Pablo Escobar: Der Erfinder des globalisierten Drogengeschäfts

Brutaler wie innovativer Boss des Medellin-Kartells wurde vor 20 Jahren erschossen

von Pablo Escobar © Bild: Getty/AFP/Arboleda

Der Sohn exportiert in viele Länder T-Shirts - bedruckt mit Bildern und Dokumenten Escobars. Nur in Kolumbien werden
sie nicht verkauft, um die Opfer seines Vaters nicht zu brüskieren.

Sorge um Familie wurde zum Verhängnis

Die Sorge um seine Familie war es, die dem legendären Drogenboss vor genau 20 Jahren zum Verhängnis wurde. Er hatte angeboten, sich zu ergeben, wenn seine Angehörigen Zuflucht im Ausland bekämen. Außerhalb Kolumbiens wollten die Escobars den vielen Feinden des Drogenchefs entgehen. Am 27. November 1993 flogen Frau und Kinder zunächst nach Deutschland, in der Hoffnung, dort aufgenommen zu werden. Die Regierung Kolumbiens nahm jedoch im letzten Moment ihre Unterstützung des bereits eingeleiteten Deals zurück. Victoria Henao und ihre Kinder bekamen keine Aufenthaltserlaubnis und mussten sofort den Rückflug antreten.

Und Escobar - auf ständiger Flucht vor einer 4.000 Mann starken Fahndungstruppe - beging Fehler: Nachdem seine Familie aus Deutschland zurückgekehrt war und in Kolumbien unter Regierungsschutz gestellt wurde, versuchte er wiederholt, seine Angehörigen anzurufen. Ein längeres Telefonat mit dem damals 16-jährigen Sohn ermöglichte die Ortung seines Verstecks am 2. Dezember. Ein 17 Mann starkes Sonderkommando erschoss Escobar, während er versuchte, über die Dächer zu flüchten. Am Tag zuvor war er 44 geworden.

Tausende Menschen getötet

Rückblende: Im Dezember 1981 hatten sich in einem Hotel in Medellín, der zweitgrößten Stadt Kolumbiens, Angehörige von mehr als 200 im Drogengeschäft aktiven Familien getroffen und das Kartell gegründet. Mit einer bis dahin nicht gekannten Brutalität setzten sie sich im internationalen Kokainhandel durch und monopolisierten für lange Zeit das Geschäft. Tausende Menschen sollen auf Pablo Escobars Befehl hin getötet worden sein.

"Geld oder Blei"

Während er sein Imperium aufbaute, erreichte die Gewaltwelle in Kolumbien bis dahin unerreichte Höhen: Escobar ließ 1989 ein Flugzeug mit 107 Insassen in der Luft explodieren. Er hielt den Staat in Schach - nicht nur mit Anschlägen, sondern auch mit Hilfe starker Verflechtungen in die Politik. Escobar selbst war kurze Zeit Abgeordneter. Sein Motto "plata o plomo" ("Geld oder Blei") diente dazu, das Land in zwei Lager zu teilen: Opfer und Komplizen.

Wegen Escobar und seiner Komplizen galt Kolumbien Ende der 1980er Jahre als Negativbeispiel dafür, wie die Kokainmafia Wirtschaft und Politik eines ganzen Landes beherrscht. Das Medellín-Kartell hatte damals einen Anteil von rund 80 Prozent am weltweiten Kokaingeschäft und wurde zum Inbegriff für die Macht, den Einfluss und die schier unbegrenzten Reichtümer von Drogenbossen.

Brutal, innovativ und global

Escobar trat mit seinem Milliardengeschäft in Erscheinung, als der traditionelle kolumbianische Kaffee-Export kriselte. Auf dem illegalen Markt trat Escobar nicht nur brutal, sondern auch innovativ und global auf: Er gründete ein weit aufgefächertes Exportnetz, wie die Zeitschrift "Semana" jüngst schrieb. Gewissermaßen wurde Escobar so zum Erfinder des globalisierten Drogenhandels.

Im Kampf um die Drogenmilliarden starben in Kolumbien Polizisten, Soldaten, Zivilisten und Politiker. Als Escobar 1991 vor dem verschärften Druck von Präsident Cesar Gaviria kapitulierte und sich stellte, ging es mit dem Medellin-Kartell bergab. Auch nach seiner Flucht aus dem Gefängnis im Juli 1992 gelang es dem Drogenboss nicht mehr, seine Kräfte zu reorganisieren.

Banden bleiben

Nach seinem Tod 1993 stiegen die Bosse des konkurrierenden Cali-Kartells zu den größten Kokainhändlern der Welt auf - bis auch ihnen die Luft ausging. Übrig blieben Verbrecherbanden, die sogenannten "bacrim" (von "bandas criminales"). Noch heute greifen Jugendliche der Elendsviertel leicht zur Waffe, um den schnellen Aufstieg zu erreichen. Auch die Rebellen der Farc halten das Geschäft mit dem Kokain am Leben. Gerade erst räumten deren Vertreter bei den Friedensgesprächen in Havanna ein, die Koka-Bauern in den von ihnen kontrollierten Regionen zu "besteuern". Doch nach UN-Angaben ist der Kokain-Anbau in Kolumbien im vergangenen Jahr um 25 Prozent gesunken.

Szenenwechsel nach Mexiko

Die Drehscheibe des internationalen Drogenhandels ist nach Mexiko verlegt worden. Viele Szenen dort erinnern derzeit an das Kolumbien der 80er Jahre, an die blutige Zeit unter Pablo Escobar.

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