Im Einer rudert jeder alleine

Sieben Jungunternehmer verraten ihr Erfolgsrezept

Selbstständigkeit. In Österreich gibt es rund 270.000 Einpersonenunternehmen. Doch zum Überleben braucht es mehr als nur Mut. Sieben Jungunternehmer verraten ihr Erfolgsrezept.

von Symbolbild: Jungunternehmer © Bild: iStockphoto.com

Sie war Fachfrau für Marketing und Vertrieb, als ihr 2009 die Idee kam, sich selbstständig zu machen. Seither ist Ingrid Schatz als Schmuckund Taschendesignerin in der eigenen Firma tätig.

Allein im vergangen Jahr gingen rund 270.000 Österreicher den gleichen beruflichen Weg wie Ingrid Schatz und arbeiteten im eigenen Ein-Personen-Unternehmen (EPU). Das heißt, sie gründeten ein Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft ohne Mitunternehmer und ohne Angestellte.

Für Mathias Haas war die Gründung seiner Firma ein logischer Schritt. "Ich war Praktikant bei Red Bull und habe dann gleich dort zu arbeiten begonnen", sagt der 27-Jährige. "Ich habe mich seit jeher mit Social Media beschäftigt, und es kamen immer mehr Leute auf mich zu, die meine Dienste in Anspruch nehmen wollten. Schließlich waren es so viele, dass der Schritt in die Selbstständigkeit das Richtige war."

40 Jahre & Branchenerfahrung

Seine Karriere ist typisch für einen Großteil der EPU, denn 75 Prozent machen sich in der Branche selbstständig, aus der sie kommen. Eher untypisch ist hingegen das Alter von Mathias Haas. Ein Drittel aller Gründer sind laut Wirtschaftskammer zwischen 40 und 50 Jahre alt. Das Durchschnittsalter liegt bei 45,1 Jahren. Der überwiegende Teil der Gründer entscheidet sich übrigens bewusst für die Selbstständigkeit. "Nur" 14 Prozent aller EPU-Neugründungen erfolgen aus der Arbeitslosigkeit.

So werde ich mein eigener Chef

"Man muss sich seiner Sache sehr sicher sein und viel Leidenschaft mitbringen", rät Mathias Haas. Außerdem muss man sich im Vorhinein mit Problemen auseinandersetzen, die auftreten können. Etwa: Was mache ich, wenn ich erkranke oder es nicht so läuft, wie erhofft? Steht das fertige Konzept, kann man sich schließlich an die Umsetzung seiner Geschäftsidee machen.

Der erste Weg führt zur Wirtschaftskammer. Hier werden Beratungen und Förderungen angeboten. "Man muss nur hingehen und sich melden, wenn man Fragen hat", so der App-Entwickler Sebastian Höbarth. "Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass man in irgendeiner Form gefördert wird und Auskünfte erhält. Egal ob es um AGB, Rechtssachen oder Steuern geht."

»14% aller Neugründungen erfolgen von ehemals arbeitslosen Personen.«

Als nächstes muss das Gewerbe angemeldet werden. Das ist bei der Bezirkshauptmannschaft, dem Magistrat oder elektronisch möglich. Ist das erledigt, muss sich der neue Unternehmer noch versichern. Dies geht über die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft.

Nicht zu vergessen: Auch das Finanzamt will vom neuen Unternehmen wissen. Die Meldung muss innerhalb des ersten Monats nach der Gründung beim Wohnsitzfinanzamt erfolgen.

Harte Auswahlkriterien

Neben der Wirtschaftskammer bietet auch das AMS ein Gründerprogramm an. Für viele der derzeit 466.226 beim AMS gemeldeten Personen könnte Selbstständigkeit ein Weg aus der Arbeitslosigkeit sein. Doch nicht jeder, der möchte, wird in das Gründerprogramm aufgenommen. Die Auswahlkriterien sind streng. 5.100 neue Unternehmen wurden 2014 über das AMS gegründet. Die Gründungsphase dauert bis zu neuen Monaten und wird von einem Unternehmensberater begleitet. Die Bezüge, die man über das AMS erhält, laufen in der Zeit weiter. "Doch viele scheitern schon bei der Überprüfung der Realisierbarkeit der Geschäftsidee", so Beate Sprenger vom AMS.

Erfolg ist nicht garantiert

Trotz guter Vorbereitung klappt es nicht immer mit der eigenen Firma. Rund ein Drittel aller Unternehmen überlebt die ersten fünf Jahre nicht. 36 Prozent geben als Grund für die Beendigung ihrer Selbstständigkeit das ökonomische Risiko an. Sie scheiterten an der Kundenakquise und an einem gesättigten Markt. Rund 35 Prozent konnten sich die anfallenden Steuern und Abgaben nicht mehr leisten.

Probleme, die man auch bei der Schuldnerberatung kennt. Nach der Arbeitslosigkeit ist die gescheiterte Selbstständigkeit die zweithäufigste Schuldenfalle. Die durchschnittliche Verschuldung ehemals Selbstständiger beträgt 100.000 Euro.

Netzwerk zum Überleben

Was raten diejenigen, die es geschafft haben? "Ich sehe mich als 'Netzwerk-Unternehmer'.

»64% beträgt die Überlebensquote der Unternehmen nach fünf Jahren.«

Ich bin zwar ein EPU, aber ich arbeite mit vielen anderen zusammen", sagt Robert Bauer, der Stahlbauprojekte managt. "Wichtig ist es, nur mit professionellen Leuten zusammenzuarbeiten, etwa mit einem guten Steuerberater, der zur Bank mitverhandeln geht."

Auch der APP-Entwickler Sebastian Höbarth weiß um die Wichtigkeit des Netzwerkens. "Ein EPU ist schön und gut, aber recht weit kommt man damit nicht. Da gibt es Grenzen nach oben. Ich habe mir vertrauenswürdige Partner gesucht, an die ich gewisse Sachen outsourcen kann."

Anfallende Aufgaben müssen also nicht immer ganz alleine bewältigt werden. "Ich habe mir eine Goldschmiedewerkstatt als Partner gesucht, die meine Ideen mit mir umsetzt. Ich kümmere mich um Marketing, Vertrieb und Organisation, die Werkstatt produziert nach meinen Vorlagen", beschreibt Ingrid Schatz ihren Arbeitsalltag. Ein Konzept mit Erfolg, denn mittlerweile sind ihre Schmuckstücke und Taschen in mehreren Ländern erhältlich.

7 Jungunternehmer verraten ihr Erfolgsrezept


Ingrid Schatz, Schmuckproduktion

"Ich habe meine Leidenschaft für Schmuck und Mode zu meinem Beruf gemacht. 2009 gründete ich meine eigene Marke und habe mit meinem Konzept den Modemarkt beackert. Meine traditionellen Schmuckstücke und Taschen verkaufe ich in Österreich, Bayern, der Schweiz und in Südtirol. Ich arbeite mit einer Goldschmiedewerkstatt zusammen, die meine Entwürfe umsetzt. Am Anfang war es natürlich schwierig, aber ich bin mit vollem Ehrgeiz eingestiegen. 2014 war ein Rekordjahr für mich, und mein Unternehmen wächst ständig." www.seenberg.at

Sebastian Höbarth, App-Entwickler

"Seit Oktober 2013 bin ich als App-Entwickler selbstständig. Die Möglichkeit dazu hat sich aber schon während meines Studiums in Hagenberg ergeben. Ich wollte eigene Produkte entwickeln und eigene Ideen umsetzen. Ich musste mir erst einen Namen machen, das war das Schwierigste. Meine Führerschein-App habe ich mit einem Partner aus der Schweiz entwickelt. Wir verflechten unsere Produkte für mehr Reichweite. Im IT-Bereich ist es schwierig, wenn man alleine ist." www.meineapp.at

Isolde Weiss, Reiseveranstalterin

"Ich habe 23 Jahre lang für ein Busunternehmen gearbeitet. Mit 47 habe ich beschlossen, mein Leben interessanter zu gestalten, und habe mich selbstständig gemacht. Ich organisiere Reisen, viele davon begleite ich auch selbst. Denn Fernreisen haben mich immer schon fasziniert. Zu Beginn war es schwierig. Aber ich hatte immer ein Ziel vor Augen. Hätte es gar nicht funktioniert, wäre ich in ein Reisebüro als Angestellte zurückgegangen." www.isoldeweiss.com

Robert Bauer, Projekt- und Stahlbau

"Ich habe 2001 meinen 2. Bildungsweg begonnen und am 8.3. 2003 beschlossen: In fünf Jahren bin ich selbstständig. Geworden ist es der 4.4.2008. Seither betreue ich Stahlbauprojekte. Für den Kunden bin ich der Ausführende. Ich selbst sehe mich als Netzwerkunternehmer. Denn ich arbeite mit vielen anderen Unternehmern zusammen. Ich kann nur allen empfehlen, sich vor der Selbstständigkeit gut auf ihre Ziele vorzubereiten." www.stahl-bauer.at

Hannes Schmitzberger, Projektmanagement Alt- und Neubau

"Vor einem Jahr habe ich mich selbstständig gemacht, weil ich unabhängig sein wollte. Ich war vorher 15 Jahre lang im Bauwesen tätig und habe direkt vom Angestelltenverhältnis in die Selbstständigkeit gewechselt. Das erste Jahr war viel schwerer, als ich es mir vorgestellt habe. Obwohl ich in der Branche bekannt bin, ist Networking extrem wichtig. Ich habe meine Entscheidung nie bereut, finanziell ist ein Überleben möglich." www.sh-projekt.at

Evelyn Kaufmann-Beer, Kosmetikerin

"Den Grundgedanken, mich einmal selbstständig zu machen, hatte ich immer schon. Ergeben hat es sich dann, als meine beiden Kinder klein waren. Ich habe in unserem Haus den Salon eingerichtet. Am Anfang war es ein bisschen zäh. Es hat zirka vier Jahre gedauert, um einen Kundenstock aufzubauen. Mittlerweile habe ich viele Stammkunden. Diese schätzen es sehr, dass ich mir für sie ausreichend Zeit nehme." www.evelyn.cc

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