Die singenden "Jersey Boys"

Warum Eastwoods Mafia-Musical nicht ganz überzeugt aber dennoch sehenswert ist

von jersey boys © Bild: © 2013 Warner Bros. Entertainment Inc. and RatPac Entertainment.

Frankie Castelluccio wächst in einem ärmlichen Viertel von New Jersey auf. Es ist das Jahr 1951, die Mafia gibt den Ton an. Seine Freunde sind Gauner und Diebe, er selbst will einmal so berühmt sein wie Frank Sinatra, sagt er seiner späteren Frau beim ersten Date. Unter dem Namen Frankie Valli und als Leader der Band The Four Seasons schafft der "Jersey Boy" (ab 1. August im Kino) den Durchbruch.

Die Popgruppe zählte zu den wenigen Bands, die in den frühen 60er Jahren den Beatles Konkurrenz machte und die Hitparaden stürmte. Wem der Name Valli heute nichts mehr sagt, der kennt vielleicht noch seine extrem hohe Falsettstimme und den Jukebox-Sound von Ohrwürmern wie "Sherry", "Big Girls Don't Cry", "Walk Like A Man", "Working My Way Back To You" und "Can't Take My Eyes Off You".

Kein Glanzstück eines ganz Großen

Hollywoods Ex-Revolverheld und "Dirty Harry"-Cop Clint Eastwood (84) hat sich von dieser Musik erweichen lassen. Das Filmmusical "Jersey Boys" über den Aufstieg, die Freundschaft, den Ruhm und den Frust der Bandmitglieder um Valli ist Eastwoods 33. Regiewerk. Der vierfache Oscar-Preisträger hat sich mit Filmdramen wie "Mystic River", "Erbarmungslos", "Million Dollar Baby", "Gran Torino" und "Invictus - Unbezwungen" längst als sensibler Regisseur etabliert.

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© © 2013 Warner Bros. Entertainment Inc. and RatPac Entertainment.

Als Glanzstück geht "Jersey Boys" nicht in Eastwoods Lebenslauf ein, dazu gerät der Regisseur zu oft aus dem Takt. Er wechselt zwischen Crime- und Freundschaftsdrama, zwischen leichtem Musical-Ton und den tiefergehenden Schicksalsschlägen seiner Figuren. Zu holprig gestalten sich zudem die Übergänge zwischen den Genres und Zeitsprüngen. So sieht man Valli seine Tochter Francine am Bettrand sitzend ob des ständig abwesenden Vaters zu beruhigen und einige Szenen später verabschiedet sich der Musiker von seiner Frau und zwei weiteren Töchtern, die wie aus dem Nichts auftauchen. Zudem kann für den, der die Stimme Vallis nicht kennt und liebt, der Dauer-Quitscher vor allem zu Beginn der Musik-Karriere schnell als akustische Quälerei empfunden werden.

Dennoch schafft es Eastwood, den Zuschauer vor allem in der zweiten Hälfte des Filmes mit seinem szenischen Gefühl für die 50er und 60er Jahre, vom pastellfarbenen Dekor der Nachtclubs bis zu den rauchverqualmten Plattenstudios zu erfreuen. Die Hits gehen ins Ohr und der Aufstieg und vor allem auch der Fall der "Jersey Boys" lässt sich gemütlich konsumieren.

Unbekannte Stars

Eastwood macht den in Hollywood kaum bekannten Broadway-Star Young (er spielte bereits im Broadway-Musical, auf dem der Film basiert den Hauptdarsteller) erneut zu Frankie Valli. Auch die anderen Darsteller sind Leinwandneulinge. Vincent Piazza spielt den Gitarristen Tommy DeVito, der die Band in Schulden stürzt. Michael Lomenda verwandelt sich in den Sänger und Bassgitarristen Nick Massi. Bob Gaudio, der die meisten Hits der Four Seasons komponierte, wird von Erich Bergen dargestellt.

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© © 2013 Warner Bros. Entertainment Inc. and RatPac Entertainment.

Die Highlights

Nur einen Leinwandstar stellt Eastwood seinem talentierten Ensemble zur Seite. Oscar-Preisträger Christopher Walken glänzt in der Rolle des Mafioso Gyp DeCarlo, der sich als Mentor hinter Valli stellt. Und Mob-Fans erfreuen sich bereits in den ersten Minute über den kurzen Auftritt eines "Sopranos"-Stars. Auch wenn das kurze Auftreten dieser beiden Gaststars auf jeden Fall die größeren Highlights der "Jersey Boys" darstellen, soll dies nicht bedeuten, dass der Rest nicht auch sehenswert ist, auch wenn es wohl kein ganz großer Wurf à la Eastwood geworden ist.

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