ÖVP wird mit den
Grünen verhandeln

Die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und Grünen können starten. Parteichef Sebastian Kurz gab den Gesprächen für die ÖVP seinen Segen, nachdem sich die Grünen schon am Sonntag einstimmig deklariert hatten. Auch in der ÖVP war die Unterstützung von Länder-und Bündechefs einhellig, so Kurz. Verhandelt werde "ergebnisoffen".

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"Wir haben alle gemeinsam die Entscheidung getroffen, die einstimmig gefällt wurde, dass wir mit den Vertretern der Grünen in Verhandlungen eintreten", berichtete er von seinen Kontakten mit den Parteigranden. Fix ist eine gemeinsame Regierung damit aber noch lange nicht, beeilte sich der ÖVP-Chef in seinem Soloautritt in der türkisen Parteizentrale zu betonen.

Man wolle die grüne Option aber "zielgerecht, konsequent, mit vollem Engagement verfolgen", und auch "ehrlich und respektvoll". Und: "Wir haben nicht vor, Parallelverhandlungen zu führen." Die Bürger bat er um Geduld, es werde wohl länger dauern als die zügigen zwei Monate mit der FPÖ 2017.

Kurz betont Unterschiede der Parteien

Einmal mehr betonte Kurz die großen Unterschiede zwischen den beiden Parteien. Die Grünen hätten starke Positionen im Umwelt- und Klimabereich, mit denen sich die ÖVP nicht leichttue, für die die Grünen aber gewählt worden seien. Auf der anderen Seite sei dies auch bei der ÖVP so, und zwar in Fragen der Migration, der Sicherheit oder der Standort- und Steuerpolitik.

Daher, so Kurz: "Sollten wir eine Vereinbarung mit den Grünen zustande bringen, wird da auf jeden Fall ein Stück weit an Kreativität notwendig sein müssen." Da und dort werde es daher eine neue Form des Regierens sein. Zu Kogler sei die Gesprächsbasis eine sehr gute. Bereits morgen, Dienstag, werden die beiden wieder zusammentreffen. Demnächst soll auch die Struktur für die Gespräche definiert werden.

Kogler will Regierung, die fünf Jahre hält

Am Nachmittag hat sich Kogler erneut zu Wort gemeldet. "Ja, es wird Regierungsverhandlungen zwischen der Volkspartei und den Grünen geben", sagte er in einer Videobotschaft. Den Wünschen vieler Menschen, die nächste Regierung möge fünf Jahre halten, pflichtete er bei.

Kogler erklärte, dass er mit ÖVP-Obmann Kurz und Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Sonntag und Montag die kommende Regierungsbildung besprochen habe. Die bevorstehenden Koalitionsverhandlungen bezeichnete der Grüne Bundessprecher zwar als "Wagnis". Versuchen wolle man es trotzdem, und zwar "für alle, die nicht auf die Butterseite des Lebens gefallen sind", so Kogler.

Rendi-Wagner reagiert abgeklärt

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner reagierte auf die Bekanntgabe abgeklärt. Das Ergebnis sei erwartbar gewesen, nun sei Tempo angesagt. "Türkis-Grün muss hier rasch ins Handeln kommen", meinte sie in Bezug auf die abflauende Wirtschaft und explodierende Wohnkosten. Die SPÖ-Chefin nimmt an, dass die türkis-grünen Verhandlungen zu einem positiven Ergebnis kommen. Sie gehe nämlich davon aus, dass die Entscheidung der ÖVP bezüglich ihres Gesprächspartners gut überlegt gewesen sei.

Ob im Fall eines Scheiterns die SPÖ zur Verfügung stünde, ließ Rendi-Wagner bis dato offen. Auf entsprechende Fragen betonte sie, dass die SPÖ ihre grundsätzliche Bereitschaft zu Regierungsverhandlungen schon vor Wochen klar gemacht habe. Wie es aussehe, wenn Türkis-Grün wider Erwarten scheitere, würde man dann beurteilen. Von ÖVP und Grünen erwartet sie jedenfalls, dass diese ihre Gespräch mit mehr Dynamik gestalten als die Sondierungen, die in einem Gemütlichkeitsmodus abgelaufen seien.

Das erwartet Rendi-Wagner von der Regierung

Grundsätzlich betonte Rendi-Wagner, dass ihre Partei die künftige Regierung danach beurteilen werde, inwieweit sich das Leben der Menschen verbessere. Billigeres Wohnen, eine rasche Steuerreform und ein deutliches Signal in der Klimapolitik sind jene Bereiche, wo es für die SPÖ-Chefin besondres dringlich ist.

An ihren Taten messen will Rendi-Wagner schon rasch die Grünen, nämlich mit Anträgen zur Klimaschutz-Milliarde und zur Bekämpfung der Kinderarmut bereits in der dieswöchigen Plenarsitzung des Nationalrats. Am Stimmverhalten der Grünen werde sich da zeigen, wie ernst es ihnen mit den Themen sei.

Worauf Ludwig seinen Fokus richtet

Keine Sorge, dass sich Türkis-Grün auf seine Koalition mit der Ökopartei in Wien negativ auswirken könnte, hat Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), der die Pressekonferenz mit Rendi-Wagner bestritt. Messen will er die künftige Regierung daran, was sie für Wien tut. Unter Türkis-Blau sei die Bundeshauptstadt ja nicht gerade verwöhnt gewesen.

Unterstützung erwartet sich der Stadtchef etwa bei Infrastrukturprojekten, beim öffentlichen Verkehr in der Region, bei der Digitalisierung und auch in der Bildung, wo es im Pflichtschulbereich mehr Ressourcen auch für Integrationsmaßnahmen brauche. Was den Politikstil insgesamt angeht, warb der Bürgermeister dafür, das Miteinander in den Vordergrund zu rücken - konkret ein Revival der Sozialpartnerschaft.

FPÖ im Alarmmodus

Die FPÖ blieb dagegen im Alarmmodus. "Die ÖVP verlässt den Mitte-Rechts Kurs in der Regierungsarbeit und liefert Österreich den Grünen aus", warnte Parteichef Norbert Hofer. Als Konsequenz zeichnete er in einer Aussendung ein Bild schließender Motorenwerke und herandrängender Wirtschaftsflüchtlinge.

Auf einen raschen Abschluss hoffte auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger, die die Entscheidung für Regierungsverhandlungen als "erfreulich" bezeichnete. "Ob sich dabei echte Reformen für Übermorgen ausgehen werden, oder doch nur eine Koalition des kleinsten gemeinsamen Nenners übrigbleibt - das bleibt abzuwarten", meinte sie.