Jan Delay: "Slash ist Oberstyler und Karl Lagerfeld Rock'n'Roller"

Der deutsche Hip-Hopper über seinen Stilwechsel, dicke Kinder und "Star Wars"

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NEWS.AT: Du hast jetzt mit „Hammer & Michel“ ein Rockalbum gemacht. Was hat dich dazu inspiriert?
Jan Delay:
Ich glaube, inspiriert hat mich dazu die Energie von Gitarrenmusik an sich. Und bei uns ging es ja sowieso immer schon um Energie – also bei Disko Number One Live. Und bei Rock, da kann man einfach nochmal eine Schippe Energie oben drauf legen.

NEWS.AT: Aber „My Heart belongs to Hip Hop” sagtest du 2006 in einem Interview…
Jan Delay: Das sag ich von 1988 bis 2014 jeden Tag. Das schöne an Hip Hop ist ja, dass es keine Grenzen oder Barrieren gibt, sondern dass du dich allem bedienst und bemittelst, was du selber gut findest und das macht es zur tollsten, schönsten und allumfassendsten Kunstform.

NEWS.AT: Wer sind deine großen Rockidole?
Jan Delay: Boah, da gibt es einige. Ich hab hinten auf der Platte so einen Satz: „This Album is dedicated to the spirit of…“ und da stehen „Lenny und Lemmy“, damit meine ich Lenny Kravitz und Lemmy Kilmister, „Iggy und Ziggy“, damit meine ich nicht Ziggy Marley sondern Ziggy Stardust und Iggy Pop und „Slash und The Clash“ und „Abbey Road und Hafenstraße“. Das ist natürlich auch daraufhin getrimmt, dass es sich reimt und es lustig klingt, aber da gibt es sicher noch mehr. Gerade von den neuen Bands müsste ich auf jeden Fall Queens oft he Stone Age und Wolfmother nennen, weil das sind zwei Bands, die mich letztendlich dazu hinreißen haben lassen, zu sagen: „Ey, Rockmusik ist ja doch richtig derbe“ und das hätte ja gar nichts zu tun mit Bon Jovi und Bryan Adams. Und deshalb sind die beiden auch mit daran schuld, dass es jetzt von mir eine Platte mit Gitarrenmusik gibt.

NEWS.AT: Wie passen Styler und Rocker zusammen? Tauscht du jetzt Hemd und Krawatte gegen Lederjacke und Nieten?
Jan Delay: Ein Styler und ein Rock’n‘ Roller kann ein und dasselbe sein, das schließt sich überhaupt nicht aus. Slash ist der Oberstyler und Lemmy und Ozzy sind auch…naja, ok, ne. Aber es gibt auf jeden Fall viele, viele, viele Styler in Rockbands. Genauso gibt es viele Styler, die eigentlich Rock’n’Roller sind. Weil ich meine, Karl Lagerfeld ist ein Rock’n’Roller, auch wenn er kein Heroin drückt.

NEWS.AT: Wie haben deine Fans auf deinen neuen Stil reagiert?
Jan Delay: Durch die Bank weg positiv. In allen Zeitungen stand: „Juhu, endlich macht Jan eine Rock-Platte.“

»Mich regen dumme Eltern auf.«

NEWS.AT: In „Dicke Kinder“ mokierst du dich über Fettleibigkeit und dicke Kinder. Wieso regt dich das so auf?
Jan Delay: Dicke Kinder regen mich nicht auf, mich regen dumme Eltern auf. Das ist ein Song gegen dumme Eltern. Es geht darum, dass die armen Zwerge nichts dafür können. Es ist für die Eltern viel bequemer, eine Pizzapackung aufzumachen, dauert nicht lange und ist kostengünstig. Das macht man dann jeden Tag und dann sieht man das Resultat und die Zwerge können nichts dafür und haben krass da drunter zu leiden. Wenn man einfach ein bisschen mehr Zeit aufwenden würde, könnte man für den gleichen Preis einfach ein bisschen Gemüse kaufen und dann sähe das Resultat ganz anders aus und den Kindern würde es viel besser gehen. Deshalb mach ich so einen Song und wenn ich den so nenne, ist das etwas, das hängen bleibt und worüber geredet wird.

NEWS.AT: Wie gesund ernährst du dich selber?
Jan Delay: Sehr! Wenn man mal bitte einfangen könnte, was dahinten aufgebahrt ist: Eine Schale voller Paprika. Inzwischen ist es schon so, dass mir mein Ruf voraus eilt und überall, in jeden Raum, in den ich komme, steht eine Schale mit Paprika.

Paprika in Jan Delays Zimmer
© NEWS.AT Jan Delay und seine Schale Paprika (im Hintergrund)

NEWS.AT: „Sie kann nicht tanzen“ erinnert an „Unrockbar“ von den Ärzten. Siehst du da auch Parallelen?
Jan Delay: Stimmt! Stimmt, jetzt wo du es sagst… muss ich nochmal hören. Aber es geht nicht um tanzen, sondern darum, dass sie keine gute Musik hört, ne? Also kuck, dann hat ja keiner gemerkt (lacht). Ne, aber das muss ich mir echt nochmal anhören. Ich mag die Ärzte gerne, aber ich bin nicht mit ihrem Backkatalog vertraut, weil mein Herz schlägt für Hip Hop.

NEWS.AT: Apropos Ärzte: Auch Bela B hat gerade eine neue Platte veröffentlicht, eine Country-Platte. Muss man als Musiker nach einiger Zeit einfach mal aus seinem gewohnten Umfeld ausbrechen? Um dann vielleicht auch festzustellen, warum man dort „zuhause“ ist, wo man her kommt?
Jan Delay: Nicht generell. Man darf nie von sich auf andere schließen, aber es ist schon so, dass es einfach schnell langweilig wird. Genauso wie in der Landwirtschaft, wenn du Monokultur betreibst, dann wird dein Boden irgendwann unfruchtbar und deshalb darfst du höchstens drei Jahre lang das gleiche säen und danach musst du es brach liegen lassen und dann was anderes säen, weil sonst der Boden im Arsch ist. So ist das bei mir auch. Man muss einfach mal was anderes ausprobieren, um sich das Vorhergehende bzw. die andere Band frisch und spannend zu halten. So ist das toll, ich probier mich aus und wenn ich mit den Beginnern wieder zusammen Hip Hop mache, haben wir nicht den Drang, jetzt auf einmal Tango-Hip Hop zu machen.

NEWS.AT: Das Video zu „St. Pauli“ erinnert an die alten Star Wars-Filme. Bist du ein großer Star Wars-Fan?
Jan Delay: Ein riesiger Star Wars-Fan! Für mich ist Star Wars schon fast eine Religion. Nein, Quatsch, das ist fast schon zu hoch, aber ich glaube, man kann die Menschen, wie so oft in Gruppen unterteilen: Es gibt Star Trek-Menschen und es gibt Star Wars-Menschen und ich bin auf jeden Fall ein Star Wars-Mensch, ich kann mit Star Trek nichts anfangen und Star Wars ist für mich das Größte.

NEWS.AT: Also freust du dich auf die drei neuen Filme, die jetzt gedreht werden?
Jan Delay: Da hab ich ehrlich gesagt ein bisschen Angst. Man ist ja immer auch ein bisschen konservativ. Wenn man etwas als Kind kennen gelernt hat und es hat so einen Impact auf einen gehabt, dann ist das schwer, etwas Neues zu machen, das einen genauso packt und mitnimmt. Diese alten Star Wars-Filme, die haben so eine tolle Wärme, weil die so die Effekte so naiv sind: Da fliegen Nike-Turnschuhe durch das Bild und es wirkt auf dich wie ein Raumschiff. Bei diesen Episodenfilmen um die Jahrtausendwende habe ich auch nur mehr mit einer Arschbacke hingeguckt, das hat mich schon nicht mehr so gekriegt.

Jan Delay
© Universal Jan Delays neue Platte "Hammer & Michel"

NEWS.AT: „Hammer & Michel“ klingt sehr massentauglich. Willst du damit eine neue Fan-Gemeinde erschließen?
Jan Delay: Ja, ich dachte mir, da ich die letzten zwölf Jahre im Keller mein Nischendasein gefristet habe, probiere ich jetzt mal, ob mir auch ein Popwurf gelingt.

NEWS.AT: Sehr erfolgreich weil sehr massentauglich sind derzeit Schlagerstars wie Helene Fischer oder Andrea Berg. Ist man da auch mal eifersüchtig auf deren Erfolg?
Jan Delay: Ehrlich gesagt ist das eine Welt, die man überhaupt nicht mitkriegt.

NEWS.AT: Man vergleicht sich und seine Verkaufszahlen auch nicht damit?
Jan Delay: Ne, das sind ja Äpfel und Birnen. Ich meine gar nicht, dass man Äpfel und Birnen nicht miteinander vergleicht, das geht ja darin über, dass man alles, was verkauft wird, miteinander vergleicht, also Äpfel mit Helene Fischer und Birnen mit Jan Delay. Das ist einfach eine komplett andere Welt.

NEWS.AT: Wie geht es jetzt weiter bei dir? Was kommt nach dem Rock?
Jan Delay: Ich mach jetzt wieder Hip Hop, ich mach mit den Beginnern eine Rap-Platte.

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