Ochsenjoch und
Rechtsgalopp

Auf Grund der ersten Informationen über das künftige Regierungsprogramm ist eine ideologische Fixierung zu erwarten. Ein Galopp nach rechts.

von Gerfried Sperl © Bild: News

In Deutschland zeichnet sich eine Koalition der Wahlverlierer ab, in Österreich eine der Wahlgewinner. 7,5 Prozent hat die ÖVP dazugewonnen, 5,5 Prozent die FPÖ. Bei den westlichen Nachbarn haben CDU/CSU 8,6 Prozent verloren, die SPD 5,2 Prozent. Die beiden österreichischen Partner haben schnell zusammengefunden, die deutschen sind von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gezwungen worden, das Ochsenjoch ins Auge zu fassen. Das Politikmagazin "Der Spiegel" befand daher in seiner jüngsten Ausgabe: "Sie verbindet keine gemeinsame Idee - nur die Angst vor dem Wähler." Bei Neuwahlen könnten sie noch einmal abgestraft werden.

Anders hier in Österreich. Auf Grund der ersten Informationen über das künftige Regierungsprogramm ist eine ideologische Fixierung zu erwarten -eine "Gegenaufklärung", wie Lisa Nimmervoll im "Standard" festgestellt hat. Ein Galopp nach rechts. Die öffentlich verkündete Rückkehr zu den Schulnoten, eine weitere Verschärfung der Asylpolitik und die Machtverschiebung zum Zentralismus über eine große Kassenfusion sind drei Beispiele. Alle drei Vorhaben sind geeignet, zusätzlich zu den Flüchtlingswellen, die uns wegen des radikalen Islam und des massiven Klimawandels drohen, die österreichische (und die deutsche) Bevölkerung noch tiefer zu spalten.

Der linke französische Philosoph Alain Finkielkraut hat in einem Interview mit dem rechts angesiedelten deutschen Politikmagazin "Cato" die Frauenrechtlerin Élisabeth Badinter dazu zitiert: Die Rechtspopulisten seien dabei, in Frankreich "zwei Völker entstehen zu lassen, indem sich eine zweite Gesellschaft auf hinterlistige Weise unserer Republik aufdrängt".

In Frankreich ist damit der Front National gemeint, in Deutschland die AfD, deren Parteitag am vergangenen Wochenende den ultrarechten Flügel gestärkt hat. In Österreich steht die FPÖ (mit Hilfe der ÖVP) für einen ideologischen Rechtsruck, der über Volksabstimmungen die Verfassung der Zweiten Republik verändern möchte - weg vom Parlamentarismus, hin zum Populismus. Finkielkraut fügt diesem Befund hinzu, die "neue Dringlichkeit" sei, die Welt (und damit auch Europa, Anm. d. Verf.) vor dem Auseinanderbrechen zu bewahren. Die Freiheitlichen reden bereits wieder offen von einem Referendum über den Austritt aus der EU.

Die neue/alte deutsche Koalition wird sich Europa stärker verpflichtet fühlen als die neue in Österreich. Die ÖVP wankt, weil sie das Zustandekommen des türkisblauen Pakts für wichtiger hält als die europäische Bindung.

Wie in Berlin sollte sich auch in Wien der Bundespräsident noch stärker einmischen: Alexander Van der Bellen müsste Sebastian Kurz drängen, sich eindeutig zu positionieren. Sonst wäre es besser, wenn er wie Steinmeier die alten Koalitionäre wieder vereint. Und auch die SPÖ in die Pflicht nimmt.

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