Das Geld flog mit Mach 3

(vom 13.2.2014)

Eurofighter. Eine interne Prüfung beim Flug- zeug-Bauer EADS liefert spannende Erkenntnisse über Grasser, Haider und den SK Rapid Wien.

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Mehr als zehn Jahre, nachdem die Republik Österreich den umstrittenen Kaufvertrag für Eurofighter-Kampfflugzeuge unterzeichnet hat, gewinnt das Thema ungeahnte Brisanz. NEWS liegen die ersten Zwischenergebnisse der internen Ermittlungen, die der deutsche Eurofighter-Hersteller EADS bei der Anwaltskanzlei Clifford Chance in Auftrag gegeben hat, vor. Der vorläufige Bericht, der 205 Seiten umfasst, gibt erstmals Einblick die Vorgänge auf Seiten des Rüstungskonzerns. Und gleich auf Seite 25 sticht eine spannende Überschrift ins Auge: "Treffen von FPÖ-Politikern und EADS-Mitarbeitern sowie -Beratern in Brüssel im Jänner 2002.“

Nur zur Verdeutlichung: Damals war Jörg Haider Landeshauptmann von Kärnten und Graue Eminenz der schwarz-blauen Bundesregierung, Karl-Heinz Grasser war Finanzminister der Republik und wesentlich in die Frage der Kampfflugzeug-Beschaffung eingebunden. Die Prüfer von Clifford Chance schreiben nun, sie hätten Dokumente in Bezug auf ein Treffen von FPÖ-Politikern und EADS-Verantwortlichen in Brüssel eingesehen. So habe am 3. Jänner 2002 der damalige FPÖ-Generalsekretär Peter Sichrovsky ein E-Mail an einen EADS-Berater geschickt und ihn darüber informiert, dass unter Sichrovskys Namen sieben Zimmer in einem Brüsseler Hotel gebucht gewesen seien.

In Zusammenhang mit diesem E-Mail sei man auf ein Dokument mit dem Titel "Kurzstatus EF 2000 Österreich“ und dem Datum 15. Jänner 2002 gestoßen. Die Abkürzung EF dürfte für "Eurofighter“ stehen. Der Inhalt des Dokuments: "Am letzten Wochenende“ habe es ein Treffen mit Peter Sichrovsky, Jörg Haider und Karl-Heinz Grasser gegeben. Grasser und Haider hätten erklärt, das Eurofighter-Angebot zu unterstützen. Grasser hätte erklärt, dass ein Gegengeschäftskonzept, das den Reifenhersteller Semperit beinhalte, ein absolutes Zuschlagskriterium ("absolute winning factor“) darstellen würde. Sichrovsky habe vorgeschlagen, eine bestimmte Agentur für die Medienkampagne zu beauftragen, was rund zwei Millionen Euro kosten würde. Diesen Punkt spinnen die internen Ermittler von Clifford Chance an anderer Stelle in ihrem Zwischenbericht folgendermaßen weiter: Kurz danach sei die Agentur 100% Communications mit der Öffentlichkeitsarbeit für die Eurofighter-Kampagne beauftragt worden. Chef dieser Firma war wiederum - bekanntermaßen - FPÖ-Urgestein Gernot Rumpold.

Auch mit einem anderen PR-Beratervertrag haben sich internen Ermittler auseinandergesetzt: jenem mit der Firma von Karin Keglevich, die einst den Wahlkampf von Bundespräsident Thomas Klestil geleitet hatte. Laut Zwischenbericht zahlte EADS über mehrere Jahre hinweg insgesamt knapp 400.000 Euro in Zusammenhang mit dem Eurofighter. Mit ihr war man bei EADS offenbar zufriedener als mit Rumpold. Die Ermittler von Clifford Chance haben dazu einen leitenden Mitarbeiter von EADS befragt. Der gab an, dass Keglevich "professioneller“ gearbeitet hätte als die 100% Communications. Dass sich Grasser bei dem Gespräch in Brüssel übrigens für Semperit als Partner bei Gegengeschäften stark gemacht hat, könnte damit zu tun haben, dass damals der Kampf um den Fortbestand des Reifenwerkes in Traiskirchen in die heiße Phase kam. Möglicherweise wollte er den Standort über neue Aufträge im Umfeld des Abfangjäger-Deals retten. Gelungen ist dies freilich nicht. Es dürfte also noch andere Kriterien für den Zuschlag an Eurofighter gegeben haben.

Staatsanwälte ermitteln.

Bekanntermaßen befassen sich die Staatsanwaltschaften in Wien und München intensiv mit der Zeit deutlich nach dem Abschluss des Kaufvertrags im Jahr 2003. Konkret liegt das Hauptaugenmerk auf den sogenannten Gegengeschäften, die EADS erfüllen musste. Im Gegenzug für den Zuschlag sollten nämlich Aufträge im Wert von vier Milliarden Euro an österreichische Unternehmen gehen. Besonders kritisch hinterfragen die Ermittler die Zwischenschaltung diverser Vermittler-Firmen. Der Verdacht: Über das Firmennetzwerk seien Millionenbeträge an Bestechungsgeldern geflossen, mit denen Entscheidungsträger für die Auftragsvergabe honoriert und Unternehmer beim Abschluss von Gegengeschäften beeinflusst werden sollten. Die Schmiergelder seien in den von der Republik Österreich zu entrichtenden Kaufpreis eingerechnet gewesen, der sich entsprechend erhöhte, vermutet die Staatsanwaltschaft.

Im Zentrum dieses Firmengeflechts steht die Firma Vector Aerospace. Insgesamt sollen von März 2005 bis Februar 2010 knapp 114 Millionen Euro über Vector geflossen sein. Kein Wunder, dass sich die internen Ermittler von Clifford Chance besonders jenen Geschäften zuwandte, bei denen diese Firma aktiv war. Eines davon war das Projekt Spielberg.

Wie aus dem Zwischenbericht hervorgeht, hätte sich EADS am damals geplanten Rennstrecken-Projekt "A1 Ring“ mit 20 Millionen Euro beteiligen sollen. Im Dezember 2004 kippte allerdings der Umweltsenat das Projekt. Vector sollte nun offenbar zusehen, dass EADS ohne Schaden aus dem Vorhaben aussteigen konnte. Vector sollte mit aller Kraft versuchen, eine negative Auswirkung in der öffentlichen Wahrnehmung in Bezug auf EADS zu vermeiden oder zu minimieren.

Bereits am 11. Jänner 2005 ließ Vector-Chef Gianfranco Lande EADS wissen, dass er keine weiteren Verpflichtung für EADS erwarte, in das Projekt zu investieren. Ein Jahr später verrechnet Vector der EADS 10 Millionen Euro - wohl als Provision für die Lösung des Problems beim Projekt Spielberg. Der zuständige EADS-Manager gab gegenüber den internen Ermittlern an, er wisse nicht, welche Aktivitäten Vektor gesetzt habe, um das Ziel zu erreichen: "Es war mir letztlich egal“, so der Manager.

Doch auch in Bezug auf ein weiteres heißes Eisen fördert der Zwischenbericht von Clifford Chance neue Erkenntnisse ans Tageslicht. Konkret geht es dabei um das Sponsoring von EADS beim Fußball-Klub SK Rapid Wien. Laut Bericht flossen von September 2003 bis Jänner 2007 insgesamt rund drei Millionen an die SK Rapid Wirtschaftsbetriebe GmbH. Seit langem wird gemutmaßt, EADS hätte durch das Sponsoring Zugang zu SPÖ-Politikern gesucht, die eine Nahebeziehung zu Rapid hätten, dem Eurofighter aber kritisch gegenüberstanden. Und gegenüber den internen Ermittlern wird das auch gar nicht bestritten.

Den Ermittlern liegt ein Dokument mit dem Titel "Die roten Vier“ vor. Gemeint wären die SPÖ-Politiker Alfred Gusenbauer, Josef Cap, Heinz Fischer und Rudolf Edlinger gewesen. Alle würden Rapid unterstützen. Der frühere Finanzminister Edlinger war zudem Rapid-Präsident. Mittlerweile ist der Traditionsklub allerdings in neuen Händen.

"Die Rapid-närrischen SPÖler.“

Laut internen Ermittlern wird in dem Dokument darauf verwiesen, dass Rapid damals Geld gebraucht habe, um neue Spieler zu Kaufen. Die Schlussfolgerung: "Für die Rapid-närrischen SPÖler könnte sich also mit einem Sponsor das Blatt wenden, aus Buhmännern könnten Helden werden.“ Das Sponsoring wurde umgesetzt, obwohl das EADS-Management intern darauf hingewiesen worden war, "dass eine solche Vereinbarung nicht den offiziellen Sponsoring-Guidelines der EADS entspricht“. Es wurde - eher unüblich bei Sponsorings - empfohlen, die Sichtbarkeit von EADS möglichst gering zu halten. Offenbar fürchtete man bei EADS Begehrlichkeiten von deutschen Fußballklubs.

Das wollte man nicht. Was man wollte, war Zugang zu bekannt Eurofighter-kritischen SPÖ-Spitzenpolitikern. Ein EADS-Mitarbeiter macht gegenüber den internen Ermittlern daraus gar kein Hehl: Die Zahlungen an Rapid wären getätigt worden, um Zugang zur VIP-Lounge des Fußballklubs zu erhalten. Ein anderer Mitarbeiter erklärt: "Es sei wohl klar gewesen, dass es sich bei Rapid Wien um einen SPÖ-Verein gehandelt habe und es somit von Vorteil hätte sein können, in den Verein zu investieren.“

Die Ermittler betonen im Zwischenbericht, sie hätten keine Information darüber, dass die EADS-Zahlungen an Rapid tatsächlich SPÖ-Politiker zugunsten von Eurofighter beeinflusst hätten. Die Hoffnung dürfte freilich da gewesen sein: Vor einem Wiener Derby im März 2006 wies ein EADS-Mitarbeiter auf Folgendes hin: "Es wird entsprechende rote Prominenz erwartet, und es besteht die Möglichkeit zu einem Abendessen unter vier Augen.“

Nicht fehlen darf im Zwischenbericht von Clifford Chance natürlich auch das Projekt Lakeside, für das sich einst Jörg Haider in Kärnten besonders stark gemacht hat. EADS-Mitarbeiter erklärten gegenüber den internen Ermittlern, Haider habe ein starkes Interesse daran gezeigt, dass sich EADS an dem Hochtechnologie-Park in Klagenfurt beteilige. Im Endeffekt sollen rund vier Millionen Euro geflossen sein. Auch hier war die umstrittene Firma Vector involviert.

Alle Betroffenen haben sämtliche Vorwürfe immer zurückgewiesen.

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