Knalleffekt bei Babymord-Prozess in Graz:
Lebensgefährte von neuem Zeugen belastet!

Wusste er von Schwangerschaften der Angeklagten? Erster Prozess-Tag: Grazerin bekannte sich schuldig

Zunächst wurde Johannes G. einvernommen. Er betonte unausgesetzt, er habe von keiner der Schwangerschaften etwas bemerkt. Nicht einmal der Milchfluss aus der Brust der Frau ließ ihn stutzig werden. "Sie hat gesagt, das liegt an den Hormonen", so seine Erklärung. Er gab allerdings zu, dass er mehrmals zu ihr gesagt hatte: "Wennst ein Kind kriegst, kannst Dich schleichen." Ansonsten habe er mit ihr eine "gute Beziehung gehabt". "Wie können Sie von einer Beziehung reden? Sie hat nur gearbeitet und den Mund gehalten", warf Staatsanwalt Johannes Winklhofer ein.

Beim ersten Kind von Gertraud A., dessen Leiche nicht gefunden wurde, wollen Nachbarinnen sehr wohl die Schwangerschaft bemerkt haben. "Wir hatten damals fast jeden Tag Sex, aber ich habe nichts gesehen", beharrte der Beschuldigte auf seinen Angaben. "Vielleicht haben Sie das verdrängt?", mutmaßte Richter Karl Buchgraber. "Ich hab' in meinem ganzen Leben nichts verdrängt", so der 39-Jährige.

Richter überrascht mit neuem Belastungszeugen
Einen Knalleffekt gab es dann, als der Richter die Aussage eines Überraschungszeugen ankündigte. So soll der 39-Jährige Lebensgefährte von den Schwangerschaften und den Tötungen der Säuglinge gewusst haben. Das alles hätte er während eines Spazierganges in der U-Haft einem Mithäftling erzählt. "Der lügt! Das ist alles eine Verschwörung", sagte der Mitangeklagte.

"Ich habe nie mit jemandem darüber gesprochen", rechtfertigte sich der Beschuldigte. "Ich konnte ja gar nichts erzählen, weil ich ja gar nichts weiß. Mit solchen Mitteln wird hier also gearbeitet. Das ist die größte Lüge, die ich jemals gehört habe. Alles erstunken und erlogen", erklärte der Lebensgefährte von Gertraud A.

Der Häftling wurde als Zeuge geladen. Er hatte - das ergab eine Überprüfung der Unterlagen - tatsächlich gleichzeitig mit G. Hofgang gehabt. "Am Anfang hab' ich gar nicht gewusst, warum er hier ist", schilderte der Anstaltsinsasse. "Er hat erzählt, er hätte von den Schwangerschaften gewusst, es war auch von Abtreibung die Rede, weil er keine Kinder wollte", gab er an. "Ich habe mit diesem Menschen nie gesprochen", entgegnete G. empört.

Fall um Babymorde sorgte 2005 für viel Aufsehen
Im Sommer 2005 hatte der Fall für sehr viel Aufsehen gesorgt, als in Graz-Gösting vier Babyleichen auftauchten. Gertraud A. wird beschuldigt, diese Kinder sowie ein fünftes, dessen Leiche nicht gefunden wurde, nach der Geburt getötet zu haben. Anschließend soll sie zwei Babys in Malerkübeln einbetoniert und zwei in die Tiefkühltruhe gelegt haben.

"Es waren logische, mit eisiger Konsequenz durchgeführte Handlungen", stellte Staatsanwalt Johannes Winklhofer in seinem Eröffnungsplädoyer fest. Er betonte, dass Gertraud A. in allen Fällen offenbar schon lange vor der Geburt vorgehabt habe, die Babys zu töten, da sie ihren Freund nicht verlieren wollte. Ihr Lebensgefährte, der bis heute noch mit einer anderen Frau verheiratet ist, hatte - so der Staatsanwalt - immer gedroht: "Wenn Du ein Kind bekommst, kannst Dich schleichen." Den Angaben des mitangeklagten Freundes schenkte der Staatsanwalt keinen Glauben. "Der Mann, mit dem sie dauernd ins Bett geht, will nichts bemerkt haben?", zweifelte er. Für ihn sei Johannes G. "genauso ein Mörder wie sie".

Verteidigung: "Sie ist keine grausame Mörderin"
"Meine Mandantin hat furchtbare Dinge getan, aber sie ist keine gefühlskalte, grausame Mörderin", sagte der Verteidiger von Gertraud A., Andreas Berchtold. Sie habe sich bei den Geburten in einem "psychischen Ausnahmezustand" befunden. Sie erinnere sich an Vorgänge in ihrem Körper, habe die Schwangerschaften aber "von der Psyche her verdrängt".

Angeklagte bekannte sich schuldig
"Ich fühle mich schuldig, meine vier Kinder getötet zu haben", flüsterte die Angeklagte zu Beginn ihrer Einvernahme unter Tränen. Dann ergänzte sie: "Es war aber nicht bewusst. Jede Minute denke ich daran, wie das passieren konnte." Sie gab an, die Schwangerschaften zwar bemerkt zu haben, sich an die Geburten jedoch kaum erinnern zu können. Außerdem habe sie mit dem Gedanken gespielt, die Kinder in die Babyklappe zu legen. (apa/red)