So sieht die ÖVP-
FPÖ-Regierung aus

Die künftige ÖVP-FPÖ-Regierung nimmt Gestalt an. 14 Ministerien sind vorgesehen, eine Aufteilung steht zum Teil bereits.

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Koalition - So sieht die ÖVP-
FPÖ-Regierung aus

Die künftige ÖVP-FPÖ-Regierung nimmt Gestalt an. Während das Koalitionsabkommen inhaltlich so gut wie fertig ist, geht es Donnerstag und Freitag in einer Art "Konklave" noch um letzte personelle Entscheidungen sowie um noch offene Kompetenzaufteilungen zwischen den künftigen Bundesministerien. Klar ist, dass es weiterhin 14 Ministerien und Minister sowie zwei Staatssekretäre geben soll.

Kurz übernimmt als Kanzler auch Europapolitik

Auch die Aufteilung der Ministerien zwischen Schwarz-Türkis und Blau scheint über weite Strecken geklärt. Offen ist noch, ob wie unter Rot-Schwarz beide Regierungsparteien je sieben Ministerien bekommen oder ob es diesmal acht für die ÖVP und sechs für die FPÖ sein werden. Jede Partei bekommt zudem je einen Staatssekretär.

ÖVP-Chef Sebastian Kurz übernimmt das Bundeskanzleramt und wird damit 13. Bundeskanzler in der Zweiten Republik. Mit den europapolitischen Agenden wird Kurz auch den wichtigsten Teil der Außenpolitik in sein Ressort übernehmen. Daneben soll es im Bundeskanzleramt wie bisher einen weiteren Minister mit den Agenden Kultur und Medien geben. Als aussichtsreichster Kandidat dafür wird der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel gehandelt.

Keine Abstimmung über Öxit

ÖVP und FPÖ haben sich in den Regierungsverhandlungen laut mehreren Zeitungsberichten darauf geeinigt, keine Volksabstimmung über einen EU-Austritt durchzuführen. "Beim Ausbau der direkten Demokratie wird es zu KEINER Abstimmung über den Öxit kommen", heißt es einer der APA vorliegenden Punktation der beiden künftigen Regierungsparteien zum EU-Kapitel.

»Klar pro-europäische Linie abgebildet«

Geklärt wurde dem Vernehmen nach auch eine Personalentscheidung: Der derzeit von der ÖVP gestellte EU-Kommissar bleibt auch unter Schwarz-Türkis-Blau bei der ÖVP. Die Europäische Frage, Österreichs Rolle in Europa, sowie das Bekenntnis der neuen Bundesregierung zur EU seien außer Streit gestellt, im Regierungsprogramm werde eine "klar pro-europäische Linie abgebildet", heißt es im Papier. ÖVP und FPÖ kommen damit auch einer der wichtigsten Grundbedingungen von Bundespräsident Alexander Van der Bellen nach. Aus Verhandlungskreisen war am Mittwoch auch noch zu hören, dass die Aufhebung des absoluten Rauchverbots in der Gastronomie Koalitionsbedingung der FPÖ, die pro-europäische Linie und das klare Nein zu einer etwaigen Öxit-Abstimmung indes Bedingung der ÖVP gewesen sei.

Darüber hinaus verständigten sich die beiden Parteien darauf, dass die EU-Agenden vom Außenministerium ins Bundeskanzleramt wechseln, wo eine eigen EU-Sektion entstehen soll. Auch die federführende Vorbereitung des österreichischen EU-Ratsvorsitz wechselt vom Außenministerium ins Bundeskanzleramt.

Weitere Punkte aus dem EU-Kapitel: Prüfung der Möglichkeit der Einführung von Subsidiaritätsprüfungen im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens. Entbürokratisierung auf EU-Ebene - Auslaufklausel ("Sunset Clauses") in europäischen Rechtsakten. Anwendung der "One-In-One-Out-Regel". Bei einer umfassenden europäischen Debatte über die Reform beziehungsweise Zukunft der EU wird in Österreich ein eigener EU-Konvent einberufen, um die österreichische Position zu erarbeiten.

ÖVP-FPÖ-Position zur Türkei

In Sachen Migration will die künftige Bundesregierung einen "Beitrag für einen effizienten EU-Außengrenzschutz durch Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und Frontex und Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Österreich durch Grenzraumkontrollen" leisten. ÖVP und FPÖ wollen demnach, solange der europäische Außengrenzschutz nicht gesichert ist, sämtliche Möglichkeiten nationaler Grenzschutzmaßnahmen ausloten und ergreifen.

Die ÖVP-FPÖ-Position zur Türkei: "Keine Zustimmung zu einem EU-Beitritt der Türkei. Verbündete zur Erreichung des endgültigen Abbruchs der EU-Beitrittsverhandlungen zu Gunsten eines Europäisch-Türkischen Nachbarschaftskonzeptes werden gesucht."

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Ebenfalls an die ÖVP dürften laut Stand vom Mittwoch das Finanzministerium sowie das Wirtschaftsministerium gehen. Offen ist, ob letzteres sich künftig auch des Bereichs Arbeit annimmt. Als Fixstarterin für eines der beiden Ressorts gilt die stellvertretende ÖVP-Obfrau und Casinos-Managerin Bettina Glatz-Kremsner. Das Landwirtschafts- und Umweltministerium bleibt bei der ÖVP. Amtsinhaber Andrä Rupprechter werden gute Chancen auf eine Fortsetzung seiner Ministertätigkeit gegeben.

Die ÖVP könnte darüber hinaus noch das Bildungsministerium inklusive Wissenschafts- und Universitätsagenden sowie Kindergärten erhalten. Auch das Frauenministerium könnte mit Familien- und Jugendthemen bei der ÖVP landen. Übernimmt die FPÖ das Innenministerium, dann wird letztlich auch das Justizministerium ein ÖVP-geführtes Ressort. Dies war in den Verhandlungen eine Grundbedingung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der im sensiblen Sicherheitsbereich auf die Gewaltenteilung pocht. Kurz hat Van der Bellen dem Vernehmen nach die Erfüllung dieser Forderung in die Hand versprochen.

Welche Rolle spielen Sobotka und Köstinger?

Offen ist auf ÖVP-Seite noch, ob und welche Rollen der bisherige Innenminister Wolfgang Sobotka und Nationalratspräsidentin Elisabeth Köstinger in der Regierung spielen sollen. Kurz dürfte bei der Besetzung seines Ministerteams wohl auf den Frauenanteil achten und ein einigermaßen ausgewogenes Ost-West-Verhältnis bei der Herkunft seiner Regierungsmitglieder, damit das Murren in den westlichen ÖVP-Ländern nicht zu groß wird.

Klares Bild auf FPÖ-Seite

Ein etwas klareres Bild zeichnet sich auf FPÖ-Seite ab. Parteichef Heinz-Christian Strache wird Vizekanzler. Als Innenminister ist Generalsekretär Herbert Kickl vorgesehen, als Verteidigungsminister der steirische FPÖ-Chef Mario Kunasek, falls das Ressort im Verhandlungsfinale nicht doch noch zur ÖVP wechselt. Der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer übernimmt hingegen so gut wie fix das um einige Wirtschafts- und Forschungsagenden aufgewertete Infrastruktur- und Verkehrsministerium. Ministerin für Soziales und Gesundheit könnte die ehemalige FPÖ-Abgeordnete Beate Hartinger werden. Die Nahost-Expertin Karin Kneissl dürfte das Außenministerium übernehmen.

»Das ist einmal die Startaufstellung«

Bis zum Ende des ÖVP-FPÖ-"Konklaves" Freitagnacht kann sich am kolportierten Regierungsteam freilich noch einiges ändern, wie es aus Verhandlungskreisen gegenüber der APA hieß. "Das ist einmal die Startaufstellung." Am Samstag könnten Kurz und Strache der Öffentlichkeit dann Details ihres Koalitionsabkommens präsentieren. Zugleich sollen auch die Parteigremien von ÖVP und FPÖ informiert werden und den Koalitionspakt inklusive Ministerliste absegnen. Ebenfalls am Wochenende dürfte Bundespräsident Van der Bellen dann noch jene Ministerinnen und Minister zu Gesprächen empfangen, die er noch nicht persönlich kennt. Die Angelobung der neuen Regierung könnte dann am Montag über die Bühne gehen.

Gute Noten für Van der Bellen

Der Bundespräsident bekommt von den Verhandlern für sein Agieren bisher gute Noten. Neben der Aufteilung des Innen- und Justizministeriums hat Van der Bellen laut in die Verhandlungen involvierten Personen ein klares Bekenntnis zu Europa und zur Einhaltung der Grund- und Freiheitsrechte gefordert. Im Zusammenhang mit Plänen zum Ausbau der direkten Demokratie hat er Kurz und Strache darauf hingewiesen, dass diese nicht zur Aushebelung des Parlamentarismus führen dürfen. Auch die Wichtigkeit von Digitalisierung sowie Umwelt- und Klimaschutz soll das Staatsoberhaupt bei den Verhandlern deponiert haben.

Etwaige Bedenken zur Ministerfähigkeit bestimmter Personen hat Van der Bellen laufend und pro-aktiv mit Kurz und Strache besprochen. Dies dürfte mit dazu beigetragen haben, dass mit Karin Kneissl eine Frau das Außenamt übernehmen soll, die zwar von den Freiheitlichen nominiert werde, selbst aber keine Parteikarriere hinter sich hat. Der Präsident sei um eine gute Zusammenarbeit bei den Koalitionsgesprächen bemüht und wolle Eklats à la Thomas Klestil unbedingt vermeiden, heißt es aus den Verhandlungen. Klestil hatte Schwarz-Blau I Anfang 2000 mit steinerner Miene angelobt und mehrere FPÖ-Minister offen abgelehnt.

Kommentare

So klingt das alles eh recht Vernünftig. Seit einiger Zeit lese ich auch kaum noch volksverängstigende Artikel. Vielleicht können wir ja jetzt, wo die FPÖ hat, was sie will, entlich alle wieder in Frieden zusammenleben.

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