Katar - Sportmekka aus der Retorte

Handball-WM, Fußball-WM - Großveranstaltungen als Teil der Zukunftsstrategie

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Handball - Katar - Sportmekka aus der Retorte

Katar ist nicht nur reich an Erdgas und Öl. Inzwischen ist die rund 12.000 Quadratkilometer und damit mit Oberösterreich vergleichbare Halbinsel, die zum Großteil aus Wüstengebieten besteht, auch reich an sportlichen Großereignissen. Was mit dem ATP-Tennisturnier 1993 begann, gipfelte 2010 in der viel diskutierten Vergabe der Fußball-WM 2022 an Katar. Bedenken um Korruption bei der Bewerbung, der mangelnden Sport-Tradition im Land oder das ungünstige Klima wurden dabei ignoriert.

Von der Sorge um die Zeit nach den Bodenschätzen getrieben, ist Katar sichtlich bestrebt, diese Bedenken vom Tisch zu wischen - und hat dafür monetäre Mittel zur Verfügung, von denen Europa nur träumen kann. Und so jagt dort, wo vor hundert Jahren noch das Perlenfischen einzig nennenswerte Einnahmequelle war, ein Event das andere.

Quer durch die Sportwelt

Asienspiele 2006, Rennen der Motorrad-WM, die Squash-WM, die Leichtathletik-Hallen-WM, um nur einige Veranstaltungen der vergangenen Dekade zu nennen. Im Dezember 2014 war Katar Schauplatz der Schwimm-Kurzbahn-WM, nun machen die Handballer Station. Erst im November setzte man sich bei der Bewerbung für die Leichtathletik-WM 2019 gegen Barcelona und Eugene (Oregeon) durch, 2016 tragen hier die Radfahrer ihre Straßen-WM aus.

Dass die Zuschauerresonanz bei den meisten Bewerben vergleichsweise schwach ausfällt, spielt dabei keine Rolle. Und so finden auch Partien der Qatar Stars League der Fußballer, in der u.a. auch der ehemalige ÖFB-Teamchef Josef Hickersberger trainierte und Altstars wie Stefan Effenberg, Josep Guardiola oder Romario kickten, oft vor nicht mehr als 1.000 Zuschauern statt. Immer wieder gibt es Vorwürfe, dass die Ränge mit bezahlten Gastarbeitern gefüllt werden.

Erfolge nur dank Einbürgerungen

Die schwache Verankerung des Sports in der einheimischen Bevölkerung spiegelt sich auch bei den Aktiven wieder. Katar, das nur rund 300.000 Staatsbürger hat, verfügt kaum über international bedeutende Athleten wie Rallyefahrer und Skeet-Schütze Nasser Al-Attiyah oder Hochspringer Mutaz Essa Barshim. Wenn es Erfolge unter katarischer Flagge gibt, dann meist dank Einbürgerungen. Aktuelles Beispiel ist Katars Handball-Auswahl, die seit 2013 vom spanischen Weltmeistercoach Valero Rivera trainiert wird. Die Schlüsselspieler Goran Stojanovic und Bertrand Roine wurden eingebürgert.

Das soll sich freilich ändern. 2004 wurde deshalb die 290.000 Quadratmeter einnehmende "Aspire Academy for Sports Excellence" eröffnet, eines der weltgrößten Trainingszentren. 760 Millionen Dollar kostete das Juwel, hier absolvieren nicht nur Fußballteams wie Bayern München oder Red Bull Salzburg ihre Trainingslager. Dank zahlreicher internationaler Fachleute sollen vor allem einheimische Athleten an die Weltspitze geführt werden.

Ob diese schon für die Olympischen Sommerspiele vor eigenem Publikum bereit sind, wird sich weisen. Zwar scheiterte Katar mit seinen Bewerbungen für 2016 und 2020, doch alles deutet darauf hin, dass der Zuschlag nur noch eine Frage der Zeit ist.

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