Juncker zuversichtlich

Rechnet mit Wahl zum EU-Kommissionspräsidenten. Cameron droht mit Austritt.

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Europawahl 2014 - Juncker zuversichtlich

"Europa muss sich nicht erpressen lassen." In den kommenden drei bis vier Wochen sollten auch die übrigen Regierungschefs mit an Bord geholt werden, sagte Juncker. Er bot dem Vorabbericht zufolge Gespräche über die inhaltlichen Schwerpunkte der nächsten Kommission an.

Die Europäische Volkspartei (EVP) mit Juncker als Spitzenkandidaten war bei der Europawahl stärkste politische Kraft geworden. Gegen Juncker als neuen Kommissionspräsidenten gibt es jedoch Widerstand. So warnte der britische Premierminister David Cameron laut einem Bericht des Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" vor dem Austritt seines Landes aus der Europäischen Union.

Cameron warnt vor Austritt Großbritanniens

Beim Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs am vergangenen Dienstag habe Cameron unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der Warnung unter Druck gesetzt, er könne bei einem Votum für Juncker den Verbleib Großbritanniens in der EU nicht länger garantieren. Für den Briten wäre ein Kommissionspräsident Juncker, der seit drei Jahrzehnten die Brüsseler Politik prägt, ein falsches Signal.

Laut "Spiegel" qualifizierte Cameron den langjährigen Luxemburger Ministerpräsidenten mit den Worten ab: "Ein Gesicht der 80er Jahre kann nicht die Probleme der nächsten fünf Jahre lösen." Unter Berufung auf Teilnehmerkreise berichtet das Magazin, Cameron befürchte eine Destabilisierung seiner konservativ-liberalen Regierung. In der Folge müsste möglicherweise ein Austrittsreferendum vorgezogen werden, das mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Nein der Briten zur EU-Mitgliedschaft führen werde.

Hollande gegen Juncker

"Bild am Sonntag" berichtete zudem, auch der französische Präsident Francois Hollande habe versucht, Juncker zu verhindern und stattdessen einen Franzosen an der Spitze der Kommission durchzusetzen. Hollande ließ Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) demnach in dieser Woche mitteilen, dass er nach dem Wahlerfolg des rechtsradikalen Front National dringend ein Signal für seine Regierung brauche.

Dem Bericht zufolge brachte er seinen früheren Finanzminister Pierre Moscovici als Kommissionspräsidenten ins Spiel. Merkel hatte sich am Freitag auf dem Katholikentag in Regensburg für Juncker ausgesprochen, nachdem sie sich auf dem EU-Sondergipfel am Dienstag noch nicht festgelegt hatte.

Verhinderung Junckers wäre "Vertrauenskrise in EU"

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat seine Unterstützung für den konservativen Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker für das Amt des Kommissionspräsidenten bekräftigt. Sollte Juncker verhindert werden - derzeit hat dieser noch einige Gegner - würde das eine "Vertrauenskrise in der EU auslösen", so Faymann im Interview mit der Tageszeitung "Österreich" (Sonntagsausgabe). "Das wäre sehr schlecht."

Die Kehrtwende der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich anfangs gegen Juncker als Kommissionspräsident stellte, am Freitag aber doch Unterstützung für den Luxemburger signalisierte, sei "ein Schritt in die richtige Richtung", betonte der Kanzler.

Renzi: "Juncker ist nicht einziger Kandidat"

Für den italienischen Premier Matteo Renzi ist Luxemburgs Ex-Präsident Jean-Claude Juncker nicht der einzige Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten. "Juncker ist 'ein' Name für die Kommission, er ist aber nicht 'der' Name", sagte Renzi bei einem Wirtschaftsseminar in Trient am Sonntag.

Renzi, dessen Demokratische Partei (PD) mit 40,8 Prozent der Stimmen die EU-Wahl in Italien am vergangenen Sonntag gewonnen hat, betonte, dass Junckers Europäische Volkspartei (EVP) zwar die meisten Sitze im neugewählten EU-Parlament erhalten habe. Juncker habe jedoch keine gesicherte Mehrheit und daher kein automatisches Recht auf das Amt des EU-Kommissionspräsidenten.

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