Karl, der Stifter

Milliarden sind in seiner Stiftung geparkt. Wer tritt Wlascheks Erbe an?

Die Anweisungen für die Festivität zum Geburtstag am 4. August waren bescheiden, so, wie es der alte Herr schätzen gelernt hatte. "Im kleinsten Rahmen und dezent" wollte Billa-Gründer und Immobilien-Tycoon Karl Wlaschek den 98. Geburtstag im Schlosshotel Velden begehen. Noch im Vorjahr hatte er es dort mit ganzen Lagerbeständen an Dom-Pérignon-Schampus krachen lassen.

von Karl Wlaschek © Bild: News/Ricardo Herrgott

Derlei Ausgelassenheit zählte seit vielen Jahren nicht mehr zu den Lebensgewohnheiten des öffentlichkeitsscheuen Selfmade-Milliardärs. Doch der Erwerb des Nobelhotels am Wörther See 2011, erst recht aber die Vermählung mit der Steirerin Friederike Schenk im Jahr danach hatte auf den späten Bräutigam vitalisierende Wirkung.

Zum Fest kommt es nun nicht mehr. Am 31. Mai starb Karl Wlaschek in Graz, der Geburtsstadt seiner fünften Gattin, die von allen "Ricki" genannt wird. Sein Tod wurde allseits als überraschend bezeichnet, erstaunlich bei einem Mann seines Alters. Aber tatsächlich war er mit seinen fast 98 Jahren hellwach im Kopf, ein pointierter Formulierer. Das Gehen bereitete ihm Mühe, aber von Krankheit oder gar Siechtum war nicht die Rede.

Beinahe vier Milliarden

Karl Wlaschek war einer der reichsten Österreicher, Nummer fünf nach der Einschätzung des amerikanischen Magazins "Forbes". Sein Vermögen hat sich im Jahr 2014 demnach auf 3,83 Milliarden Euro belaufen, zum Gutteil aus Immobilienwerten. Einem ambitionierten Wirtschaftsjournalisten soll er, mit dieser Zahl konfrontiert, allerdings entgegnet haben: "A bissi mehr is' schon." So wird es jedenfalls verbreitet, denn Wlaschek hat sich aus Prinzip nie über seine Vermögenswerte geäußert.

Hingegen skizzierte er auf Anfrage jederzeit gern seinen Weg zu den Milliarden. Sein Prinzip war so einfach wie alles Geniale: "Sparsamkeit. Handschlagqualität. Und keine Partner. Zudem keine Aktien und nur Immobilien in Österreich kaufen." Also langte er in der Heimat mächtig zu. Zuletzt war sein Immobilienportfolio weit mehr als zwei Milliarden Euro wert.

Eine Million Quadratmeter vermietbare Fläche - das entspricht 10.000 Wohnungen mit je 100 Quadratmetern in bester Lage - in ganz Österreich werden über zahlreiche Gesellschaften mit klangvollen Namen (Amisola, Estrella, Novoreal) gemanagt. Allein die Mieterlöse des Imperiums betrugen 2013 mehr als 130 Millionen Euro. Über allem steht die Karl Wlaschek Privatstiftung. Deren Hauptzweck laut Stiftungsurkunde liegt, durchaus bemerkenswert, in der "Begünstigung der Allgemeinheit", etwa durch die Sanierung für das Stadtbild Wiens bedeutsamer Gebäude.

Witwe im Fokus

Der Vorsitz des einflussreichen Stiftungsbeirats ist, so kann man nur vermuten, jetzt vakant. Deshalb rückt Ricki, die Witwe, in den Fokus des Interesses. Die Grazerin sitzt seit mehreren Jahren im Stiftungsbeirat und soll dem Vernehmen nach den Platz von Wlascheks einzigem Sohn Karl Philipp, genannt Karli, eingenommen haben. Das Verhältnis des Seniors zum 40-jährigen Filius ist seit Jahren gestört.

Wlaschek mit Gattin
© News Zach - Kiesling Roman Auftrag Wlaschek mit Ricki am Opernball 2010

Ob das an verlustreichen Veranlagungen oder an der "metrosexuellen Gestaltung" der längst wieder veräußerten Bar Orlando di Castello auf der Freyung in Wien lag, ist umstritten. Jedenfalls wurde Wlaschek junior mit einem massiven Immobilienportfolio ausbezahlt, das er seither selbstständig entwickelt. Als Wlaschek vor einigen Jahren in größerer Runde gefragt wurde, wie es ihm gehe, meinte dieser trocken: "Nicht gut. Mein Sohn redet nicht mehr mit mir."

Zu Tochter Maria-Luise, allseits "Maus" gerufen, hatte Wlaschek nach Jahren des Zanks hingegen ein gutes Verhältnis, das sich in väterlichen Besuchen zu allen Festtagen manifestierte. Sagte sich der notorische Vielqualmer an, fiel sogar das Rauchverbot im Haus der Tochter.

Überraschende Hochzeit

Der Stiftungsvorsitz allerdings, so vermuten Insider, dürfte Wlascheks Witwe Ricki zufallen. Wlaschek ehelichte die 65-Jährige im April 2012 klammheimlich im Schlosshotel Velden. Zwei Hotelangestellte als Trauzeugen, kleines Dinner danach, Ende. Für viele kam diese fünfte Eheschließung überraschend, schließlich war die Braut drei Jahrzehnte jünger. Doch Ricki relativierte in der "Krone":"Heute ist das doch nichts mehr. Und für mich war's sowieso nie ein Problem." Kennengelernt hatten die beiden einander bei Freunden während eines Wien- Besuchs der Grazerin. Rasch stellte man Erstaunliches fest: "Mein Mann, ein Steinbruchunternehmer, und Karls Frau sind am gleichen Tag gestorben."

Freunde des Paares erzählen, Ehegespons Karl sei mit Ricki weit sanfter umgegangen als mit den Vorgängerinnen. Nach dem Tod seiner vierten Ehefrau Karin pflegte Charmeur Karl seine Partnerinnen per Inserat zu rekrutieren. Um sie dann bei Nichteinhalten gewisser Spielregeln blitzschnell wieder zu verabschieden. Die Trennungen versüßte Gentleman Karl allerdings mit großzügigen Apanagen.

Ricki hingegen trug er vergleichsweise auf Händen. Die Grazerin bekam zum Einstand angeblich die teuerste Wohnung von Graz geschenkt; das zweigeschoßige Eck-Penthouse im Luxusbau "Zum silbernen Elefanten" kaufte der Milliardär um wohlfeile 9.000 Euro - pro Quadratmeter. "Er hat mir immer lustige Sachen aus seinem Leben erzählt, und auch das sonst obligate Nachmittagsschlaferl mit ihm blieb mir erspart", erzählt sie.

Von der Parfümerie zum Milliardär

Wlascheks Aufstieg in die Beletage der Wirtschaftswelt erinnert an amerikanische Tellerwäscher-Märchen: Mit 30.000 Schilling, die er als Barpianist unter dem Künstlernamen Charlie Walker in Kärntner Hotels ertingelt hatte, eröffnete er 1953 eine kleine Diskontparfümerie in Wien-Neubau. Nach Umstellung auf Lebensmittel und Umbenennung auf Billa ("Billiger Laden") entstand eine Kette von Selbstbedienungsläden - ein Novum für das Wien jener Zeit, in der an jeder Ecke ein Greißler logierte.

Der Jungunternehmer war ein harter Chef. Das Personal fürchtete ihn als Qualitätstester, wenn er sich unerkannt in die Schlange an der Wursttheke einreihte. Lieferanten waren seinem oft impulsiven Charakter ausgeliefert: Missfiel ihm ein Produkt im Sortiment, wurde es sofort gestrichen. Mitarbeiter, die sich kleinste Unregelmäßigkeiten zuschulden kommen ließen, wurden umgehend entlassen. Im Sommer 1996 verkaufte Wlaschek in einem Überraschungscoup seinen Billa-Konzern für kolportierte 1,1 Milliarden Euro an die deutsche Rewe. Mit dem Erlös wollte Wlaschek auf Beutezug gehen. "Ich will die Creditanstalt und hab auch das Geld dafür", argumentierte er, scheiterte aber am damaligen Finanzminister Viktor Klima. Den Zuschlag bekam die Bank Austria. Kurz darauf konnte Wlaschek die Sache mit Humor sehen. Fortan galt sein Motto: "Mit Bankern iss und lach, aber bloß keine Geschäfte mach!"

"Kauf doch die Hütt'n"

Also erwarb Wlaschek statt der Bank das Immobilienportfolio der Creditanstalt. Es sollte zum Grundstein eines sagenhaften Imperiums werden. Eine markante Akquisition der jüngsten Zeit betraf das Schlosshotel Velden, das er von der maroden Hypo Alpe Adria um kolportierte 50 Millionen übernahm. Begründung für den Deal: "Eine emotionale Sache: Ich hab dort nach dem Krieg mit meiner Fünfmannkapelle, der Charlie-Walker-Band, gespielt.

Und jetzt hab ich mir gedacht: Leisten kann ich's mir, kauf doch die Hütt'n." Ein gleichfalls erworbenes Wiener Ring-Palais kam durch die früheren Penthouse-Mieter Fiona und Karl-Heinz Grasser ins Blitzlicht.

Seine letzte Ruhestätte hatte Wlaschek, der nie etwas dem Zufall überließ, seit Langem eingerichtet. Er ließ sich - ein altes Wiener Gemeindegesetz ermöglicht das - im Palais Kinsky ein Mausoleum samt Sarg mit Initialenbesatz bauen.

Erst nach der Beerdigung wird sich zeigen, was die Witwe Ricki erbt und was die Tochter Maria-Luise. Sohn Karli wurde nach dem Zerwürfnis ausgezahlt. Dessen zwei Kinder könnten jedoch bedacht werden. Kaum Geld wird es aus der Karl Wlaschek Privatstiftung geben, in der der überwältigende Teil des Vermögens geparkt ist. Nur ein kleiner Teil wird ausgeschüttet. Wer die Begünstigten sind, ist unbekannt. Genannt wurden schon Tochter Maria-Luise und Stieftochter Claudia Hönigsberger.

Andererseits dürfte auch Wlascheks Privatvermögen so groß sein, dass es für mehrere Generationen reicht.

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auch eine *billige Art* Steuern beim Staat vorbeimanövrieren

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