Kanzler-"Sommergespräch"
sorgt für Wirbel

Moderator Leitner soll mit Kern gemeinsam geurlaubt haben - "Unwahre Behauptungen"

Mit sehr scharfer Kritik reagiert der ORF-Redakteursrat auf die Vorwürfe der ÖVP gegen "Sommergespräche"-Moderator Tarek Leitner.

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Keine "Urlaubsstimmung" - Kanzler-"Sommergespräch"
sorgt für Wirbel

Am Montag werden die ORF-"Sommergespräche" abgeschlossen und noch selten hat es schon vor einem Interview so viel Missstimmung gegeben. Die ÖVP hält nämlich Moderator Tarek Leitner vor, mit SPÖ-Chef Christian Kern selbst in dessen Zeit als Kanzler geurlaubt zu haben. Dies wird freilich von allen Beteiligten bestritten, was nun ÖVP-Mandatar Efgani Dönmez ins Schussfeld bringt.

Der von den Grünen auf die Liste der Volkspartei gewechselte Dönmez hatte am Samstag einen gemeinsamen Ibiza-Urlaub Leitners mit Kern ausgegraben, der freilich schon längst bekannt war. Nach Darstellung des ORF-Moderators waren mehrere Familien im Jahr 2015 gemeinsam in den Ferien, da seine Tochter mit jener des damaligen ÖBB-Chefs Kern befreundet war.

Kommentar zu diesem Thema: Mehr Distanz, bitte!

Nun legte jedoch Dönmez in den Sonntagsmedien nach und behauptete in "Kurier" und "Österreich", dass die beiden auch im Herbst 2016, also zu einer Zeit, wo Kern schon SPÖ-Vorsitzender und Regierungschef war, gemeinsam in Marokko auf Urlaub gewesen. Dies wird freilich von allen Beteiligten abgestritten.

»Bewusstes und absichtliches Anpatzen«

Der ORF-Redakteursrat sieht keinen Grund, an Leitners Angaben zu zweifeln und reagiert entsprechend entrüstet auf die Behauptungen von Dönmez. Das Gremium erkennt "ein bewusstes und absichtliches Anpatzen mit dem Zweck, einen ORF-Journalisten vor einem wichtigen Interview einzuschüchtern". Dönmez schädige bewusst die journalistische Glaubwürdigkeit des ORF-Mitarbeiters. Dabei beweise Leitner seit vielen Jahren in seiner Funktion als ORF-Moderator, dass er parteipolitisch unabhängig und objektiv sei.

Auch bei den NEOS sorgt das Vorgehen des ÖVP-Neuzugangs für Unmut. Generalsekretär Nikola Donig sieht schon eine "Dönmez-Gate". Die ÖVP forderte er auf, entweder umgehend Beleg oder Quelle der Vorwürfe offen zu legen "oder die Konsequenzen beim Listen-Fünften Dönmez zu ziehen".

Wenig überraschend zeigte sich auch die SPÖ schockiert. Jetzt erfinde die ÖVP schon Urlaube, um die SPÖ und Bundeskanzler Kern anzupatzen, gab sich SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler betroffen. Er frage sich, ob es der neue Stil der ÖVP sei, Diffamierungen und Unwahrheiten zu verbreiten und dann zu schweigen. Damit bezog er sich auch auf die Behauptung von Parteichef Sebastian Kurz, dass der Industrielle Hans-Peter Haselsteiner die SPÖ mit 100.000 Euro unterstützt habe.

In letzerer Angelegenheit hat die SPÖ Kurz ja sogar geklagt, da dieser die im "Sommergespräch" getätigten Vorwürfe seither weder bewiesen noch dementiert hat. Die rechtlichen Schritte kommen freilich nicht in der ganzen Partei so gut an. Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) meinte am Sonntag in der "Krone": "Das muss man politisch austragen. Ich halte von solchen Klagen nicht so viel."

Dönmez stellt klar - aber bleibt bei Kritik

Dönmez bleibt dennoch bei seiner Haltung, wie er gegenüber der APA erklärte, und weist seinerseits die Kritik an seinem Vorgehen von sich. Er wolle auch die Integrität Leitners nicht infrage stellen. "SPÖ-Geschäftsführer Niedermühlbichler bestätigt heute in der 'Presse', dass es einen gemeinsamen Familienurlaub in Marokko der Familien Leitner und Kern gegeben hat. Nur habe Christian Kern selbst daran nicht teilgenommen", so Dönmez.

"Ich betone dazu nochmals: Es ist völlig in Ordnung, wenn die Familien von Christian Kern und Tarek Leitner befreundet sind und gemeinsam auf Urlaub waren, egal wann und wo. Ob die Familien gemeinsam 2015 in Ibiza in San José auf einer Finca waren, ob sie 2016 nochmals waren nur ohne Tarek Leitner, oder in Marokko im Herbst ohne Christian Kern oder sonst irgendwo. Und es ist auch nicht ausschlaggebend, wie lange sie sich kennen und ob ihre Kinder gemeinsam in eine Schule gehen. Das ist deshalb unerheblich, weil man niemandem eine Freundschaft vorwerfen kann und auch keinen gemeinsamen Urlaub. Zudem kann man nie wissen, ob jemand irgendwann eine politische Aufgabe übernimmt oder nicht. Niemand kann das einem anderen vorwerfen. Das habe ich bereits in meinem ersten Statement explizit betont. Außerdem geht es mir nicht darum, die journalistische Integrität von Herrn Leitner infrage zu stellen, wie einige nun krampfhaft versuchen, darzustellen."

»"Geht mir nicht darum, die journalistische Integrität von Herrn Leitner infrage zu stellen"«

Sein Vorwurf sei ein anderer, erklärte Dönmez, der von den Grünen zur ÖVP gewechselt war und von ÖVP-Chef Sebastian Kurz für die Nationalratswahl auf Platz Fünf der Bundesliste nominiert wurde, "nämlich einzig und allein, dass Tarek Leitner im Wahlkampf trotz seiner nun bekannten Nähe zu Kern die TV-Duelle moderiert. Es ist und bleibt eine Fehlentscheidung des ORF. Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk muss die Objektivität gewährleisten und darf nicht zulassen, dass über der TV Berichterstattung auch nur der Funken des Eindrucks der mangelnden Objektivität aufkommt. Generell nicht, vor allem aber nicht in einem Wahlkampf." Dieser Fehler schade laut Dönmez nicht nur der politischen Auseinandersetzung, sondern auch dem ORF selbst.

Konflikt beschäfigt auch ORF-Gremien

Der Konflikt um die Moderation der "Sommergespräche" sowie der TV-Duelle dürfte nächste Woche auch die ORF-Gremien beschäftigen. Thomas Zach, Leiter des ÖVP-"Freundeskreises" im ORF-Stiftungsrat, fordert von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz nämlich einen Maßnahmenkatalog für ORF-Objektivität im Wahlkampf. Wrabetz ist seit Jahresanfang selbst für die Information des Senders verantwortlich.

"Verantwortung nur auf dem Papier zu übernehmen genügt nicht. Jetzt ist der Generaldirektor als Infochef des ORF gefordert, die Schlagseite, die er erzeugt hat auch wieder zu beheben", erklärte Zach in einer Stellungnahme gegenüber der APA. "Der Generaldirektor muss im Stiftungsrat nächste Woche klar und eindeutig darlegen, wie er für den Rest des Wahlkampfs für Fairness und Objektivität sorgen will." Schon der Anschein von mangelnder Äquidistanz sei ein Problem für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, erklärte Zach.

Auch FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl ortet bei ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetez massiven Handlungsbedarf. Die "Besorgnis der Befangenheit" hätte diesen längst agieren lassen müssen. Freilich fügte Kickl gleich an, er wolle gar nicht wissen, welche ORF-Granden mit welchen ÖVP-Granden im Umfeld von (Lobbyist und Jagd-Veranstalter Alfons) Mensdorff-Pouilly schon zum gemeinsamen Halali ausgerückt seien: "Im ORF waschen sich rot-schwarze Hände gegenseitig."

Kommentare

Warum ist Herr Dönmez wohl zur ÖVP gegangen?? Die sind in solchen Praktiken wohl eher bewandert als die Grünen. Müssen Menschen die befreundet sind, einen Antrag stellen ob das manchen recht ist oder nicht. Das passt genau, das weiss man was man von einer solchen Partei erwarten kann, nämlich nicht gutes. Man sollte auch vor der eigenen Tür kehren, bevor man auf anderer hinhackt.

higgs70

Halten wir fest: Kurz sagte, er hätte keinerlei Ambitionen aufs Kanzleramt, nur, da haben wir das "Projekt Ballhausplatz", und zwar schriftlich. Kurz sagte nochmals, er hätte keine Ambitionen, aber Mitterlehner sagte, er hätte von der Obmannablöse schon gewusst .Kurz sagt, die Roten hätten 100.000 von Haselsteiner bekommen,aber Haselsteiner sagt njet, die Roten sagen njet und Kurz schweigt dazu. Dafür nimmt man jetzt Leitner aufs Korn, bei dem Kurz schlecht ausgesehen hat, nicht weil Leitner was tat,sondern weil Kurz was nicht tat, nämlich antworten. Und dann baut man die nächste Schimäre auf und unterstellt, Leitner bevorzuge Kern, in einem Gespräch das noch nichtmal geführt wurde. Und der hat Urlaub gemacht,mit Kern, weil die Kinder befreundet sind, aber weil das nicht hinreicht erfindet man nochmal Urlaube dazu, brav Herr Dönmez, ist eh schon wurst, nicht. Man postuliert aber beweist nicht, man patzt nicht nur den politischen Gegner an sondern gleich einen Industriuellen und noch einen Journalisten dazu. Kollateralschäden des Messias, aber Lügen haben Kurz'sche Beine.


Und noch was. Ich bin kein Journalist, aber wenn mein Beruf tagespolitische Kommentare und Nachrichten wären würde ich jetzt hinsehen, auf welche Art man hier einen Shitstorm gegen einen Kollegen entfacht und dann würde ich, unabhängig davon ob ich den jetzt schätze oder nicht, kräftig zubeißen, weil ich irgendwann auch dran sein könnte. Es gab da mal diesen Pastor Niemöller, der was Kluges gesagt hat, falls sich noch wer dran erinnert.

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