Jobs, die Zukunft haben

Immer mehr Akademiker auf Jobsuche. Welches Studium lohnt sich noch?

Matthias sitzt konzentriert vor seinem Computer. Gewissenhaft klickt er sich durch den "Berufskompass". Die Seite des Arbeitsmarktservice soll ihm helfen, den richtigen Beruf zu finden. "Unterhältst du dich auf einer Party lieber mit Freunden oder mit fremden Personen?", will der Computer wissen. Oder: "Interessierst du dich für die ökologischen Probleme unserer Zeit?" Insgesamt 77 Fragen muss der Schüler beantworten. Dann glaubt die Maschine, Matthias' Talente und Neigungen erkannt zu haben.

von Mann vor einem Touchscreen © Bild: iStockphoto.com

Sofort spuckt der Computer 16 Berufe aus, zwischen denen sich der 17-jährige Burgenländer entscheiden kann. Die Auswahl reicht vom Funktechniker bis zum Museumsführer, vom Pharmatechnologen bis zum Altwarenhändler. Matthias ist ratlos. Keiner der angeführten Berufe entspricht den Interessen des Burschen. Es scheint, als müsse er sich seinen Traumberuf selbst suchen.

Hauptsache Studium

Matthias zählt zu den 45.000 Schülern, die heuer maturieren werden. Viele von ihnen wissen noch nicht, was sie danach werden wollen. Auch Matthias nicht. Das Einzige, was er mit Sicherheit weiß: Er möchte studieren. Aber was? Seit Monaten versucht er, sich im Dschungel der an über 70 Hochschulen angebotenen 2.000 Studienrichtungen zurechtzufinden. Da fällt die Wahl schwer. Es sollte etwas sein, was Spaß macht, womit er später sicher einen Job bekommt und viel Geld verdienen wird. Nur: Welcher Beruf ihm diese Wünsche erfüllen soll, das weiß er nicht. So wie Matthias geht es vielen jungen Leuten. Sie wollen nach der Matura studieren, haben aber keinen konkreten Berufswunsch. Durch die Globalisierung und Technisierung fällt es jungen Menschen immer schwerer, den passenden Beruf zu finden. Hinzu kommt: Selbst Fachleute können nicht sagen, welche Berufsfelder in den nächsten 20 Jahren überleben werden.

Die goldene Regel "Hauptsache Studium - egal welches" ist schon lange passé. Galt ein abgeschlossenes Studium an einer Universität oder Fachhochschule lange als Freifahrtschein ins Berufsleben, hat der schwächelnde Arbeitsmarkt nun auch die Akademiker erfasst. Vor allem Absolventen der Sozial- und Geisteswissenschaften haben es schwer, einen passenden Job zu finden. Das weiß Marina B. nur zu gut. Die 31-jährige Steirerin hat einen Magistertitel in Soziologie. Zudem spricht sie drei Sprachen fließend und hat eine zusätzliche Ausbildung in Personalmanagement. Trotzdem: Das große Geld lässt auf sich warten, nicht einmal eine angemessene Bezahlung ist in Sicht. Derzeit jobbt Marina auf Honorarbasis. Mit dem Einkommen kann sie gerade einmal die Miete bezahlen.

Lohnt sich ein Studium überhaupt noch?

Arbeitslosigkeit kann heute jeden Akademiker treffen - selbst Absolventen technischer Studien. Norbert B. ist 30 Jahre alt. Er hat an der Grazer Universität Technische Physik studiert, Abschlussnote "Sehr gut". Gleich nach dem Diplom bekam er einen Job in einem wissenschaftlichen Institut. Nach zwei Jahren dann die Worte, die jeder Arbeitnehmer fürchtet: "Herr B., wir müssen uns leider von Ihnen trennen!" Als Norbert seinen Job verlor, war er zwar traurig, blieb aber optimistisch: "Wer studiert hat, muss sich um seine berufliche Zukunft keine Sorgen machen", dachte er. Dennoch suchte Norbert B. mehrere Monate lang vergeblich nach einem Job in seinem Fachbereich. Er schickte mehr als 30 Bewerbungen ab. Die meisten Firmen sagten nicht einmal ab.

»Selbst das falsche Studium ist besser als keines«

Da stellt sich die Frage: Lohnt sich ein Studium angesichts der Berufschancen überhaupt noch? "Ja, auf alle Fälle", sagt Thomas Horvath vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung. "Selbst das falsche Studium ist besser als keines", bestätigt auch Johannes Kopf, Vorstand des Arbeitsmarktservice Österreich. "Viele studieren das Falsche", sagt Kopf. "Es gibt beliebte Studien, bei denen mir außer einer Unikarriere nicht einmal theoretisch ein Job einfällt, etwa die Kombination aus Pädagogik und Englisch. Aber selbst mit einem 'schlechten' Studium sind die Chancen auf einen Job achtmal größer als für jene, die nur einen Pflichtschulabschluss haben."

Technisches Know-how

Höhere Bildung bleibt den Experten zufolge also auch in Zukunft der beste Schutz vor Arbeitslosigkeit. Die Nachfrage nach Universitätsabsolventen wird in den nächsten fünf Jahren um neun Prozent steigen. Das ergab eine Analyse des Instituts Jaksch & Partner im Auftrag der Wirtschaftskammer. Besser scheint die Situation für Fachhochschulabsolventen: Hier wird eine 15-prozentige Steigerung bei den Stellenangeboten prognostiziert. Die größere Praxisorientierung und Spezialisierung vieler Studienrichtungen macht diese Ausbildung für künftige Arbeitgeber attraktiver. Generell gilt heute auf dem Arbeitsmarkt: Es kommt weniger darauf an, dass man studiert, sondern was man studiert. "Wer ein Massenfach studiert, muss sich in Zukunft spezialisieren", sagt Sabine Putz, Leiterin der Arbeitsmarktforschung und Berufsinformation des AMS. Mit einem einfachen BWL-Abschluss wird es schwierig, einen Job zu bekommen.

Wer seinem Nachwuchs heute einen guten Rat für die Zukunft geben möchte, dem kann angesichts der fortschreitenden Digitalisierung eigentlich nur eines einfallen: Kind, werde Informatiker. Datendiebstahl, Einstieg in Firmennetzwerke - die Sicherheit spielt in der Informationstechnologie (IT) eine immer größere Rolle. Und die zunehmende Digitalisierung schafft zunehmend neue Berufsfelder. Gesucht werden derzeit vor allem Data Scientists, Cloud-Spezialisten und Data-Architekten. Auch Juristen werden in Zukunft nach wie vor gefragt sein. "Allerdings nicht als Feld-Wald-und-Wiesen-Anwalt, der bei Nachbarschaftsstreitigkeiten und Verkehrsangelegenheiten berät", sagt Putz. Auch auf das Berufsfeld des Juristen wirke sich die Digitalisierung aus.

Maschinen statt Menschen

Wurden Anwälte oft dafür bezahlt, Berge von Akten und Dokumenten zu studieren und zu analysieren, so kann Software dies mittlerweile nicht nur schneller, sondern auch besser und günstiger. Deshalb ist es auch für Juristen wichtig, technische Grundfertigkeiten zu beherrschen: Sie sollten digital kommunizieren können, wissen, wie Algorithmen aufgebaut sind und wie man mit Datenbanken umgeht. Das erhöht die Jobchancen immens.

Auch Berufe aus dem Bereich Gesundheit und Pflege gewinnen laufend an Bedeutung. Die Menschen werden immer älter - der Pflegebedarf steigt. Absolventen mit einem Bachelorabschluss können sowohl als Krankenpfleger als auch als Berater arbeiten, zudem können sie ein weiterführendes Masterstudium anfangen und ihre Aufstiegsmöglichkeiten so erweitern. Neben Pflegefachkräften sind auch Ärzte, medizinische Assistenzberufe oder Physiotherapeuten gefragt.

Noch vor ein paar Jahren waren "Green Jobs“ eher eine Zukunftshoffnung. Das hat sich schlagartig geändert. In den nächsten 20 Jahren werden laut Fraunhofer-Institut allein im Bioenergiesektor rund eine Million neue Stellen geschaffen; dieser zählt somit zu den Wachstumsbranchen am Arbeitsmarkt.

Die TU Graz beispielsweise hat für den Bereich Bioraffinerie zwei neue Masterstudien konzipiert, die ab dem nächsten Jahr starten. Für andere akademische Berufe im Energiebereich ist das Studium der Öko-Energietechnik geeignet, das die Fachhochschule Oberösterreich in Wels anbietet.


JOBS DER ZUKUNFT


Krankenpflege/Pflegemanagement

Krankenpfleger
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Was muss ich tun? Pflege und Betreuung kranker und gesunder Menschen, Pflegeorganisation. Darüber hinaus kann man gutachterlich tätig sein. Durch ein zusätzliches Masterstudium an der Uni kann man zur Stationsleitung aufsteigen oder Lehrkraft werden.

Was muss ich können? Neben einem Abschluss auf der FH oder Universität sollte man teamfähig sein und gerne mit Menschen zu tun haben.

Wo kann ich arbeiten? Spitäler, Pflegeheime, Hauskrankenpflege, Sozialzentren, private und gesetzliche Sozialversicherungsträger, Pharmaindustrie, IT-Dokumentation.

Wie viel kann ich verdienen? Das Bruttoeinstiegsgehalt liegt zwischen 2.670 und 2.960 Euro im Monat.

Big Data Scientist

Digital Manager
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Was muss ich tun? Der Big Data Scientist muss Daten sammeln und auswerten. Aus den Daten entwickelt er neue Geschäftsmodelle und Konzepte. Meist spezialisieren sich Analysten auf einen Bereich.

Was muss ich können? Voraussetzung ist ein Informatikstudium. Gleichzeitig sind hohe soziale Kompetenz und Durchsetzungsvermögen notwendig.

Wo kann ich arbeiten? Vor allem in der Finanzwirtschaft, in der Logistikbranche, im Handel und in der Industrie, in Universitäten und Forschungseinrichtungen.

Wie viel kann ich verdienen? Die Bruttoeinstiegsgehälter liegen meist nicht unter 30.000 bis 40.000 Euro im Jahr.

Öko-Energietechniker

Solarenergie
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Was muss ich tun? Entwicklung von Systemen zur Energieerzeugung sowie Planung und Optimierung von ökologischen und energieeffizienten Gebäuden.

Was muss ich können? Die Ausbildung erfolgt etwa auf der TU Graz oder auf der FH Oberösterreich in Wels. Weiters gefragt: zusammenhängendes und rationelles Denken.

Wo kann ich arbeiten? Energieversorgungsunternehmen, öffentliche Einrichtungen, Ingenieurbüros und Forschungsinstitutionen.

Wie viel kann ich verdienen? Das durchschnittliche Einstiegsgehalt beträgt 41.000 Euro brutto im Jahr. Danach steigen die Gehälter auf 43.000 bis 51.000 Euro.

Social-Media-Manager

Social Media
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Was muss ich tun? Sie sind verantwortlich für die Inhalte, die in Onlinemedien sowie in Blogs und Onlineforen platziert werden, und für den Aufbau des Dialogs mit den Zielgruppen und der User-Community.

Was muss ich können? Eine gute Basis bildet das Studium der Medieninformatik oder die Werbeakademie. Wichtig ist Interesse an sozialen Netzwerken und Freude an Kommunikation.

Wo kann ich arbeiten? In Unternehmen, die mehrere soziale Netzwerke wie Facebook nutzen oder deren einziger Vertriebskanal das Internet ist.

Wie viel kann ich verdienen? Das Einstiegsgehalt liegt bei 31.000 Euro brutto im Jahr und kann auf bis zu 60.000 Euro steigen.

Kommentare

und was ist mit Bäcker, Fleischhauer, Tischler, Bauer? An diese Berufe denkt wie immer niemand. Studieren alleine bringt null....

Die Zukunft: Es gibt immer weniger Arbeit:
A.) Durch Automatisation
B.) Mehr Jobs entstehen nur wenn wir "MEHR" arbeiten.

Obwohl es immer weniger Jobs im Land gibt importiert die Regierung weitere Arbeitslose (Akademiker). So etwas kann nicht lange gut gehen!

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