Reise-Tipp: Auszeit im Kellerstöckl

Wer in einem Kellerstöckl im Südburgenland urlaubt, bucht die Abgeschiedenheit in der Regel gleich mit. Nicht nur deshalb sind die Minihäuser mit eigenem Weinkeller als Rückzugsort für das Wochenende begehrt.

von Kellerstöckl © Bild: Burgenland Tourismus/Andreas Hafenscher

Vermieter Stephan hatte es schon bei der Buchung prophezeit: "Rufen Sie an, wenn Sie da sind. Sonst finden Sie das Haus nicht. Auch das Navi wird Ihnen nicht weiterhelfen." Er sollte Recht behalten. Also greift man spätestens nach dem dritten Versuch, sich in dem winzigen Ort im Nirgendwo zwischen Kirche, Feuerwehrhaus und Gasthof zu orientieren, zum Handy, fährt auf Anweisung beim Marterl die Straße runter und ein paar Meter weiter links den winzigen Schotterweg zwischen den Weinreben am Wintner Berg wieder rauf: Willkommen in der Weingarten-Lodge.

Ferienhaus im Miniaturformat

Umgeben von Weingärten und Streuobstwiesen steht hier im Südburgenland und mitten des kleinsten Weinbaugebietes des Burgenlandes ein Kellerstöckl wie aus dem Bilderbuch. Einst ein Rückzugsort für die Arbeiter im Weingarten, haben Pressraum, Stube und Flaschenlager längst eine neue Bestimmung und sind heute Wohn-, Schlaf-und Badezimmer für ruhesuchende Großstädter.

Kellerstöckl
© Kathrin Gulnerits

Gut bestückter Weinkeller

Ein Ferienhaus im Miniaturformat mit kleinen und großen, erwartbaren und netten Annehmlichkeiten: Badewanne, Schwedenofen, Doppelbett und Schlafcouch, ein winziger Kleiderkasten, Esstisch und Schaukelstuhl sowie Küchenzeile mit Mini-Geschirrspüler. Es gibt eine Dusche neben den Weinreben und eine Hängematte, die zwischen den alten Kirschbäumen auf der weitläufigen Wiese hinter dem Haus in der untergehenden Abendsonne schaukelt. Auch ein Weinkeller, gut bestückt mit Uhudler-Frizzante und Weinen aus der Umgebung, gehört zum Urlaubsglück. Der riesige Schlüssel dafür liegt neben dem Krug mit den frisch gepflückten Wiesenblumen auf dem Esstisch parat. Die Nachbarn sind weit weg (oder jedenfalls nie da), und die Ruhe ist himmlisch. Der Kurzurlaub kann beginnen.

Einst 30, heute 100 Kellerstöckln

Mehr als 1.000 Kellerstöckln gibt es zwischen Rechnitz und Heiligenbrunn. Etwa 100 werden derzeit für touristische Zwecke genutzt. Zu wenige, um die steigende Nachfrage abzudecken. "Begonnen haben wir mit 30 Kellerstöckln. Ein Geheimtipp für einen besonderen Urlaub sind sie noch immer. Mittlerweile sind sie halt ein größerer Geheimtipp", sagt Tourismusmanager Harald Popofsits, der bis zu 300 Mietobjekte für realistisch hält. "Damit sind wir noch weit weg vom Massentourismus." Von ganzen Kellerstöckl-Dörfern in Anlehnung an diverse Chaletdörfer in den Alpen will man hier im Südburgenland jedenfalls nichts wissen.

Das Gros der Unterkünfte wird über den Ferienhaus-Anbieter Novasol abgewickelt, der sogar eigens einen Katalog mit den begehrten Kellerstöckln aufgelegt hat und für die privaten Vermieter Vermarktung, Buchung, Abrechnung und Gästebetreuung abwickelt. Im Angebot sind Kellerstöckln mit gestampften Lehmboden und klassischem Strohdach, wie sie vor allem in der Bilderbuch-Kellergasse in Heiligenbrunn zu finden sind, genauso wie die moderne Interpretation der Winzerhäuser mit freistehender Badewanne, Infrarotkabine und Hot Tube. "Wir haben alles - von null Sterne bis sechs Sterne. Teilweise ist das ein besonderes Wohnerlebnis", sagt Popofsits. "Man muss dem Gast vorher sagen, was ihn da erwartet. Gerade im Sommer kann in einem Haus mit Strohdach Leben im Dach sein."

Kellerstöckl
© Kathrin Gulnerits

Ab 360 Euro Wochenmiete

Je nach Lage, Größe und Ausstattung liegen die Mietpreise pro Woche zwischen 360 Euro und 1.500 Euro. Während die meisten Kellerstöckln oft nicht mehr als 40 Quadratmeter groß sind, bieten einzelne Objekte Platz auf bis zu 100 Quadratmetern, verteilt auf mehrere Stockwerke. Geänderte Bauvorschriften für Neubauten erlauben mittlerweile mehr räumliche Großzügigkeit. Strenge Vorschriften gelten hingegen beim Drumherum. Der Anblick von vorne ist gesetzt: Giebeldach, zwei Fenster und ein Weinkeller. Thujenhecken, Waschbetonplatten oder Gartenzäune sind tabu. Genauso wie Carports, Swimmingpools oder gar Klimageräte am Dach. Eigene Rebflächen in Kellernähe sind ohnehin Grundvoraussetzung für einen Neubau. "Natürlich gibt es auch Architekten, die ein bisschen kreativer nachgedacht haben", sagt Popofsits. "Aber böse Auswüchse mit Glasverbauten gibt es bei uns nicht." Ein authentischer Urlaub eben. Einzigartig und ehrlich. So soll es sein -und so soll es auch bleiben.