Kinsky sagte doch im BAWAG-Prozess aus:
Elsner-Schwiegersohn bekam Job von Flöttl

Ein-Mann-Firma für Flöttls früheren Mitarbeiter Prance Rätseln über Londoner Mietvertrag in BAWAG-Akten

Peinlichst genau untersucht wurde am 103. Verhandlungstag im BAWAG-Prozess der Londoner Job des Schwiegersohns von Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner. Der überraschend in den Zeugenstand gerufene Karl Kinsky (39) sagte aus, Wolfgang Flöttl habe ihm Anfang 2000 einen Job in London vermittelt. Flöttl nannte Elsner als treibende Kraft, außerdem habe er, Flöttl, Kinskys Gehalt gezahlt. Ganz anders die Darstellung Elsners: Er habe von Flöttls Job-Vermittlung gar nichts gewusst und sei überhaupt gegen die Vermischung von Geschäftlichem und Privatem: "Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps".

Kinsky sagte doch im BAWAG-Prozess aus:
Elsner-Schwiegersohn bekam Job von Flöttl

"Elsner kam zu mir und sagte, heuere meinen Schwiegersohn", sagte Flöttl. Einen Job in Wien habe Elsner nicht akzeptiert, so habe er Kinsky bei der Firma CMFS seines Ex-Mitarbeiters David Prance in Großbritannien untergebracht und diesem, seinem früheren Buchhalter, die Kosten "kompensiert": Der Spekulant gab an, er habe das Gehalt für Kinsky und die Büromiete in London gezahlt - Kinsky versicherte, er habe davon nichts gewusst. Sein Gehalt in Höhe von über 100.000 Pfund (126.080 Euro) jährlich brutto habe er von der Firma CMFS erhalten. Mit Flöttl - einem engen Freund seines Schwiegervaters - sei er seit 1994 in Kontakt, man kenne sich von gemeinsamen Urlauben.

Von Anfang 2000 bis etwa Februar 2003 war Elsners Schwiegersohn in London beschäftigt. Die Flöttl'sche Jobvermittlung fiel also in die Phase nach dem ersten großen Verlust der BAWAG mit Flöttl und vor dem zweiten. Von den Verlusten im Herbst 1998 habe er nichts gewusst, auch nichts von den UniBonds, den neuen Veranlagungen der BAWAG bei Flöttl, beteuerte Kinsky. Auch die UniBond-Millionen gingen Ende 2000 verloren, Er habe als einziger Mitarbeiter von Prance in einem Londoner Büro Aufbauarbeit für Merger Arbitrage-Beratung geleistet und Analysen erstellt, aber nicht für Flöttl gearbeitet. Der Übernahmemarkt sei nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zusammengebrochen, daher sei er Anfang 2003 wieder nach Österreich zurückgekehrt. Warum Flöttl seine Gehaltsbestätigungen dem Gericht vorlegen konnte, wisse er nicht, ebenso habe er keinen Kontakt mehr zu David Prance.

"Nicht vermittelbar"
Kinsky sei zwar ein "g'scheiter Bursch", er habe aber nur einen MBA der amerikanischen Webster Universität in Wien und sei in London "nicht vermittelbar" gewesen, so habe er ihn über die Firma seines Ex-Mitarbeiters anstellen lassen, sagte Flöttl. Auch ein Praktikum bei Lehman Brothers habe Kinsky nur auf seine Intervention hin erhalten. Das wiederum brachte Elsner in Rage, der die Qualifikation und die Fähigkeiten seines Schwiegersohns lobte.

Über den eigentlichen Anlass zur Debatte, den Londoner Mietvertrag von Karl und Marie-Therese Kinsky, wurde nichts Neues bekannt: Er habe sich die Miete selbst bezahlt, betonte Kinsky. Flöttl versicherte, dem Elsner-Schwiegersohn zwar Gehalt und Bürokosten, aber nicht die Miete finanziert zu haben. Der Mietvertrag war im Gerichtsakt in den Ordnern zu den Sondergeschäften der BAWAG mit Flöttl gefunden worden. "Ich hätte es strikt abgelehnt, dass jemand von meiner Familie privat für Flöttl tätig ist", sagte Elsner. Nach dem großen Verlust Ende 2000 hätte er jedenfalls auf einer sofortigen Rückkehr seines Schwiegersohns aus London bestanden, wenn er von einer Flöttl-Verbindung gewusst hätte.

Abschied mit Handschlag
Am Rande des Prozesses wunderten sich Beobachter, dass die ganze Angelegenheit so breit erörtert wurde. Andere Zeugen seien vom Gericht nicht so hart befragt worden, hieß es. Kinsky hätte als Angehöriger eines Angeklagten aber auch die Aussage verweigern können, von diesem Recht machte er nicht Gebrauch. Zum Abschluss verabschiedete er sich mit Handschlag von seinem Schwiegervater.

Der Fragenmarathon mit Gutachter Fritz Kleiner ging weiter. Die Hitze im Gerichtssaal erinnerte auch Richterin Claudia Bandion-Ortner an den Prozessbeginn im Juli 2007: "Alle Jahreszeiten möchte ich nicht noch einmal erleben", sagte sie.
(apa/red)