei sieht den Online-Drogenhandel daher nur als neuen Modus Operandi, gegen den eben anders ermittelt werden muss. Gearbeitet wird dabei mit internationalen Kooperationen. Durch den Postweg wird das Dealen vom Eck an der Straße ins Ausland verlagert und führt von Wien nach Warschau oder von München nach Moskau. "Viele Täter sind sich nicht bewusst, welche multinationalen Verbrechen sie dabei kreieren", warnt Dorner. "Es sind nicht mehr normale Polizeistationen involviert, sondern gleich FBI und Co."

Leichtsinnige Dealer

Dieser Gefahr sind sich in der Szene nur manche bewusst. Martin*, der selbst viele Jahre gedealt hat, würde sich niemals ins Darknet wagen. "Ich würde mich das nicht trauen", sagt der 48-Jährige. "Einen Drogenfahnder auf der Straße kann ich erkennen. Im Internet sehe ich ihn nicht und weiß nie, ob etwas wirklich ein Geschäft ist oder die Polizei dahintersteckt."

Ganz ersetzen wird das Darknet den Straßendeal salso nicht. Darin sind sich Händler und Polizei einig. "Meine Hypothese ins Blaue: Am traditionellen Drogengeschäft wird sich nichts ändern", meint Dorner. "Das Darknet ist nur ein neues Organisationsmittel für den Bestell-und Lieferprozess." Nutzen wird es, wer dazu in der Lage ist, der Technik vertraut und sich Vorteile davon verspricht.

* Name von der Redaktion geändert

Kommentare

Ivan Rusu

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Roland Mösl
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15000 Umsatz in 5 Monaten sind 3000 Umsatz pro Monat.
Ein Selbständiger kann mit 36.000 Jahresumsatz, was bleibt da noch nach Wareineinkauf und sonstige Betriebsausgeben, gerade so überleben, hat aber wohl schon ständig Probleme die Sozialversicherung zu bezahlen.

Henry Knuddi
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