Das Sagen hat die FPÖ

von Gerfried Sperl © Bild: News

Die türkise Sammlungspartei unter Sebastian Kurz hält in den Umfragen unverändert bei 33 Prozent, fünf Prozent vor der SPÖ und zehn Prozent vor der FPÖ. Die Freiheitlichen haben aber ohne Mehrheit das Sagen, weil sich der Bundeskanzler bei den Themen und deren Umsetzung nicht durchsetzen kann oder will.

Wenn er es nicht kann, dann zeugt das von eklatanter politischer Schwäche und einer Bestätigung der vom burgenländischen Landeshauptmann Hans Niessl konstatierten Tatsache: Kurz ist sehr gut im Marketing, aber es fehlen ihm die Inhalte.

Sollte sich jedoch der Kanzler gar nicht durchsetzen wollen, weil er die politischen Zielsetzungen seines Stellvertreters H.-C. Strache ohnehin teilt, wäre das ein alarmierender Zustand. Der Obmann der gesamten ÖVP hätte vor der nationalistischen Ideologie der Rechtspopulisten kapituliert.

Einige Themen zur Untermauerung der Kanzlerschwäche:

  • Flüchtlinge als Lehrlinge: Die ÖVP- Spitze hört nicht auf die mittelständische Wirtschaft (die Lehrlinge, auch ausländische, braucht), sondern auf die FPÖ - unterstützt vom neuen Multifunktionär Harald Mahrer.
  • Kopftuchverbot in den Kindergärten: Obwohl der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer nichts davon hält, geschieht der Wille Straches. Kurz schweigt.
  • Demokratie: Obwohl Kurz zuletzt in Alpbach die EU als "großartiges Projekt" bezeichnet hat, fand er kein einziges Wort der Kritik an Viktor Orbán, den Erfinder der illiberalen Demokratie.

Warum bleibt Kurz so unangefochten an der Spitze der Umfragen? Weil er nicht nur das Politik-Marketing beherrscht, sondern weil er fast perfekt das Harmoniebedürfnis der Österreicherinnen und Österreicher bedient. Er sorgt dafür, dass zum Unterschied von der Vorgängerregierung nicht gestritten wird.

Streitpunkte werden weggeredet oder unter den Teppich gekehrt, sodass der Eindruck entsteht: Den Streit suchen nur die Medien.

Auf diese Weise verfestigt sich in der breiten Öffentlichkeit eine politische Wohlfühlstimmung. Die wenigsten bemerken, wie das Land Schritt für Schritt nach rechts rückt, neuerdings auch in Richtung der illiberalen italienischen Regierung.

Im Herbst 2020 könnte es dann zu vorgezogenen Wahlen kommen, um die österreichische Harmonie-Regierung zu bestätigen.

Gerfried Sperl
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