Wiener Start-up unter
klügsten Köpfen Europas

Forbes: Diese Gründer zählen zu den interessantesten Persönlichkeiten Europas

Seit 2016 bringt das Wirtschaftsmagazin Forbes unter dem Titel "30 under 30" eine prestigeträchtige Liste mit den 300 interessantesten Persönlichkeiten Europas heraus. Die Gewinner sind allesamt unter 30 Jahren, gelten als die klügsten Köpfe ihrer Branche und besitzen eine enorme Innovationskraft. So auch die Gründerinnen des Österreichischen Start-ups "More than one Persepctive" (MTOP).

von Junge Talente - Wiener Start-up unter
klügsten Köpfen Europas © Bild: MTOP, Bianca Jakobic

Sie sind jung, hartnäckig und glauben daran, auch in einer kleinen Gruppe etwas verändern zu können. Darum gründeten die 26-jährige Lisa-Maria Sommer, die 29-jährige Nina Poxleitner und der 30-jährige Julian Richter das Start-up "More than one Perspektive" ("MTOP", z.Dt. "Mehr als eine Perspektive").

»Geflüchtete müssen verstehen, wie der österreichische Arbeitsmarkt funktioniert«

Im Fokus des jungen Unternehmens steht es gut ausgebildete, meist akademische Geflüchtete auf den Jobeinstieg in Österreich vorzubereiten. "Es geht darum, dass die Menschen verstehen, wie der österreichische Arbeitsmarkt funktioniert", sagt die Steirerin Lisa-Maria Sommer im Gespräch mit News.

Unterstützung auf dem Weg zum Erfolg

Weil Migranten nicht in diesem System aufgewachsen sind, wüssten sie nicht, welche Unternehmen es gibt, wie die Bewerbungsprozesse ablaufen oder wie man Netzwerke aufbaut. In Jordanien etwa gebe es so etwas wie Online-Jobplattformen, einen klassischen Lebenslauf oder ein Motivationsschreiben nicht.

© MTOP, Bianca Jakobic Nina Poxleitner

"Wir helfen den gut ausgebildeten Geflüchteten am Arbeitsmarkt anzukommen und in ihrer Branche Anschluss zu finden. Auf der anderen Seite klären wir die Unternehmen auf, welches Potential in diesem Menschen steckt", sagt die Oberösterreicherin Nina Poxleitner, die internationales Management studierte und schon in Indien, Chile, Schweden und England gearbeitet hat.

Die Forbes-Auszeichnung

Genau dieser Ansatz gefiel der Forbes-Jury und führte schließlich zu der Auszeichnung. "Indem sie die Vorteile von Integration aufzeigen, stemmen sich Sommer und Poxleitner gegen die in Österreich herrschenden Vorurteile gegenüber Flüchtlingen", so die Begründung des Wirtschaftsmagazins.

Wie kam es zur Gründung?

Prägend für das Gründungsteam, zu dem auch der studierte Volkswirt Julian Richter zählt, war ihre gemeinsame Zeit bei "Teach for Austria" - einer gemeinnützigen, österreichische Bildungsinitiative, die mit dem Stadtschulrat kooperiert. Nach dem Aufnahmeprozess wurden die drei zu Lehrern auf Zeit ausgebildet. Danach arbeiteten sie zwei Jahre lang als vollwertige Lehrkräfte in neuen Mittelschulen in Wien.

© MTOP, Bianca Jakobic Lisa-Maria Sommer

Die andere Perspektive

Im Durchschnitt haben 85 Prozent der Kinder an den Einsatzschulen von "Teach for Austria" eine nichtdeutsche Muttersprache. Die Arbeit habe gezeigt, wie wichtig es ist, Begegnungen zu schaffen und die Perspektiven der anderen zu verstehen. Ein weiterer Lerneffekt für die Gründer war zu erkennen, dass man auch als Einzelperson etwas verändern kann.

»Es ist eine Tatsache: Fehlende Integration vererbt sich«

"Ich habe in Klassen im 10. Bezirk unterrichtet, in denen 14. Nationalitäten zusammenkamen und fast niemand hatte Deutsch als Muttersprache", berichtet Lisa-Maria Sommer, die eigentlich Volkswirtschaft und Psychologie studiert hat.

Mysterium österreichisches Bildungssystem

Die Tätigkeit als Lehrerin war ihr Einstieg in das Integrationsthema. Die Eltern dieser Kinder wüssten nicht wie das österreichische Bildungssystem funktioniert. Und das hat Folgen. "Fehlende Integration vererbt sich", ist Julian Richter überzeugt der schon im Studium seinen Fokus auf soziale Gerechtigkeit legte.

Der Schlüsselmoment für das Team

Ende 2015 nahm er einen jungen Mann aus Syrien bei sich in der Wohnung auf. Der Geflüchtete hatte ein abgeschlossenes Jus-Studium und in kürzester Zeit gut Deutsch gelernt. Und dennoch: Ohne Julian Richters Hilfe wäre er bei der Arbeitssuche gescheitert.

© MTOP, Martha Starke Julian Richter (li.)

"Er hat alles getan um in Österreich anzukommen, auch in einem Beruf. Ich habe erkannt, dass es an Institutionen fehlt, die Geflüchteten helfen diesen letzten Schritt in den Arbeitsmarkt zu schaffen", sagt der 30-Jährige.

»Flüchtlinge wollen Steuern zahlen«

Niemand komme ohne Hoffnung nach Österreich, ohne die Idee hier etwas neues aufzubauen. "Die Menschen wollen ihr Potential in der Gesellschaft einsetzten, sie wollen arbeiten und auch Steuern zahlen." Und genau dabei wollen sie den Geflüchteten mit ihrem Start-up helfen.

Förderungen von EU und Ministerium

Um ihre Ideen und Erfahrungen selbstständig umsetzten zu können, gründeten die drei im Jahr 2016 ihr eigenes Unternehmen MTOP. Co-finanziert wird ihr Unternehmen von der EU und zwei Ministerien. Zudem zahlen auch die Geflüchteten eine Programm-Teilnahmegebühr sowie die Unternehmen eine Vermittlungsgebühr.

© MTOP, Martha Starke

Erste Meilensteine konnten schon erreicht werden: So sind insgesamt 24 Personen mit Fluchthintergund (Asyl- oder Schutzberechtigt) im ersten Jahr mit Hilfe des Unternehmens erfolgreich am Arbeitsmarkt angekommen.

"Am schönsten sind die Anrufe, die wir von den Menschen nach ihren ersten Arbeitstagen bekommen. Sie sind so dankbar und glücklich. Sie brennen wirklich darauf in ihrem Job durchstarten zu können", erzählt Lisa-Maria Sommer.

Was bringt die Zukunft?

Derzeit kommen die gut ausgebildeten Geflüchteten aus Syrien, Iran, Irak und Afghanistan. Die Regionen könnten künftig ausgeweitet werden. "Wir wollen auch in Österreich noch mit mehr Unternehmen zusammenarbeiten", sagt Richter. Wichtig sei, dass die Unternehmen alle Bevölkerungsgruppen als potentielle Arbeitnehmer wahrnehmen.

»Die Geflüchteten wollen ihr Potential in der Gesellschaft einsetzen «

"Manche Firmen haben das Ganze eher als 'Social-Resposibilty-Kampagne' gesehen und waren dann schlussendlich überrascht, dass sie den perfekten Mitarbeiter gefunden haben", betont er. Das Start-up wolle nicht nur helfen einen sozialen Beitrag zu leisten, sondern vor allem Unternehmen dabei unterstützen die richtige Personal-Entscheidung zu treffen.