Slow Trails - Kärnten einmal anders entdecken

Nach Slow Food kommen nun die Slow Trails. Auf ihnen kann man gemütlich wandernd die Kärntner Seenlandschaft erkunden. Und dabei dem Naturgenuss und anderen Freuden frönen.

von Zwergsee-Trail © Bild: Millstätter See Tourismus GmbH/ Gert Perauer

Idyllisch liegt er da, der Zwergsee - der eigentlich, wie schon der Name sagt, eher ein Teich ist. Oberhalb des Millstätter Sees mitten im Wald gelegen, herrscht angenehme Ruhe - ideal für ein Picknick mit regionalen Spezialitäten auf einer sonnigen Bank am Ufer. Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern und der Wind rauscht leicht, bis plötzlich von der anderen Uferseite ein harmonischer Zweigesang mit getragen melancholischen Untertönen die Stille unterbricht. Zwei Damen singen zu ihrem eigenen Vergnügen ein Kärntner Lied und machen damit die Idylle perfekt. "Mei Weissensee - ist mei Freud - hollaredidijö". Fast schon zu kitschig und wie aus einem Tourismus-Werbefilm, aber doch ganz real und unverfälscht. Zwar befinden wir uns gerade nahe des Millstätter Sees, doch das stört nicht im Geringsten - Atmosphäre und Stimmung sind auch so nur schwer zu toppen.

Zwergsee
© Günter Fritz/News IDYLLE PUR. Der Zwergsee oberhalb des Millstätter Sees versetzt einen ebenso in eine kontemplative Stimmung wie das beeindruckende Stift Millstatt mit seiner langen Geschichte
Stift Millstatt
© Günter Fritz/News Stift Millstatt

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Außergewöhnliche Wanderwege

Der Zwergsee liegt am gleichnamigen Slow Trail und ist mit 3,6 Kilometern Länge und lediglich 71 Höhenmetern eine leichte Wanderung, die zum Großteil über Forstund Waldwege führt und auch von Ungeübten oder Familien mit kleinen Kindern ohne Probleme bewältigt werden kann. Nichtsdestotrotz wartet ein wunderbares Naturerlebnis plus interessanter Beschreibungen der Geschichte von Millstatt und der Wirkung des Waldes als Erlebnisraum. Der Trail führt vom Parkplatz Kalvarienberg, dessen Kirche mit seinem zum See hin offenen Altar ein Kleinod für sich ist, durch Kleindombra und weiter zur "Waldbühne auf der Luschan Höhe", einer schiffähnlichen Aussichtsplattform mit Blick auf den Millstätter See und Millstatts klassische Sommerfrische-Villenarchitektur. Spätestens hier ist Zeit für einen ersten Zwischenstopp.

"Bei den Slow Trails steht das entschleunigte Wandern im Vordergrund, bei dem man die Natur und Landschaft bewusst genießen und auf sich einwirken lassen kann", erklärt Nicole Kari vom Millstätter See Tourismus die dahinterstehende Philosophie. Und die nicht nur auf Wanderer mit Erfahrung, sondern auch auf Menschen, die üblicherweise nur ein wenig spazieren gehen, abzielt. Oft geht es direkt an Seen entlang, fast immer hat man einen Ausblick aufs Wasser, und zahlreiche Bänke an ausgesuchten Logenplätzen wie die genannte "Waldbühne" laden zum Rasten und Abschalten ein. "Ist der Ausblick nicht zauberhaft?", gerät Kari selbst immer wieder ins Schwärmen, als wir in ihrer Begleitung zum Zwergsee unterwegs sind.

Slow Trail Pressegger See
© Kärnten Werbung/Gert Perauer Der Presseger See im Gailtal weist einen dichten Schilfgürtel auf, wie man ihn heute nur noch selten sieht. Bequeme Bänke an Aussichtspunkten laden zum Verweilen ein

Für Gäste und Einheimische

Tatsächlich: Die Slow Trails können schon was und werden nicht nur von Urlaubsgästen angenommen, sondern auch von der einheimischen Bevölkerung. Und das in vermehrtem Ausmaß. Ist auch irgendwie klar: Jeder gönnt sich mal eine kleine Auszeit, die mit wenig Aufwand, aber reichlich Entspannung verbunden ist.

Grafik Slow Trails Kärnten
© News 14 solcher leichter Wanderwege, die Naturerlebnis an Seen bieten, gibt es mittlerweile.

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14 dieser Anti-Stress-Wege gibt es mittlerweile in Kärnten. Sie sind sozusagen die Fortsetzung der in Österreichs Süden seit Jahren erfolgreichen Slow-Food-Bewegung, bei der die regionale Kulinarik, alte Sorten und naturnahe, nachhaltige Produktion und Verarbeitung im Fokus stehen. Und die eine ideale Ergänzung zum Wandern, wie wir im Zuge unseres mehrtägigen Slow-Trail-Trips im Genuss feststellen konnten. Die Wege sind meist zwischen fünf und neun Kilometer lang, manchmal auch kürzer. Die zu bewältigenden Höhenmeter halten sich in Grenzen; die Bewegung an der frischen Luft in einer ruhigen Umgebung zeigt auch so ihre entschleunigende Wirkung.

Am Millstätter See beispielsweise auch am neuen, fünf Kilometer langen Slow Trail Südufer oder am kürzeren Mirnock Trail, der vom Alpengasthof Bergfried durch prächtige Blumenwiesen und schattige Waldstücke zum Aussichtspunkt, der Bergfried Hütte, führt.

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Unberührter Weissensee

Ein Klassiker ist der 8,8 Kilometer lange Slow Trail Weissensee, der seine weitgehend unberührte Landschaft dem Umstand verdankt, der einzige See Kärntens ohne Umfahrungsstraße zu sein. Begleitet von der Kulisse der Gailtaler Alpen mit Ausblicken zu den Lienzer Dolomiten geht es über teils steilere Waldwege vorbei an idyllischen Buchten und Ruheplätzen. Er ist wahlweise von Neusach zum Ostufer oder in umgekehrter Richtung zu begehen und in eine Richtung mit dem umweltfreundlichen Linienschiff "MS Alpenperle" kombinierbar.

Weissensee
© Günter Fritz Der Weissensee ist der höchstgelegene Badesee Österreichs und weist glasklares Wasser sowie eine weitgehend unberührte Naturkulisse auf
Kärnten Slow Trails
© Günter Fritz/News

MEIN TIPP:

Der Wanderweg entlang des Weissensees von Neusach bis an das Ostufer ist ein besonderes Naturerlebnis, das mit tollen Ausblicken und Badeplätzen aufwartet. Zurück geht es dann mit dem Linienschiff.

Kärnten Slow Trails
© Günter Fritz/News SCHLICHTE SCHÖNHEIT. Eine romantische Bauernhütte am Weissensee

Auch der nicht weit entfernte Pressegger See bei Hermagor im Gailtal -übrigens die Slow-Food-Hochburg im Land -ist einen Abstecher wert. Ausgehend vom Strandbad geht es über einen schmalen Weg durch den dichten Schilfgürtel und später über mehrere Aussichtspunkte sechs Kilometer rund um den See.

Erwähnenswert ist das gut ausgebaute öffentliche Verkehrsangebot für Wanderer und Radfahrer in der Region Pressegger See und Weissensee, wo zusätzlich ein Naturparkbus unterwegs ist. So wird es dann wirklich umweltfreundlich.

Im Großraum Villach setzen sich die Slow Trails dann weiter fort: rund um den Afritzer See, beim Kloster Wernberg und beim Faaker See oder entlang das Bleistätter Moor am Ossiacher See. Dort an der Tiebel-Mündung am Ostufer des Ossiacher Sees erwartet Sie auf einem rund sieben Kilometer langen Rundweg ein artenreiche Natur-, Landschafts-und Europaschutzgebiet, Ruheplätze mit Sitzbänken, Aussichtsplattformen und Hängematten inklusive. Sowie eine Vogelwelt, die regelmäßig Ornithologen und Naturfotografen anzieht. Mit etwas Glück ist sogar der seltene Schwarzstorch zu beobachten.

Kärnten Slow Trails
© Günter Fritz/News Vom Dammweg am Ostufer des Ossiacher Sees blickt man Richtung Gerlitzen und Dobratsch
Kärnten Slow Trails
© Günter Fritz/News Abgestorbene Bäume im Bleistätter Moor. Dort nisten zahlreiche Vogelarten

Auch am Wörthersee gibt es abseits schicker Lifestylebühnen wie Velden durchaus ruhige Plätze: Etwa auf dem 6,7 Kilometer langen Römerschlucht-Trail hinauf zum Forstsee, von wo aus sich eine herrliche Aussicht auf die Schickimicki-Badewanne auftut. Oder auf dem Yoga-, dem Schaukel-und dem für Kulturinteressierte empfehlenswerten Brahms-Weg.

Bewusstes Körpererlebnis

Kärnten Slow Trails
© Günter Fritz/News Vom Kitzelberg aus überblickt man nicht nur den Klopeiner See, sondern auch Turner See und Jauntal.

In St. Kanzian am Klopeiner See wiederum lockt der 3,5 Kilometer lange Slow Trail Kitzelberg: Nach 230 Höhenmetern wird man mit einem wahrlich tollen Panoramablick belohnt, der über Klopeiner und Turner See sowie das Jauntal reicht. Und vielleicht unternehmen Sie die Wanderung auch in Begleitung Willi Pinters, eines Ex-Leichtathletikmeisters, der sich dort als regionaler Fitnessguru etabliert hat und den Gästen seine Bewegungsphilosophie näher bringen will. Nämlich mittels "emotionalem Trainings und bewusstem Erleben der Umgebung die Kraft der Natur aufzunehmen und Stress abzubauen". Ganz im Sinn des Slow-Trail-Gedankens, so Pinter: "Bei der Bewegung geht es nicht darum, sich oder anderen etwas zu beweisen, sondern darum, zu genießen."

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der Printausgabe von News (Nr. 35/2021) erschienen.