Karas und Leichtfried für schärferes Vorgehen gegen Visegrad-Staaten

Karas: "Glaubwürdige" EU-Sanktionsmechanismen vonnöten - Lopatka macht sich für "Orban-Lager" stark

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In Bezug auf die Diskussion rund um die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU sagte Karas: "Wenn wir keinen Sanktionsmechanismus bekommen, der glaubwürdig ist (...) und der die Täter und Blockierer zur Rechenschaft zieht, verliert die EU Glaubwürdigkeit und Vertrauen beim Bürger (...)." Leichtfried, früher selbst EU-Abgeordneter, machte darauf aufmerksam, dass Österreich zwar Deutschland wegen der Pkw-Maut verklagen könne, der Europäische Gerichtshof der Aushöhlung von rechtsstaatlichen Prinzipien in einem EU-Land aber tatenlos zusehen müsse.

Fortschritte in diesen Bereichen könnte laut Leichtfried nur die Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzip im EU-Rat bringen: "Dann werden auch die Länder, die eigentlich nur noch dabei sind, weil sie allerhand bekommen und sonst sich von allem verabschiedet haben, entweder einlenken, oder sich überlegen, was sonst zu tun ist." Leichtfried sprach in diesem Zusammenhang auch von einem rezenten Interview mit dem EU-Urgestein Daniel Cohn-Bendit, das er mit großem Interesse gelesen habe, in dem dieser von möglichen weiteren EU-Austritten gesprochen habe.

Diese Diskussion fand Lopatka wenig zielführend. Es gebe sicherlich ein Problem mit den Visegrad-Staaten, aber es sei keine Lösung, über weitere Austritte zu debattieren. Man müsse alles tun, damit "die Ungarn, die Polen, wer auch immer, den Weg zurück finden". Man dürfte diese Staaten nicht "an den Pranger stellen". Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban sei, anders als der französische Staatspräsident Emmanuel Macron, zwar sicher "kein Hoffnungsträger", aber man müsse auch "den Langsamen", jenen, "die im Orban-Lager stehen", die Möglichkeit bieten, mitzuhalten, so Lopatka.

Auch abseits der Debatte um die Visegrad-Staaten zeigten sich Bruchlinien zwischen den Positionen der drei Politiker, die mit Europa-Expertinnen über die Zukunft der Europäischen Demokratie diskutierten. Karas und Leichtfried plädierten für einen Ausbau und eine Stärkung der Kompetenzen des Europäischen Parlaments. Lopatka pochte hingegen auf das Prinzip der "Subsidiarität" - die EU solle sich nicht dort einmischen, wo Kommunen, Länder und Nationalstaaten näher am Bürger seien.

Kritik an den mangelnden europapolitischen Visionen der neuen Bundesregierung kam von Heidi Glück, der früheren Sprecherin von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Österreich habe keinen Beitrag zum Diskus geliefert, den Emmanuel Macron mit seiner Sorbonne-Rede im Herbst angestoßen habe. Im Regierungsprogramm stehe "nur eine dreiviertel Seite" zur Europapolitik, beklagte Glück. Leichtfried hatte zuvor schon angemerkt, dass der "Kampf um Europa" seit dem EU-Beitritt Österreichs "sträflich vernachlässigt" worden sei - auch die Regierung, der er selbst bis vor kurzem angehört habe, sei da keine Ausnahme. Leidenschaftliche Europa-Politik würden auf nationaler Ebene nur die EU-Gegner betreiben. "Die Europabefürworter haben dieser Leidenschaft nichts entgegengesetzt, das muss man auch einmal sagen", so der frühere Leiter der SPÖ-Delegation im Europaparlament.

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