Bezahlt wird nicht!

Wolfgang Kralicek über das Phänomen der Sonntagszeitungen und seinen einzigen Haken

von Wolfgang Kralicek © Bild: NEWS

Am Wochenende ist die Printmedienwelt in Österreich noch in Ordnung. Sonntags ist das gesamte Bundesgebiet flächendeckend mit Plastiktaschen überzogen, die prall gefüllt sind mit Tageszeitungen. Und wenn sie am Sonntagabend dann wieder eingesammelt werden, sind die meisten Taschen leer. Wer behauptet da noch, dass Print keine Zukunft hat?

Unser Sonntagszeitungskult – weltweit vermutlich ein ziemlich einzigartiges Phänomen – hat nur einen Haken: Bezahlt wird eher nicht. Die Zeitungstaschen sind zwar mit Sparbüchsen ausgestattet, diese werden aber nur selten genutzt. Wenn sie ehrlich sind, rechnen die Verleger auch gar nicht damit. Früher gab es Aktion-scharf-Kampagnen, mit denen die Zahlungsmoral angehoben werden sollte. Heute steht auf den Geldbüchsen nur noch „Danke!“ – wie für eine freiwillige Spende.

Sonntagszeitungen werden nicht gemacht, um verkauft zu werden, sondern um die Reichweite – den für die Werbewirtschaft relevanten Wert – in die Höhe zu treiben. Trotzdem stellt sich die Frage: Ist es moralisch okay, nicht für die Zeitung zu bezahlen, weil’s eh niemand tut? Zunächst kommt es auf die Zeitung an. Warum man für „Österreich“ ausgerechnet am Sonntag bezahlen sollte, ist wirklich nicht einzusehen; der Hinweis „Danke für ehrliche 0,90 Euro“ ist so wenig ernst zu nehmen wie das ganze Blatt.

Bei „Krone“ und „Kurier“ ist die Situation kniffliger. Immerhin müssen Abonnenten auch sonntags bezahlen; dafür bekommen sie ihr Blatt aber auch auf die Türschwelle gelegt. Und die Qualitätszeitungen? Neben „Presse am Sonntag“ hängen in Wien auch die Wochenendausgaben von „ Wiener Zeitung“ und „Standard“ in den Taschen. Sollte man nicht wenigstens für die bezahlen – um der guten Sache willen? Gegen Gewissensbisse hilft hier folgender Gedanke: Obwohl sie das nie zugeben würden, ist der Sonntag für Qualitätsblätter die einzige Chance, einmal Auflage wie eine Gratiszeitung zu machen. Lassen wir ihnen die Freude.

Was meinen Sie? Schreiben Sie mir bitte: kralicek.wolfgang@news.at

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