Erste Maßnahmen
der Regierung

Blümel und Fuchs übernehmen Regierungskoordination

Die neue ÖVP-FPÖ-Regierung geht am 4. und 5. Jänner in Regierungsklausur. Zentraler Punkt: Die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge.

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Die neue Bundesregierung plant für 4. und 5. Jänner eine Regierungsklausur. Dort sollen unter anderem die Details zur Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für niedrigere Einkommen sowie weitere Vorhaben der ÖVP-FPÖ-Regierung für das neue Jahr erarbeitet werden, berichteten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) am Dienstag nach dem Ministerrat.

Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge

Die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge ist laut Kurz und Strache "erstes zentrales Vorhaben" der Koalitionspartner. "Unser Ziel ist, dass vor allem kleinen Einkommensbeziehern mehr zum Leben bleibt", sagte Kurz. Großes Ziel bleibe die Senkung der Steuer- und Abgabenquote. "Mit dieser Maßnahme bereiten wir einen ersten Schritt in diese Richtung vor."

Konkret sollen die Werte für den reduzierten Arbeitslosenversicherungsbeitrag bei niedrigen Einkommen von 1.348 Euro auf 1.948 Euro erhöht werden. Gleichzeitig sollen die Lohn- und Einkommensteuertarife angepasst werden, damit die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge nicht wechselseitig egalisiert wird. Rund 620.000 Österreicher würden davon betroffen sein, im Schnitt komme es zu einer Entlastung von 300 bis 320 Euro, so Strache. Ab Mitte nächsten Jahres soll die Neuregelung gelten. "Es ist uns ernst, wenn es um die Entlastung kleiner Einkommensbezieher geht. Wir wollen das nicht auf die lange Bank schieben", sagte der FPÖ-Chef.

Auch die Rollen in der Regierung wurden verteilt. Kanzleramtsminister Gernot Blümel auf ÖVP-Seite und Staatssekretär Hubert Fuchs auf FPÖ-Seite werden zu Regierungskoordinatoren. Die beiden sollen künftig die Koordination und "Spiegelung" der Themen zwischen den Regierungsparteien übernehmen.

Passend dazu: Norbert Hofer: "Ein Freud der ÖBB"

Nach der ersten Regierungssitzung haben ÖVP und FPÖ auch ihren neuen Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal vorgestellt. Zugleich hat man ein einheitliches und gemeinsames Erscheinungsbild (Corporate Design) der Ministerien beschlossen. Wie das aussehen wird, ist noch nicht bekannt.

Kurz und Strache informierten zunächst über erste Beschlüsse und Vorhaben und standen dann auch ausführlich für Fragen zur Verfügung. Das soll auch so bleiben. Man werde aber nicht nach jedem Ministerrat auftreten, weil auch die Fachminister und der Regierungssprecher zum Zug kommen sollen, aber regelmäßig informieren. "Dieses Weihnachtsgeschenk machen wir ihnen nicht, dass das der letzte gemeinsame Auftritt ist", versicherte Kurz.

Nachfolge Verfassungsgerichtshofpräsident

Auch die Rollen in der Regierung wurden verteilt, berichteten Kurz und Strache beim neu gestalteten Pressefoyer vor drei Österreich-, drei Europa-Flaggen und zwei mal neun Bundesländerfahnen sowie flankiert vom neuen Regierungssprecher Launsky-Tieffenthal, der von einer "großen Ehre und Verantwortung" sprach. Als Regierungskoordinatoren werden demnach Kanzleramtsminister Gernot Blümel auf ÖVP-Seite und Staatssekretär Hubert Fuchs auf FPÖ-Seite nominiert. Die beiden werden künftig die Koordination und "Spiegelung" der Themen zwischen den Regierungsparteien übernehmen.

Vorerst offen bleibt eine wichtige Personalentscheidung, die die Regierung eigentlich bis Jahresende treffen sollte. Ende des Monats scheidet nämlich Verfassungsgerichtshofpräsident Gerhart Holzinger altersbedingt aus seiner Funktion aus. "Die Nachfolge ist noch nicht entschieden. Das ist eine Aufgabe, die auf uns zukommt", so Kurz.

»Dieses Weihnachtsgeschenk machen wir ihnen nicht«

Irritationen, die das "Vorspiel" zum Ministerrat ausgelöst hatten, versuchten Kurz und Strache zu zerstreuen. Vor der Regierungssitzung entzogen sich ja die FPÖ-Minister jeglichen Journalistenfragen, während sich einige wenige ÖVP-Minister mit vorbereiteten und teils auswendig vorgetragenen Statements einstellten und auf Fragen ebenfalls nicht eingingen. Zudem wollen Kurz und Strache das Pressefoyer ja nur von Zeit zu Zeit selbst bestreiten und stattdessen Auftritte für Fachminister und den Regierungssprecher ermöglichen. "Dieses Weihnachtsgeschenk machen wir ihnen nicht, dass das der letzte gemeinsame Auftritt ist", versicherte Kurz jedoch. "Wir werden regelmäßig informieren."

Wöginger folgt Sobotka als ÖVP-Klubobmann

ÖAAB-Obmann August Wöginger ist am Dienstag vom ÖVP-Parlamentsklub einstimmig zum neuen Klubobmann gewählt worden. Der bisherige Innenminister Wolfgang Sobotka wurde mit 94,7 Prozent der Stimmen für das Amt des Nationalratspräsidenten nominiert.

Wöginger feiert in der Nationalratssitzung am Mittwoch sein 15-jähriges Jubiläum als Nationalratsabgeordneter. Er sei mit "Leib und Seele Parlamentarier", erklärte der Oberösterreicher nach seiner Wahl im Klub in einer Aussendung. Er übernimmt das Amt von Bundeskanzler Sebastian Kurz, der den ÖVP-Parlamentsklub für die Dauer der Regierungsbildung interimistisch geleitet hatte. Wöginger war in dieser Zeit bereits geschäftsführender Klubobmann. In der vorigen Legislaturperiode hatte Reinhold Lopatka den ÖVP-Klub geführt.

Die Wahl Sobotkas zum Nationalratspräsidenten soll am Mittwoch in der Sitzung des Nationalrates erfolgen. Sie ist durch die Ernennung von Elisabeth Köstinger zur Landwirtschafts- und Umweltministerin notwendig geworden.

Gudenus und Rosenkranz FPÖ-Klubobmänner

Johann Gudenus und Walter Rosenkranz stellen das neue Führungsduo im blauen Parlamentsklub. In der Klubsitzung am Dienstagabend wurde Gudenus, der aus dem Wiener Landtag in den Nationalrat wechselt, zum geschäftsführenden Klubobmann bestellt, Rosenkranz zum Klubobmann. Für das Amt der Dritten Nationalratspräsidentin nominiert wurde wie erwartet die Abgeordnete Anneliese Kitzmüller.

Der bisherige freiheitliche Wiener Vizebürgermeister Gudenus wird sich die Führungsarbeit mit dem langjährigen Abgeordnete Rosenkranz aufteilen, erklärte der bisherige Klubobmann Heinz-Christian Strache, der sich mit den Personalentscheidungen ausgesprochen zufrieden zeigte, nach Ende der Sitzung gegenüber der APA. Die Wahl war auf dem Vorschlag des ins Vizekanzleramt gewechselten Parteichefs erfolgt. Erfreut gab sich auch Gudenus nach seiner Kür. Es habe sich um eine einstimmige Wahl gehandelt. Die Stimmung im Klub sei "sehr gut", sagte er.

Kitzmüller soll 3. Nationalratspräsidentin werden

Die Weichen gestellt wurden auch für die Nachfolge des Dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer, dessen Amt nach seinem Wechsel als Minister ins Infrastrukturministerium vakant geworden war. Der FP-Klub nominierte für die Wahl die freiheitliche Abgeordnete Anneliese Kitzmüller. Die Abgeordnete war eine der federführenden Verhandlerinnen der neuen Koalition mit der ÖVP gewesen.

Parteichef Strache dankte dem Parlamentsklub laut Aussendung für die "unglaubliche Unterstützung in den letzten Jahren". Gudenus sprach demnach in der Sitzung von einem "bewegenden Moment". Es seien "verdammt große Fußstapfen, in die ich hier trete", sagte er vor den Klubmitgliedern.

Erste Reise als Kanzler führt Kurz nach Brüssel

Sebastian Kurz führte seine erste Auslandsreise als Bundeskanzler am Dienstagabend nach Brüssel. Sein Vorgänger als Kanzler, SPÖ-Chef Christian Kern, fuhr nach seinem Amtsantritt zu einem Treffen der sozialistischen und sozialdemokratischen Staats- und Regierungschefs Europas nach Rom. Kern nahm eine Einladung des damaligen italienischen Regierungschefs Matteo Renzi wahr.

Der Neo-Bundeskanzler hat seinen Besuchsreigen in Brüssel mit einer Visite bei EU-Ratspräsident Donald Tusk gestartet. Tusk erklärte, er habe Vertrauen in Kurz. Nach dem Eintreffen des österreichischen Regierungschefs im Gebäude des EU-Ministerrates zogen sich Tusk und Kurz zu einem Vier-Augen-Gespräch zurück. Kurz sollte zudem mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zusammentreffen. Danach war eine Pressekonferenz von Kurz, Juncker und EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn angesetzt.

Vor seinem Flug nach Brüssel twitterte Kurz, dass "die neue Bundesregierung klar proeuropäisch ausgerichtet" sei. Daher führe ihn seine erste Auslandsreise als Kanzler nach Brüssel, wo er neben Tusk und Juncker Mittwoch früh auch mit EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani zusammentreffen wird.

Traditionell führte die erste Auslandsreise Österreichs neu gewählte Bundeskanzler in die Schweiz. So reiste Werner Faymann (SPÖ) als neuer Bundeskanzler zu Wirtschafts-und Finanzgesprächen in das Nachbarland. Auch Wolfgang Schüssel (ÖVP) führte die erste Auslandsreise als Bundeskanzler der ersten schwarz-blauen Regierung in die Eidgenossenschaft. Allerdings blieb Schüssel nach den Sanktionen der 14 anderen damaligen EU-Mitglieder im Jahr 2000 eine Reise in ein EU-Nachbarland versagt.

Start von Meldungen aus Israel überschattet

Überschattet wurde der Start von Schwarz-Türkis-Blau nur durch Meldungen aus Israel, wonach die dortige Regierung mit FPÖ-Ministern vorerst keinen direkten Kontakt pflegen werde. Dies soll so lange gelten, bis die israelische Regierung für sich geklärt hat, wie man künftig mit rechtspopulistischen Parteien wie der FPÖ umgehen werde. Davon betroffen ist auch Außenministerin Karin Kneissl, die zwar parteilos ist, aber auf einem FPÖ-Ticket in der Regierung sitzt. Sie wollte dazu am Dienstag beim Ministerrat keinen Kommentar abgeben.

Kritik von Oppositionsparteien

Die Kritik an verschiedenen Vorhaben der Regierung ging unterdessen am Dienstag weiter: Die SPÖ kritisierte die geplante Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge und sprach von "Wählertäuschung", weil die wirklich niedrigen Einkommen nichts von dieser Regelung hätten. Der Wiener Bürgermeister und SPÖ-Chef Michael Häupl kritisierte den "lupenreinen Sozialabbau". Die NEOS monierten neuerlich, dass Kanzler Kurz zuerst in Brüssel vorstellig wird und erst danach am Mittwochnachmittag vor die Abgeordneten im österreichischen Parlament tritt. Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) erwartet sich von der Bundesregierung Spielräume der Länder bei der Mindestsicherung.

SPÖ stellt Weichen für die Zukunft

Die SPÖ stellte unterdessen die Weichen, um ihre Kampagnenfähigkeit in der Opposition wiederherzustellen. Neben dem neuen Bundesgeschäftsführer Max Lercher wird der bisherige SPD-Landesgeschäftsführer in Niedersachsen, Georg Brockmeyer, neuer Kommunikationschef der SPÖ. In der ÖVP wurde August Wöginger fix zum neuen Klubobmann im Parlament gewählt und Wolfgang Sobotka für das Amt des Nationalratspräsidenten nominiert. Auch bei der FPÖ stehen Entscheidungen an. Die Salzburger FPÖ-Chefin Marlene Svazek dürfte neue Generalsekretärin werden. Johann Gudenus und Walter Rosenkranz sollen den Klub übernehmen, Anneliese Kitzmüller als Dritte Nationalratspräsidentin nominiert werden.

Kommentare

Häupl interessiert keinen mehr und Israel soll zuerst den eigenen Mist aufkehren, der schon Jahrzehnte lang herumliegt!!!

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