Wiener Kardinal
unterstützt Kurz/Strache

Man mag Schönborn zugutehalten, dass er "Sparen" als eine Art Tugend begreift. Aber was sind Tugenden in der Politik?

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Kontrapunkt - Wiener Kardinal
unterstützt Kurz/Strache

Ausgerechnet in Sarajevo, der geschichtsträchtigen Hauptstadt Bosniens, betrieb der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn österreichische Innenpolitik. Er lobte die "Nulldefizit"-Ankündigungen der türkis-blauen Regierung und kritisierte damit die Caritas. Die hatte im Zusammenhang mit den Budgetplänen von einer "Demontage des Sozialstaats" gesprochen.

Was geht eigentlich den Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz die Frage an, ob eine Regierung strukturell spart oder nicht? Es geht ihn (und die katholische Kirche) nichts an. Denn solche Fragen sind wirtschaftspolitische - ob man im Sinne der Monetaristen "spart" oder ob man im Sinn von Keynes eine bestimmte Defizithöhe zulässt.

Schönborn ist mit dieser Intervention vom Kurs der "Äquidistanz" zwischen den politischen Lagern abgewichen und hat Bundeskanzler Sebastian Kurz quasi mit einem Heiligenschein umgeben. Die Umfragewerte der ÖVP werden sich damit auf hohem Niveau stabilisieren.

Stattdessen hätte der Kardinal einen niederösterreichischen Pfarrer unterstützen müssen, der sich vergeblich dagegen gewehrt hat, dass eine sechsköpfige, gut integrierte syrische Flüchtlingsfamilie abgeschoben wurde. Er, Schönborn, müsste dagegen auftreten, dass fleißige Deutschschüler und tüchtige Familienväter abgeschoben werden, die man ganz leicht findet. Kriminelle bleiben im Land, weil sie untertauchen. Die Tendenz der Kriminalisierung wird sich verstärken, wenn dem AMS Geld entzogen wird.

Dazu kein Wort der Kirchenspitze. Nur der lahme Appell, "mehr Großzügigkeit" zu üben.

Man mag Schönborn zugutehalten, dass er "Sparen" als eine Art Tugend begreift. Aber was sind Tugenden in der Politik? Dort geht es längst nicht mehr um "politisches Kleingeld". Auch Kurz und Strache haben das "Klotzen" zur Methode gemacht: Sie vergrößern die Regierungsapparate und verkleinern die Hilfsbudgets, sie forcieren das Abhören und kürzen die Kontrolle.

Seit Jahrzehnten herrscht unter ÖVP- Funktionären die Meinung vor, die Caritas sei eine linke Organisation. Das korreliert mit zwei weiteren Einschätzungen in Österreich: Wer ein Antifaschist ist, muss links, wenn nicht Sozialist sein. Wer die Ärmsten der Armen, darunter die Flüchtlinge, politisch unterstützt, ist ein Gegner der bürgerlichen Politik.

Der Kardinal hat mit seinen Aussagen in Sarajevo und der gegenüber der Caritas zwar freundlicheren Haltung in der "Pressestunde" eine Woche später der kirchlichen Hilfsorganisation einen Bärendienst erwiesen. Es bleibt der Eindruck, dass die katholische Kirche zusammen mit der Regierung ein Stück des rechten Wegs mitgehen möchte.

Seltsam ist, dass die einst so rührigen Pfarrer mit Helmut Schüller an der Spitze zu den Vorgängen schweigen.

Gerfried Sperl
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