2017. Ein Jahr, das
die Welt veränderte

Von Trump bis Kurz, von Interkontinentalraketen bis #metoo – 2017 hielt die Welt in Atem

2017 war ein bewegtes Jahr voller Veränderungen. Donald Trump und Van der Bellen wurden zu Präsidenten, traditionelle politische Parteien zu Bewegungen und Hashtags zu Kampfbegriffen. Eine chronologische Retrospektive auf politische und gesellschaftliche Umbrüche.

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Jänner: Trump, Trump, Trump

Sechs Tage nachdem in Österreich der ehemalige Grüne Alexander Van der Bellen als neunter Bundespräsident der Zweiten Republik angelobt wird, legt der Immobilienmilliardär Donald Trump auf den Stufen des Kapitols in Washington seinen Amtseid als 45. Präsident der USA ab. In seiner Antrittsrede gibt er die Parole "Amerika zuerst" aus - und setzt von diesem Tag an zu einer nicht enden wollenden Abfolge von erratischen Entscheidungen, skurrilen Wortmeldungen und wüsten Konflikten an - sowohl mit politischen Mitstreitern und Gegnern im eigenen Land als auch mit anderen Staaten, internationalen Organisationen und vor allem Medien.

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Februar: Ein Anschlag auf die Meinungsfreiheit

Ein Schicksal, das die Welt bewegte: Der Türkei-Korrespondent der deutschen Tageszeitung "Die Welt", Deniz Yücel, wird in Istanbul verhaftet. Einen Anschlag auf die Meinungsfreiheit, nannte es die britische Tageszeitung „The Guardian“. „Die Zeit“ spricht von Yücel als Erdogans politischen Gefangenen. Angeklagt wurde er wegen Datenmissbrauch, Terrorpropaganda und Aufwiegelung der Bevölkerung. Unter Anwendung der Terrorgesetze könnten ihm über zehn Jahre Haft bevorstehen.

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März: Terror in Europa

Bei einem Anschlag auf das Parlament in London werden fünf Menschen getötet, unter ihnen der Täter. Ein zum Islam konvertierter Brite fährt auf der Westminster-Brücke zunächst mit seinem Auto Fußgänger an und tötet dabei drei Passanten. Anschließend ersticht der Amokläufer einen Polizisten vor dem Parlament, bevor ihn die Polizei erschießt. Rund 50 weitere Menschen werden verletzt, darunter zahlreiche ausländische Touristen. Die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) reklamiert die Tat für sich.

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Es ist längst nicht der erste Anschlag innerhalb Europas und wird auch nicht der letzte sein. Weder für Europa noch für London. 2017 wurde die britische Hauptstadt insgesamt vier Mal Opfer von terroristischen Attacken. Das Beispiel von Westminster zeigt, dass der Terror längst in Europa angekommen ist. Und es scheint, wir haben uns daran gewöhnt.

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April: Erdogan wird zum „Alleinherrscher“

Die türkische Bevölkerung stimmt in einem im In- und Ausland hochumstrittenen Referendum einer Verfassungsänderung zu, die Präsident Recep Tayyip Erdogan praktisch zum Alleinherrscher macht. Die Opposition ficht das knappe Ergebnis von 51,4 Prozent Pro-Stimmen an, sämtliche Beschwerden werden aber vom Verwaltungsgericht abgeschmettert. Sofort am nächsten Tag wird der nach dem Putschversuch vom Juli 2016 verhängte Ausnahmezustand, der es Erdogan ermöglicht, per Dekret zu regieren, verlängert. Aber sind deshalb alle Austro-Türken im „Erdo-Wahn“?

Mai: Bewegung in die Politik

Die Franzosen wählen den parteilosen Ex-Wirtschaftsminister Emmanuel Macron zum neuen Präsidenten. Der 39-Jährige, der als jüngster Präsident der französischen Geschichte in den Elysee-Palast einziehen wird, hat einen beispiellosen Aufstieg hinter sich: Die Präsidentschaftswahl gewinnt er ohne Parteiapparat, seine Bewegung "En Marche!" (Vorwärts!), die sich als weder links noch rechts ansieht, hat er erst ein Jahr zuvor gegründet. Sebastian Kurz wird es ihm mit seiner Bewegung der „Neuen Volkspartei“ bei der Nationalratswahl im Oktober gleich tun. Ob „Traditionsparteien oder Bewegungen – man möge sie nennen, wie sie wollen [… ]ein wenig Bewegung im Kopf würde uns nicht schaden“, schreibt Esther Mitterstieler über den neuen Politik-Trend.

Juni: USA verabschieden sich aus historischem Klima-Deal

Die USA sind nicht nur die größte Volkswirtschaft der Welt, sondern auch der zweitgrößte globale CO2-Erzeuger. Und steigen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aus. Donald Trump, Skeptiker des menschengemachten Klimawandels, begründet die international scharf kritisierte Entscheidung mit seiner "feierlichen Pflicht", das amerikanische Volk zu schützen. Das Klimaabkommen schade der US-Wirtschaft und begünstige andere Staaten. Wieder einmal heißt es also: „America First“.

Juli: Nordkoreas Raketenmacht trifft auf "Feuer & Wut"

Nordkoreas Bedrohung durch Raketen erreicht neue Dimensionen: Ausgerechnet am US-Unabhängigkeitstag testet Pjöngjang erstmals eine Interkontinentalrakete, die theoretisch die USA erreichen könnte. Nach einem zweiten derartigen Probeabschuss Ende des Monats droht US-Präsident Trump mit "Feuer und Wut".

»Auf der einen Seite steht ein ruchloser, kühl kalkulierender und provozierender Diktator. Auf der anderen ein erratischer, leicht zu provozierender und unberechenbarer Soziopath.«

„Damit ist grob ein Szenario umrissen, das einen trotz seiner comicgleichen Anmutung das Fürchten lehrt. Auf der einen Seite steht ein ruchloser, kühl kalkulierender und provozierender Diktator, der seinen Schreckensstaat atomar aufrüstet. Auf der anderen ein erratischer, leicht zu provozierender und unberechenbarer Soziopath, der verzweifelt gegen sinkende Sympathiewerte kämpft“, kommentiert Christoph Lehermayr das Geschehen.

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August: Rohingya-Völkermord

Bei Angriffen muslimischer Rohingya-Rebellen auf mehrere Grenzposten im Westen Myanmars werden mindestens 89 Menschen getötet. Die brutale Reaktion des Militärs gegen die seit jeher ungeliebte und diskriminierte Minderheit bildet den Auftakt zu einer monatelangen Gewaltwelle, im Zuge derer Tausende Menschen getötet werden und mehr als 640.000 Rohingya ins Nachbarland Bangladesch flüchten. Der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein, spricht bei der systematischen und gewaltsamen Verfolgung sogar von Völkermord.

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September: Dirty Campaigning von Amerika nach Österreich

Durch Medienberichte wird bekannt, dass der frühere SPÖ-Berater Tal Silberstein hinter Websites gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz steht, die teils auch antisemitische Inhalte transportiert haben. Der Begriff des „Dirty Campaigning“ hat es so nun von Amerika auch nach Österreich geschafft und die Art und Weise, wie Wahlkämpfe geführt und um die Stimmen der Wähler gebuhlt wird, drastisch verändert.

Oktober: #metoo – der weltweite Kampfbegriff gegen sexuelle Belästigung

Hollywood-Produzent Harvey Weinstein gerät nach einem Bericht der Zeitung "New York Times" wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigung massiv unter Druck. Der Skandal weitet sich in der Filmbranche und darüber hinaus bis nach Europa aus und löst weltweit eine Debatte über sexuellen Missbrauch aus. Im Internet melden sich Betroffene unter dem Schlagwort "MeToo" ("ich auch") zu Wort.

»Die mitreißenden Handlungen der Frauen auf unserer Titelseite gemeinsam mit Hunderten anderen sowie vielen Männern haben eine der schnellsten Veränderungen in unserer Kultur seit den 1960er-Jahren freigesetzt.«

Das US-Magazin "Time" hat die Frauen, die die #MeToo-Bewegung mit Enthüllungen über sexuelle Übergriffe von Männern ins Rollen brachten, zur Person des Jahres 2017 erklärt. Warum? "Die mitreißenden Handlungen der Frauen auf unserer Titelseite gemeinsam mit Hunderten anderen sowie vielen Männern haben eine der schnellsten Veränderungen in unserer Kultur seit den 1960er-Jahren freigesetzt", kommentierte der Chefredakteur Edward Felsenthal die Entscheidung.

Außerdem im Oktober:

Nationalratswahl in Österreich

Nachdem der ehemalige Außenminister Sebastian Kurz im Mai Neuwahlen als den „richtigen Weg, um in Österreich Veränderung zu ermöglichen“ verkündete, geht die ÖVP im Oktober mit 31,5 Prozent der Stimmen als Sieger aus diesen hervor. Die SPÖ fällt mit 26,9 Prozent auf den zweiten Platz zurück, die Freiheitlichen gewinnen rund 5,5 Punkte und erreichen 26 Prozent. Die NEOS kommen mit kleinen Zuwächsen auf 5,3 Prozent, die Grünen fliegen dagegen mit 3,8 Prozent aus dem Nationalrat, dem sie seit 1986 angehörten. Die von ihnen abgespaltene Liste Pilz schafft hingegen mit 4,4 Prozent den erstmaligen Parlamentseinzug.

November: Paradise Papers – Steueroasen aufgedeckt

Mehrere internationale Medien veröffentlichen die Paradise Papers: Dieses neue Datenleck gibt wieder Einblick in die Geschäfte von Konzernen und reichen Personen in Steueroasen. Der EU entgehen insgesamt 60 Milliarden Euro pro Jahr an Steuereinnahmen, weil internationale Konzerne wie Apple und Nike ihre Gewinne in Steueroasen verschieben.

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Dezember: Tu felix Austria nube!

„Du glückliches Österreich heirate!“. Das gilt ab 2019 ausnahmslos für alle. Denn der Verfassungsgerichtshof gibt den Weg für die "Ehe für alle" frei. Auch gleichgeschlechtliche Paare können damit künftig in Österreich heiraten. Das Höchstgericht hat die gesetzlichen Regelungen aufgehoben, die Homopaaren bisher den Zugang zur Ehe verwehrt hat. Der Gerichtshof begründete diesen Schritt mit dem Diskriminierungsverbot des Gleichheitsgrundsatzes.

Doch Österreich bekommt im Dezember nicht nur die Ehe für alle, sondern auch eine neue Regierung. Bundespräsident Alexander Van der Bellen ernennt die erste Bundesregierung unter Führung des neuen Kanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) sowie von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ). Im Regierungsprogramm enthalten ist etwa eine Reform des Arbeitslosengelds, die eine Abschaffung der Notstandshilfe zur Folge hat. Die Mindestsicherung soll bundesweit gedeckelt werden. Volksbegehren sollen ab einer Unterstützung von rund 900.000 Österreichern in eine Volksabstimmung münden. In den Schulen soll es durchgehend Ziffernnoten geben, Studiengebühren sollen wieder eingeführt werden, die Sozialversicherungsanstalten deutlich reduziert werden und die Kammern werden zu Einsparungen motiviert. Die Steuerlast für Familien soll durch einen Bonus deutlich reduziert werden. Zahlreiche Verschärfungen sind im Asylrecht vorgesehen.

All das legt vor allem einen Schluss nahe: Auch 2018 wird ein spannendes Jahr...