Was die Gesten der
Spitzenpolitiker bedeuten

Die Körpersprache der Politiker sagt oft mehr als tausend Worte

80 Prozent der Kommunikation zwischen Menschen findet ohne Worte statt. Zu den non-verbalen Signalen zählt auch die Körpersprache. Und die verrät oft mehr als uns bewusst ist. Kein Wunder also, dass sich fast alle Politiker in diesem Bereich professionell coachen lassen. Das Ziel dabei ist immer das gleiche: Gesagtem Nachdruck zu verleihen und Emotionen verstärken. Denn damit lässt sich im Wahlkampf das Publikum überzeugen. Was hinter den Gesten der Spitzenpolitiker steckt. Oder: Warum Trump immer so lang Hände schüttelt.

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Spitzenpolitiker bedeuten © Bild: Copyright 2017 The Associated Press. All rights reserved.

Für unser Gehirn ist es viel leichter, visuelle als verbale Informationen zu verarbeiten. Nach dem Auftritt eines Politikers in einer Talkshow erinnern wir uns deshalb viel eher an sein Aussehen und sein Verhalten als an die Details der getätigten Äußerungen.

Ein Beispiel? Die Wenigsten werden noch wissen, dass Alexander Van der Bellen in einem TV-Duell vor der Hofburg-Wahl zu seinem damaligen Kontrahenten Norbert Hofer sagte: „Es geht nicht um die Grüne Regierung. Wovon reden Sie eigentlich?“. In Erinnerung blieb lediglich die berühmte „Scheibenwischer-Geste“, die ihm eine Sekunde danach auskam. Während die Bedeutung dieser Geste wortwörtlich auf der Hand liegt, bedarf es bei anderen einer genaueren Decodierung.

Unterschiede in der Körpersprache von Männern und Frauen

Eine Expertin auf diesem Gebiet ist die Kommunikations- und Verhaltens-Profilerin Tatjana Lackner. Die Gründerin der „Schule des Sprechens“ hat bereits alle hochkarätigen Spitzenpolitiker der Welt analysiert und weiß, was hinter deren Gesten steckt: „Alles, was mit den Händen in Augenhöhe an Bewegung stattfindet, ist ein Ausdruck von Aggression und kann eher an Männern beobachtet werden. Ein gutes Beispiel dafür ist H.C. Strache am Ende des Wahlkampfs“.

Auch die Faust ist eine Geste, die in den heißen Phasen des Wahlkampfes zum Einsatz kommt. Sie soll Kampfgeist und Entschlossenheit signalisieren. Bundeskanzler Christian Kern verzichtet auf aggressive Gesten und gewinnt laut Lackner somit an Sympathie. Einzig an seinem Gang müsse er noch arbeiten, der müsse bewusster und mehr „kanzlerlike“ sein. „Er macht zu große Schritte“, stellt Lackner fest.

Frauen setzen aus Angst vor sozialer Ausgrenzung auf beziehungsbindende Gesten wie nach außen gerichtete Handflächen oder bejahendes Nicken. Das mit den Händen geformte Spitzdach, das berühmte „Merkel-Dreieck“, wurde sogar zum Markenzeichen der Kanzlerin. Es bedeutet: Nichts. Denn diese Geste nehmen Menschen meist einfach dann ein, wenn sie sich sehr stark konzentrieren müssen - wie es bestimmt zu Beginn ihrer Karriere der Fall war.

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Die Standard-Gesten

Verwendet ein Politiker die „Präzisionsgeste“, so möchte dieser ganz genau und detailliert erklären, wie eine Sache vor sich geht.

Der erhobene Zeigefinder mahnt zur Achtung und unterstreicht die Wichtigkeit der darauffolgenden Aussage.

Nachdruck verleiht auch der Handkantenschlag. Dieser bedeutet: Was der Politiker sagt, wird auch so gemacht.

Mehr als nur ein Handschlag

Einmal lässt er einfach nicht los. Ein anderes Mal zieht er sein Gegenüber mit einem Ruck zu sich. Und wieder ein anderes Mal tätschelt er die fremde Hand zusätzlich mit seiner Linken. Beim Handschlag mit Politikerkollegen sorgt der US-Präsident Donald Trump immer wieder für Aufsehen. Glaubt man Deutungen von Körpersprache, so kann ein Handschlag viel über eine Person verraten.

„Das 29-sekündige Händeschütteln zwischen Trump und Macron ist eine pure Machtdemonstration“, meint Lackner. Dabei gilt: Derjenige, der die Hand oben hat, ist der Dominante und will den führenden Part in der Beziehung einnehmen. Zeigt die Handinnenfläche hingegen nach oben, könne das für Unterwerfung sprechen. Wenn jemand seinem Gegenüber die Handfläche senkrecht entgegenstreckt, weist das auf eine gleichgestellte Beziehung hin.

»Körpersprache ist ein massiver Machtfaktor«

In der Verhaltungsforschung weiß man, dass das Hierarchieverhältnis beeinflusst, wer wen berühren darf. Dem Berührenden wird unbewusst ein höherer Status und mehr sozialer Einfluss zugeschrieben. Wenn Trump beispielsweise Macron berührt, so geschieht das nicht aus reiner Freundlichkeit, sondern, um seinen übergeordneten Status zu demonstrieren. „Körpersprache ist“, so Lackner, „ein massiver Machtfaktor“. Daher rät sie Politikern, Körperbewegungen bewusster auszuführen.