"Frontalangriff" auf die
Rechte der Arbeitnehmer

Die Koalitionsverhandlungen nähern sich dem Ende und überspringen auch die Kammer-Hürde. Kritik von Arbeitnehmervertretern bleibt nicht aus.

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Koalitionsverhandlung - "Frontalangriff" auf die
Rechte der Arbeitnehmer

Die Koalitionsverhandlungen streben ihrem Ende entgegen. Mit der Kammerpflicht sowie der Ratifizierung des Handelsabkommens CETA wurden jetzt weitere größere Stolpersteine aus dem Weg geräumt. Gegenwind erhalten ÖVP und FPÖ unverändert, weil das allgemeine Rauchverbot in der Gastronomie nun doch nicht kommt.

Einigung bei den Kammern

Was die Einigung bei den Kammern angeht, halten sich Volkspartei und Freiheitliche mit Details vorerst bedeckt. Das Kapitel wurde aber bereits am Wochenende abgehakt, wurde der APA aus verlässlicher Quelle versichert. Demnach wird die Pflichtmitgliedschaft in den Kammern bleiben, diese jedoch einsparen müssen.

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Das Thema war von der FPÖ aufs Tapet gebracht worden, die sich ein allgemeines Referendum oder zumindest eine Mitgliederbefragung vorstellen konnte. In letzter Konsequenz hat man sich wohl vor allem wegen des Widerstands der ÖVP-Bünde von dieser Idee verabschiedet. Stattdessen soll der Mittelzufluss an die Kammern gebremst werden, was wohl eine Senkung der Umlage zur Folge hat. Bei der AK sind derzeit beispielsweise 0,5 Prozent des Bruttoeinkommens abzuführen. Der Versuch von Schwarz-Blau I, diese Umlage auf 0,3 Prozent zu senken, war Anfang der 2000er-Jahre noch gescheitert.

"Frontalangriff" auf die Rechte der Arbeitnehmer

Kritik kam umgehend von der Arbeiterkammer, deren Präsident Rudolf Kaske davor warnte, ein gut funktionierendes Beratungsnetz für die Beschäftigten aus Kostengründen auszudünnen. ÖGB-Präsident Erich Foglar sprach gar von einem "Frontalangriff" auf die Rechte der Arbeitnehmer. Aus anderen Gründen unzufrieden sind die NEOS, die ja seit Jahren gegen die Zwangsmitgliedschaft bei den Kammern ins Feld ziehen. Parteichef Matthias Strolz hat dementsprechend kein Verständnis dafür, dass FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hier in die Knie gegangen sei.

Ein weiteres vor allem für die Freiheitlichen brenzliges Thema dürfte in den Verhandlungen auch erledigt sein. Dem Vernehmen nach hat die FPÖ zugestimmt, die Ratifizierung des umstrittenen Handelsabkommens CETA zwischen EU und Kanada nicht zu blockieren.

Weiter Aufregung in Sachen Rauchverbot

Dafür haben die Freiheitlichen durchgebracht, dass das eigentlich mit Mitte des Jahres geplante allgemeine Rauchverbot in der Gastronomie fällt. Der Widerstand dagegen bleibt groß. Die am Montag gestartete Online-Petition der Österreichischen Krebshilfe ist bereits über 60.000 Mal unterstützt worden. Auch der Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie warnte, dass die Rücknahme des Verbots Menschenleben und Geld kosten werde. Selbst in der künftigen Koalition ist die Maßnahme umstritten. So bedauerte der steirische Gesundheitslandesrat Christopher Drexler (ÖVP) die jüngste Entwicklung "außerordentlich".

»Ja natürlich freuen wir uns«

Begrüßt wurde die Einigung dagegen von der Wirtschaftskammer: "Ja natürlich freuen wir uns", meinte Mario Pulker, Obmann des Fachverbandes Gastronomie. Intention der Wirtschaftskammer sei es immer gewesen, auf den Jugendschutz zu schauen "und nicht den mündigen Bürgern das Rauchen zu verbieten in der Gastronomie, wo sie hinkommen, um sich zu entspannen und Freizeit zu genießen". Weiteren Grund zur Freude wird die Tourismuswirtschaft haben. Denn laut einem Bericht der "Kleinen Zeitung" wird die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Übernachtungen von zehn auf 13 Prozent wieder zurückgenommen.

Allzu viel scheint der Verständigung auf einen neuen Regierungspakt jedenfalls nicht mehr im Weg zu stehen. Denn die FPÖ hat bereits für Samstagnachmittag eine Vorstandssitzung in Aussicht genommen. Auch die ÖVP-Gremien dürften am Wochenende zusammentreten.

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