"Kinder schützen": Neue Kampagne gegen Gewalt an Kindern

Kinderschutzzentren machen mit Kino-Spots auf körperliche und psychische Gewaltmaßnahmen und deren Folgen aufmerksam

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Seit fast 30 Jahren ist Gewalt in der Erziehung in Österreich gesetzlich verboten. Immerhin 90 Prozent der Eltern in Österreich geben an, eine gewaltfreie Erziehung umsetzen zu wollen, informierten die Kinderschutzzentren zum Kampagnenstart. Mehr als die Hälfte der Erziehungsberechtigten scheint jedoch nicht ohne körperliche Bestrafung auszukommen.

Abseits der "schrecklichen Geschichten", auf die sich Medien oft konzentrieren, wolle die Kampagne "Kinder schützen" auf die Angebote der Kinderschutzzentren aufmerksam machen. Ab Freitag laufen die Spots österreichweit in den Kinos, im November sind sie zusätzlich auf den Info-Screens in ÖBB-Zügen und den Wiener Linien zu sehen. Drei Themen stehen dabei im Vordergrund: häusliche Gewalt, Gewalt in der Erziehung und sexualisierte Gewalt an Kindern.

Auch wenn körperliche Gewalt heute meist keine "geplante Erziehungsmaßnahme" mehr sei, erläuterte Martina Wolf, Geschäftsführerin des Bundesverbands der Kinderschutzzentren, "passiere" sie - etwa aus Überforderung. Und auch bewusst eingesetzte psychische Gewaltmaßnahmen wie Drohungen, Beschimpfungen oder Liebesentzug haben massive, nachhaltig schädigende Auswirkungen für Kinder. Zum Teil werde psychische Gewalt auch in Institutionen wie Schulen und Kindergärten angewendet, kritisierte Wolf. Starke Verlustängste der Kinder, (auto-)aggressives Verhalten, Angststörungen oder Sprachschwierigkeiten bilden nur einen Teil der möglichen Folgen.

Ebenso schlimm wie selbst erfahrene Gewalt sei miterlebte Gewalt innerhalb der Familie, hielt Adele Lassenberger, Psychologin und Vorsitzende des Bundesverbands der Kinderschutzzentren, fest. Die Kinder fühlen sich den - mitunter lebensbedrohlichen - Auseinandersetzungen der Eltern gegenüber ausgeliefert und hilflos. Sie sorgen sich um jene Personen, die ihnen Schutz geben sollen, für ihre eigenen Bedürfnisse ist hingegen kein Platz. Die schwerwiegenden Symptome dieser Erfahrungen zeigen sich häufig erst später, schilderte Lassenberger. Besonders wichtig sei hier die Kooperation der Kinderschutzzentren mit Frauen- und Männerberatungsstellen sowie die Zusammenarbeit mit den Eltern.

Sexualisierte Gewalt erlebe nach Schätzungen jedes zehnte Kind. Doch nur eines von diesen zehn schaffe es, sich jemandem anzuvertrauen bzw. sich Hilfe zu holen, so Psychologe Holger Eich, Mitbegründer des Kinderschutzzentrums Wien. In diesem Zusammenhang bieten die Kinderschutzzentren u. a. Gespräche für Eltern zu einer Bewertung des Verhaltens der Kinder sowie psychosoziale Prozessbegleitung an.

Primäre Aufgabe der Kinderschutzzentren ist das Angebot von Beratung, Krisenintervention und Psychotherapie in Fällen von Gewalt (oder entsprechendem Verdacht) an Kindern und Jugendlichen. Darüber hinaus wird oft Erziehungs- und Familienberatung, Prozessbegleitung, Besuchsbegleitung und Kinderbeistand angeboten. Die knapp 30 Kinderschutzzentren in Österreich sind seit 2011 über den Bundesverband vernetzt, der als Interessenvertretung mit Sitz in Wien agiert.

(S E R V I C E - Infos zur Kampagne: www.kinderschuetzen.at)

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