Regierung bleibt
bei Kopftuchverbot

Die Regierung wird das geplante Kopftuchverbot in Volksschulen wohl ohne die Stimmen von SPÖ und NEOS und damit nur als einfaches und nicht als Verfassungsgesetz beschließen.

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Volksschulen - Regierung bleibt
bei Kopftuchverbot

Vertreter von ÖVP und FPÖ lehnten am Rande des Ministerrats am Mittwoch die von den Oppositionsparteien geforderten Verhandlungen über Integrationsmaßnahmen ab.

»Wir lassen uns nicht auf einen Tauschhandel ein«

"Wir lassen uns nicht auf einen Tauschhandel ein", sagte Regierungskoordinator und Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ). Man "lade" die Opposition aber ein, dem vorliegenden Gesetzestext zuzustimmen, so Hofer.

Opposition zu Gesprächen einladen

Vizekanzler FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sprach davon, dass man die Oppositionsparteien "zu Gesprächen einladen werde" und er sich einen Beschluss "auf möglichst breiter Basis" wünsche. Man werde das aber nicht mit etwas anderem verknüpfen. "Es geht nicht um friss Vogel oder stirb", sondern um den Schutz von kleinen Kindern vor einer "Frühsexualisierung", so Strache.

Überblick: Kopftuchverbot in Europa

Auf die Frage, worüber man dann überhaupt mit der Opposition reden wolle, antwortete ÖVP-Klubobmann: "Über den Gesetzestext."

Auch Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) lehnte eine Junktimierung des Kopftuchverbots mit anderen Materien ab. Die diesbezüglichen Forderungen der Opposition seien nicht "ganz nachvollziehbar". Es gebe bereits viele Integrationsmaßnahmen. "Man muss das Rad nicht neu erfinden", sagte Faßmann vor dem Ministerrat am Mittwoch.

Einfachgesetz wäre von Aufhebung bedroht

Sollte die Regierung Volksschülerinnen das Kopftuch einfachgesetzlich verbieten, wäre das wieder einmal eine Regelung nach dem "Prinzip des legislativen Risikos". Denn sie wäre verfassungsrechtlich "in hohem Maße anfechtbar", meint der Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk. Theo Öhlinger geht zwar "eher" davon aus, dass die Regelung beim Verfassungsgerichtshof hielte, aber sicher sei das nicht.

Wobei die beiden Verfassungsrechtler im Gespräch mit der APA unterschiedliche Gründe für eine mögliche Aufhebung nannten: Für Öhlinger ist die verfassungsrechtliche Absicherung nicht deshalb geboten, weil die Religionsfreiheit betroffen wäre - denn auch die Religionen hätten sich an die allgemeinen Gesetze zu halten. Er sieht das Problem vielmehr darin, dass für einen Teil der schulrechtlichen Bestimmungen das Erfordernis der Zwei-Drittel-Mehrheit vorgeschrieben ist.

Dazu zählen Angelegenheiten, die das Verhältnis von Schule und Kirchen betreffen. Das wäre aus Öhlingers Sicht zwar beim Kopftuchverbot nicht der Fall, weil das eigentlich eine "innere Ordnungsfrage" wäre. Aber das Erfordernis der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit werde in der Praxis sehr weit ausgelegt. Wie der VfGH - würde er angerufen - diese Frage beurteilt könne man nicht vorhersagen, auch eine Aufhebung wäre durchaus denkbar.

Funk sieht hingegen sehr wohl die Frage der Religionsfreiheit berührt. Auch wenn man auf Sozialverträglichkeit abstelle stehe sehr wohl die Religion, konkret der Islam, im Hintergrund. Denn nur islamische Schülerinnen würden ein Kopftuch tragen. Aber auch wie der VfGH unter diesem Blickwinkel entscheidet, lässt sich nicht vorhersagen: Man könne auch nicht ausschließen, dass das Verbot hält - aber sicher sei das auch nicht. Somit wäre das wieder - wie etwa schon bei der Kürzung der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland - eine "Grenztestung" nach dem "Prinzip des legislativen Risikos".

In Tirol 19 Mädchen betroffen

In Tirol geht man von rund 19 Mädchen mit islamischem Hintergrund in Volksschulen aus, die ein Kopftuch tragen, sagte Bildungslandesrätin Beate Palfrader (ÖVP), die einem Verbot kritisch gegenüber steht. Dies sei rund ein Prozent der 1.910 Schülerinnen muslimischen Glaubens in den Tiroler Pflichtschulen. Insgesamt verzeichnet man im Bundesland derzeit 55.000 Pflichtschüler.

Eine genaue Statistik zu Kopftuch tragenden Mädchen in Volksschulen liege nicht vor, so Palfrader, die aktuelle Zahl würde aber ein Rundruf bei der Schulaufsicht in den Bezirken ergeben. Auch im urbanen Bereich mit einem relativ hohen Migrantenanteil, etwa im Stadtteil Pradl der Landeshauptstadt Innsbruck, komme das Kopftuch in der Volksschule nur in verschwindendem Maße vor, meinte die Landesrätin.

»Einfach so ein Verbot hinzustellen, ist nicht zielführend und nicht sinnvoll«

Die ÖVP-Politikerin machte einmal mehr klar, mit dem geplanten Kopftuchverbot nichts anfangen zu können: "Einfach so ein Verbot hinzustellen, ist nicht zielführend und nicht sinnvoll. Ich halte es auch für verfassungsrechtlich sehr bedenklich". "Als Frau" sei sie aber sehr dafür, über die "Thematik zu diskutieren". Denn in Fällen, in denen Mädchen zum Tragen eines Kopftuches gezwungen werden, gelte es entgegenzuwirken. In Tirol sei man aber bisher im Volksschulbereich "nie mit einem Problem konfrontiert" worden, erklärte Palfrader.

So reagiert man in Niederösterreich

Die niederösterreichische Bildungslandesrätin Christiane Teschl-Hofmeister begrüßt dagegen das geplante Verbot. Den genauen Gesetzesentwurf kenne sie aber noch nicht, hielt die ÖVP-Politikerin auf Anfrage in einer Stellungnahme fest. Aus dem Büro von Bildungsdirektor Johann Heuras hieß es, dass das Tragen von Kopftüchern an Volksschulen bisher "kein großes Thema" war.

"Jede Maßnahme in unseren Bildungseinrichtungen, die Integration und Selbstbestimmung unterstützt und entschieden gegen Diskriminierung wirkt, ist grundsätzlich zu befürworten", sagte Teschl-Hofmeister zum Vorhaben. Der geplante Gesetzesentwurf sei jedoch abzuwarten und zu prüfen. "Erst im Anschluss kann darüber endgültig entschieden werden", so die Landesrätin.

"In vereinzelten Fällen" sei das Kopftuch bisher von Mädchen in niederösterreichischen Volksschulen getragen worden, wurde auf Anfrage im Büro von Bildungsdirektor Heuras erklärt. In Zahlen könne man dies nicht festmachen, Beschwerden habe es bisher auch nicht gegeben. Die Frage, ob das geplante Verbot sinnvoll ist, wurde mit dem Verweis darauf, dass dies "eine politische Entscheidung" sei, nicht beantwortet.

Kathrin Schindele, Bildungssprecherin der SP Niederösterreich, kann dem "alleinigen Vorschlag" eines Kopftuchverbotes für Mädchen in Volksschulen nur wenig abgewinnen. Die Landtagsabgeordnete fordert vielmehr ein "umfassendes Maßnahmenpaket" für Brennpunktschulen, das mehr Lehrer und Unterstützungspersonal beinhaltet.

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