Die Körpersprache
von Kurz und Co.

"Wer Kurz beobachtet und sich dabei einen älteren reifen Herrn vorstellt, wird viele Parallelen erkennen."

Stefan Verra vertritt die Ansicht, dass Wähler ihre Entscheidungen nicht in erster Linie aufgrund von politischen Programmen treffen. "Zuerst haben wir ein Bauchgefühl zu einem Politiker", schreibt der Spezialist für Körpersprache in seinem neuen Buch "Leithammel sind auch nur Menschen". Darin analysiert Verra die Gestik und Mimik von Donald Trump, Angela Merkel, Wladimir Putin und Sebastian Kurz.

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"Wer mit seiner Körpersprache die momentanen Bedürfnisse des Volkes am besten widerspiegelt, gewinnt die Wahlen", behauptet der aus Lienz stammende und in München lebende Experte. Ob Leithammel akzeptiert werden oder nicht, würden die Mitglieder einer Gruppe in wenigen Augenblicken treffen. Die Entscheidung erfolge dabei nicht unbedingt bewusst, sondern in den vorgeschalteten Gehirnarealen.

Trump ein "körpersprachlicher Magnet"

"Authentizität und Aufmerksamkeit - Trump hat es", schreibt Verra. Der US-Präsident sei "ein körpersprachlicher Magnet. Denn ganz gleich was er macht, er macht es offensichtlich." Dabei spiele es keine Rolle, ob Trump Amtskollegen zur Seite dränge, als gäbe es Freibier, oder ob er beim Händeschütteln sein Gegenüber fast von den Beinen reiße. Trumps Wahlerfolg erklärt Verra mit der Unzufriedenheit breiter Schichten der US-Bevölkerung und dem Zorn, der dem Präsidenten ins Gesicht geschrieben sei. Trotz seiner Milliarden am Konto werde Trump von den frustrierten Menschen als "einer von uns wahrgenommen".

»Merkel hat "wenig von dem, was Karrierecoaches im ersten Moment als ideal für eine Topkarriere definieren würden"«

Ganz anders die scheinbar "unscheinbare" Angela Merkel. Die deutsche Kanzlerin habe "wenig von dem, was Karrierecoaches im ersten Moment als ideal für eine Topkarriere definieren würden", schreibt der Autor. Damit beweise sie aber, dass Authentizität noch immer die stärkste Kraft sei. Merkel zeige bei Begrüßungen sehr klar, wer ihr nahekommen darf und wer nicht. Analysiert hat Verra auch ihr "Markenzeichen", die zu einer Raute geformten Hände. Im Vergleich zu Aufnahmen aus den 80er-Jahren, als alle Linien ihres Körpers abwärts tendierten, wirke Merkel heute dynamischer und souveräner.

Kurz versteht es, reif zu wirken

Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz wiederum verstehe es, Menschen in seinen Bann zu ziehen und sehr reif zu wirken, schreibt Verra. "Er kann streitbare Dinge sagen, für die seine politischen Gegner schon mal die Rote Karte bekommen." Einen entscheidenden Faktor in der rasanten Karriere von Kurz sieht der Autor in dessen Langsamkeit im Auftritt. "Wer Kurz beobachtet und sich dabei einen älteren reifen Herrn vorstellt, wird viele Parallelen erkennen." Wenn Kurz dagegen zuhöre, vermittle er seinem Gesprächspartner immer, dass er voll und ganz bei ihm sei.

Weiterführend: Noch mehr zur Körpersprache von Sebastian Kurz.

Putin: Blickkontakt oft nur zur Degradierung

Verra hat auch die Auftritte von Wladimir Putin, Emmanuel Macron ("Charmanter Fuchtler"), Xi Jinping und Christine Lagarde unter die Lupe genommen. Putin etwa sehe selten jemanden an. Wenn der russische Präsident dies doch tue, dann nutze er den Blickkontakt häufig zur Geringachtung oder Degradierung anderer.

Keine Geheimsprache, nur auf Wirkung ausgelegt

Verra warnt aber auch vor Überinterpretationen. Körpersprachliche Signale seien eben keine Geheimsprache, die man nur entschlüsseln müsse. Bei Körpersprache gehe es um die Wirkung, nicht um die Ursachen, schreibt er. Trotzdem sei sie die einzige "lingua franca", die von allen Menschen verstanden werde, wenn Emotionen angesprochen werden.

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Info:
Stefan Verra, Leithammel sind auch nur Menschen. Die Körpersprache der Mächtigen, Ariston 2019, 256 Seiten, 20,60 Euro)

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