Kinderbetreuung: Mehr
Geld und Kopftuchverbot

Einigung zum weiteren Ausbau erzielt - Länder zahlen mehr

Die Verhandler von Bund und Ländern haben eine Einigung zum weiteren Ausbau der Kinderbetreuung in Österreich erzielt. Eckpunkte sind, dass der Bundesbeitrag in den kommenden vier Jahren nun doch nicht reduziert wird, die Länder mehr zahlen und ein Kopftuchverbot kommt. Verkündet wurde das in einem Kindergarten in Fischamend. Ein fertiges Papier gab es dabei noch nicht.

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Kindergarten - Kinderbetreuung: Mehr
Geld und Kopftuchverbot

Von Bundesseite waren Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Hein-Christian Strache (FPÖ) und als Hauptverhandlerin Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) angetreten, um das Ergebnis zu verkünden, von Landesseite Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP).

Letztere hatte gemeinsam mit ihrem Salzburger Parteikollegen Wilfried Haslauer die Länderinteressen in den langwierigen Verhandlungen vertreten. Das Ergebnis: Nachdem der Bund nur mehr 110 Mio. Euro zur Verfügung stellen wollte, sind es nun doch 142,5. Die Länder zahlen künftig 38 Mio. Euro pro Jahr (rund zehn Mio. mehr als bisher) für den Ausbau für Kinderbetreuung, der sprachlichen Frühförderung und für das verpflichtende letzte Kindergartenjahr.

Mehr Sprachförderung, mehr Angebot für Unter-Dreijährige und längere Öffnungszeiten

Statt drei soll es in Hinkunft nur noch eine einzige all dies einschließende 15a-Vereinbarung von Bund und Ländern geben. Der Fokus liegt auf mehr Sprachförderung, dem Ausbau des Angebots für Unter-Dreijährige und der Erweiterung der Öffnungszeiten gemäß dem Vereinbarkeitsindikator für Familie und Beruf (VIF), wie Bogner Strauß erklärte. Ziel sind demnach mindestens 45 Wochenstunden Öffnung und 47 geöffnete Wochen pro Jahr. Jedes Jahr soll zumindest ein zusätzliches Prozent der Kindergärten dies erfüllen, über die vier Jahre Laufzeit gesehen insgesamt sechs Prozent.

Von den Geldern fließen jährlich 70 Mio. Euro in den Gratiskindergarten, knapp 30 Mio. Euro in die Sprachförderung. Der Rest verteilt sich auf die anderen Maßnahmen.

Kopftuchverbot zum "Schutz der Mädchen"

Auch das Kopftuchverbot wird kommen, wie Strache unterstrich. Es gehe dabei um den Schutz der Mädchen, es sei dies "kein Eingriff in irgendeine Religion". Der Bund soll künftig über einen Wertekatalog Vorgaben machen, die Länder müssen diesen umsetzen und auf die Einhaltung achten. Als Konsequenz droht Einrichtungen, die sich nicht daran halten, der Entzug von Fördermitteln, sagte Kurz.

Noch kein fixes Papier

Zu sehen bekam man die Vereinbarung bei der Pressekonferenz nicht. Die Unterlagen seien vom Familienministerium gerade erst an alle Länder verschickt worden, erklärte Mikl-Leitner. Mit dem Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz, dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) habe sie bereits gesprochen. Er habe laut Mikl-Leitner unter dem Vorbehalt, sich die Details noch anschauen zu wollen, seine Zustimmung gegeben.

Dass der Bund ebenso wie die Länder nun mehr als angenommen für den Kinderbetreuungsausbau zahlen muss, ist nach Angaben beider Seiten durchaus machbar. Man habe sich bei der Budgeterstellung bestimmte Spielräume einbehalten, sagte Kanzler Sebastian Kurz. Ähnlich äußerte sich Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.

Mit einer gewissen politischen Erfahrung sei es nicht überraschend, dass die Bundeszahlung gleich bleibe, so der Bundeskanzler. Erfreulich sei aber, dass es nun mehr Geld von den Ländern gebe: "Das ist ein schöner Erfolg für die Kinder und alle Beteiligten. Wo das Geld genau herkommt, ist glaube ich für die Steuerzahler relativ egal."

Hier zu investieren, sei Gebot der Stunde, ergänzte Mikl-Leitner. "Es ist jedem bewusst, dass Familienpolitik auch Standortpolitik ist", schilderte sie die Länderperspektive. Für derart wichtige Investitionen verfügten auch diese über einen gewissen finanziellen Spielraum.

"Freudentag für unsere Familien"

Bei der Präsentation des Verhandlungsergebnisses herrschte ansonsten Hochstimmung vor. Mikl-Leitner sprach von einem "Freudentag für unsere Familien", Familienministerin Juliane Bogner-Strauß von "großartigen Verhandlungen", auch wenn sie steinig gewesen seien. Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) ortete einen "schönen, wichtigen Erfolg", Kurz einen "guten Tag für die Kinder und Familien".

Wien urgiert Verhandlungen

Wien beklagt, dass in Sachen Kinderbetreuung keine Verhandlungen auf politischer Ebene stattgefunden haben. Die Länder hätten in ihrer Stellungnahme zum ersten Entwurf im Juli auf eine Reihe von problematischen Punkten hingewiesen und eine dringende Abstimmung zwischen Bund und Ländern gefordert. Das sei "eigentlich üblich", befand der zuständige Stadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ).

"Das ist schlechter Stil"

"Die Vorgangsweise des Bundes war aber eine des Verzögerns und nun wird medial ein Entwurf präsentiert, der nie verhandelt wurde. Das ist schlechter Stil und tut der Lösung nicht gut", kritisierte der Ressortchef in einer Aussendung. Immerhin habe der Bund nun von einer Junktimierung der Kinderbetreuung mit der Landeslehrer-Controlling-Verordnung Abstand genommen.

"Dass es nun doch keine Kürzung der Mittel für den Ausbau der Kinderbetreuung durch den Bund gibt, ist grundsätzlich ok, aber der Bund investiert hier keinen Cent mehr. Dabei müsste angesichts des 12-Stunden-Tages eigentlich deutlich mehr Geld in die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fließen", hielt er weiters fest.

Wien werde sich mit dem nun vorliegenden Entwurf sorgfältig auseinandersetzen und wie bisher mit anderen Bundesländern abstimmen: "Wir bleiben aber bei der Forderung nach politischer Abstimmung. Gute Lösungen kommen durchs Reden zustande, nicht durch Tricksen."

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