Kaiserwinkl - auf den Spuren der Schmuggler

Zu Fuß und per Boot durch die Schlucht Klobenstein im Tiroler Kaiserwinkl, um die sich zahlreiche Legenden ranken.

von Kaiserwinkl © Bild: TVB Kaiserwinkl

Dort, wo die Schlucht immer schmäler wird und die Felsen immer steiler emporragen, verläuft die Grenze zwischen Bayern und Tirol. Heute ist vom ehemaligen Zollhaus nichts mehr übrig. Aber viele Jahrzehnte lang passierten hier Menschen nicht nur den offiziellen Grenzübergang, sondern die Klobensteinschlucht war auch bei Schmugglern sehr beliebt.

"Vor allem in den 30er-Jahren, in denen die Wirtschaftslage prekär war, wurde viel geschmuggelt. Es waren oft Knechte, die im Auftrag der Kaufmannschaft Waren, die in einem der Länder nicht erhältlich waren, über die Grenze brachten", erklärt Stefan Mühlberger. "So verdienten sie ein bisschen Bargeld dazu." Die Knechte seien in die Dunkelheit losgeschickt worden und übergaben die Kisten mit Dingen wie Kaffee oder Rasierklingen an einer vereinbarten Stelle. "Dabei sprachen sie nie über Auftraggeber, nie wurden Namen genannt", sagt Mühlberger, der, bevor er die Ausbildung zum Wanderführer machte, über 17 Jahre lang Bürgermeister von Kössen gewesen war.

Stefan Mühlberger
© Privat Wanderführer Stefan Mühlberger

Lesen Sie hier: Wandern im wildromantischen Höllental in Niederösterreich

Von Kössen über die Grenze

Der Tiroler Grenzort mit seinen 4.400 Einwohnern ist Ausgangspunkt der Wanderung am neu ausgebauten Schmugglerweg. Die Schlucht spielte schon immer eine große Rolle im Leben der Einwohner Kössens. Denn durch die Engstelle in der Klamm wurden zahlreiche schwere Hochwasser begünstigt. Bei Starkregenfällen und während der Schneeschmelze schwillt die Großache, die sich durch die Schlucht schlängelt, schnell gefährlich an.

Rechts vom Eingangsportal der Kirche in Kössen erinnern Markierungen an die Hochwasserstände im 16. Jahrhundert. Auch 2013 stand der Ort unter Wasser. Seither wurden rund 20 Millionen Euro in den Hochwasserschutz investiert, um eine neuerliche Katastrophe zu verhindern.

Walchsee
© 2016 mRGB/Shutterstock.com Der Walchsee liegt nur wenige Kilometer von Kössen entfernt. Im Sommer kann er bis zu 25 Grad bekommen

TIPPS & INFOS:

Canyoning und Käse

Die Region Kaiserwinkl in Tirol ist perfekt für alle, die sich gerne in der Natur bewegen: 200 Kilometer Wanderwege mit unterschiedlichsten Schwierigkeitsgraden, dazu eine Vielzahl an Bike-Strecken. Der Anbieter Sport und Natur in Kössen hat zudem Rafting, Canyoning und Schluchtentrekking im Programm. www.sportundnatur.at Für Käseliebhaber ist ein Besuch der Sennereien der Region, wie etwa jener in Kössen oder der Almkäserei auf der Stubenalm, empfehlenswert. Im Winter reicht das Sportangebot von Skifahren, Langlaufen, Schneeschuhwandern und Eislaufen am Walchsee bis hin zu Ballonfahrten.

Der Schmugglerweg.

Der neu ausgebaute Weg ist familienfreundlich und auch für ungeübte Wanderer geeignet. Für Kinder gibt es interaktive Stationen. Infos zur Region: www.kaiserwinkl.com

Übernachten.

Es stehen rund 7.000 Gästebetten in der Region Kaiserwinkl zur Verfügung. Dazu kommen mehrere Campingplätze. Eines der Hotels ist das Alpina Wellness & Spa Resort in Kössen mit In-und Outdoorpool sowie 3.000 Quadratmeter großem Wellnessbereich. www.hotel-alpina.at

Kaiserwinkl Ballonfahrt
© TVB Kaiserwinkl BALLONFAHREN. Seit 20 Jahren treffen sich im Jänner rund 50 Ballonfahrerteams im Kaiserwinkl zu Wettkämpfen. Auch Gäste können dabei mitfahren

Teufelsstiege und Wallfahrtskirche

Der Schmugglerweg führt vom Zentrum Kössens zunächst über die in Holzbauweise errichtete Staffenbrücke. Weiter geht es über die 69 Stufen der Teufelsstiege und durch den Wald an Aussichtsplattformen vorbei bis zur neuen, 35 Meter langen Hängebrücke, die in einer Höhe von 28 Metern über die Klamm führt.

Am anderen Ufer der Ache liegt die Wallfahrtskirche Klobenstein. Der Legende nach betete hier eine alte Frau, als sich plötzlich ein riesiger Felsblock löste und direkt auf sie zudonnerte. Der Stein sprang jedoch auf wundersame Weise in zwei Hälften und die Betende blieb unverletzt.

Durch den gespaltenen Felsen, der sich gleich neben der Kirche befindet, führt heute ein schmaler Weg. "Man kann sich etwas wünschen", erklärt Wanderführer Mühlberger, "schafft man es anschließend durch den Spalt, ohne den Felsen zu berühren, so geht dieser Wunsch in Erfüllung."

Auch interessant: Slow Trails - Kärnten einmal anders entdecken

Per Boot durch den Canyon

Die Schlucht kann allerdings nicht nur erwandert, sondern auch mit dem Boot befahren werden. Andreas Schwentner bietet gemeinsam mit seinen erfahrenen Guides Outdooraktivitäten im Kaiserwinkl an. Darunter Raftingtouren auf der Großache.

Das Wasser der Ache bekommt zwar selbst im Hochsommer kaum mehr als elf Grad. Die Kälte ist aber ohnehin schnell vergessen, zu eindrucksvoll ist die Tour. Es geht an den steilen Felswänden vorbei und unter den Hängebrücken durch. Und -anders als beim Wanderweg -noch ein Stück auf deutscher Seite weiter.

Der Ausstieg befindet sich in der Nähe des kleinen bayerischen Orts Ettenhausen. Irgendwo hier in den dichten Wäldern übergaben auch die Schmuggler vor vielen Jahren ihre Waren, bevor sie sich wieder auf den Rückweg machten.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der Printausgabe von News (36/2021) erschienen.