Entrümpelung
oder Ausverkauf

Wir müssen schauen, dass aus der Entrümpelung der Gesetze kein Ausverkauf der Demokratie entsteht.

von Gerfried Sperl © Bild: News

Schon einmal hat eine schwarzjetzt: türkis-)blaue Regierung eine Entrümpelung des Wustes an Gesetzen versucht. Das war im Jahr 2000 und das dafür erfundene Meta-Gesetz hieß "Bundesrechtsbereinigungsgesetz". Allein dieser Name hätte bereits einer sprachlichen Entrümpelung bedurft. Das Resultat damals: Die Entrümpelung scheiterte. Der neuerliche Versuch, propagiert von Verwaltungs-und Justizminister Josef Moser, birgt zwei schwerwiegende Probleme. Erstens den Versuch, die Regierung dafür verantwortlich zu machen, zweitens den populistischen Versuch, via Internet die Bevölkerung aufzurufen, alle "überflüssigen" Gesetze zu benennen.

Bleiben wir gleich dabei: Eine solche Aktion würde ein paar seriöse Vorschläge zeitigen, viele Beiträge hätten bestenfalls kabarettistische Züge, die meisten aber wären unsägliche "Postings", wie wir sie aus den Onlineseiten der Tageszeitungen kennen. Für eine seriöse Staatsreform unbrauchbar. Das ist leider typisch für Kurz und Strache: Überschriften propagieren, Vorurteile des Publikums generieren, im Grunde aber eine Unterhaltungssendung zu entwerfen.

Das Problem mit der Zuständigkeit ist schwerwiegender. Denn am Anfang stand die ziemlich autoritäre Ankündigung, man werde alle Gesetze, die vor dem Jahr 2000 entstanden sind, außer Kraft setzen. Beifall brandete auf, ebbte jedoch bald wieder ab, als sich ein zweiter Aspekt in den User-Foren in die Blicke rückte: Da würde dann, zumindest kurz, die Anarchie ausbrechen. Bevor die neue Regierung noch mit dem Neubau Österreichs begonnen hätte, würde man den Altbau abgerissen haben.

Wichtig und richtig an dem Reformvorhaben wäre, dass jedes Ministerium den Bestand an Gesetzen in seinem Zuständigkeitsbereich überprüfen sollte. Dafür gibt es genügend Personal. Die Streichkandidaten (nicht aber wie von Moser vorgeschlagen die Überlebenden) sollten dann dem Ministerrat vorgelegt werden. Ein daraus resultierendes Entrümpelungsgesetz müsste schließlich dem Nationalrat zur Behandlung und Beschlussfassung übermittelt werden. In der Phase der Begutachtung könnte sich auch die Öffentlichkeit (über Printmedien, Radio-und TV-Debatten, Internet) einschalten.

Wir wollen der Regierung nicht auch da gleich einen Angriff auf die Gewaltenteilung à la Ungarn oder Polen unterstellen. Aber die Forschheit, mit der das Entrümpelungsprojekt angekündigt wurde, und die Nonchalance, mit der man über Hürden drübergestiegen ist, mahnt uns, aufzupassen.

"Speed kills" hieß es im Jahre 2000. Geschwindigkeit tötet Widerstände, das war damals die Devise. Herausgekommen ist ziemlich viel Murks - und Korruption.

Jetzt müssen wir schauen, dass aus der Entrümpelung der Gesetze kein Ausverkauf der Demokratie entsteht.

Was meinen Sie? Schreiben Sie mir bitte: sperl.gerfried@news.at

Kommentare