Der Kampf um
Jacksons Vermächtnis

Die Doku "Leaving Neverland" beschrieb Michael Jackson als Pädophilen. Der Nachhall ist dramatisch: Seine Kinder leiden. Sein Nachlass verliert an Wert. Am 6. April läuft die Doku im deutschen Fernsehen.

von Folgenschwere Doku - Der Kampf um
Jacksons Vermächtnis © Bild: Getty Images

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Zwei namhafte Diven versuchten zu retten, was noch rettbar schien. Diana Ross erinnerte via Twitter an Michael Jacksons philanthrope Botschaften. Die Sängerin, die auch zweitgereihter Vormund von Jacksons Kindern ist, forderte "Stopp im Namen der Liebe!". Sie antwortete damit auf den weltweiten Aufschrei, nachdem der Popstar in der Dokumentation "Leaving Neverland" als pädophil beschrieben wurde. Zwei seiner früheren, minderjährigen Freunde, Wade Robson und James Safechuck, erzählen in der Doku, die kommende Woche im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wird, ausführlich vom Missbrauch durch Jackson.

© Picturedesk/Joshua Bright/Eyevine Mit James Safechuck jettete Jackson um die Welt (li.). Heute berichten er und Wade Robson (re.) von den Übergriffen, die damals passierten

Da beide nunmehr verheiratet seien, könne der Schaden ja nicht zu groß sein, es habe sie schließlich nicht umgebracht, versuchte auch Oscarpreisträgerin Barbra Streisand in der "Times" für Jackson Stimmung zu machen. Streisand hat sich seither entschuldigt. Weltweit wird das Thema hochsensibel betrachtet und die Folgen der Doku sind weithin spürbar: Radiosender in Kanada, den Niederlanden und Neuseeland verbannten Songs des Künstlers aus dem Programm. Das Modehaus Louis Vuitton entfernte von Jackson inspirierte Entwürfe aus seiner Kollektion. Die Macher der Zeichentrickserie "Die Simpsons" verbannten eine Folge, in der Jackson einer Figur seine Stimme lieh, ins Archiv. Die Macher der Jackson-Ausstellung "On The Wall", die nach London und Paris nun in Bonn Station macht, sahen sich tagelang im Kreuzfeuer von Kritikern, die meinten, Künstler und Mensch seien nach solchen Taten nicht getrennt zu sehen -und schon gar nicht zu feiern.

Ein Andenken in Asche

Kurz vor dem zehnten Todestag des Vaters am 25. Juni sehen seine Kinder sein Andenken in Schutt und Asche. Der 22-jährige Prince, ein Filmemacher in Ausbildung, schweigt in der Öffentlichkeit. Vom Bruder, dem 17-jährigen Blanket, berichten US-Medien, er würde gar nicht mehr sprechen, seit die Doku gezeigt wurde. Um das medienaffinste von Jacksons Kindern, Model Paris, 20, gab es Gerüchte eines Selbstmordversuchs. Es wäre nicht der erste gewesen. Die junge Frau, die unter 30 Tattoos auch das Antlitz ihres Vaters am Körper trägt, sagte vor zwei Jahren dem "Rolling Stone", der Vater würde sie noch immer in ihren Träumen besuchen und sprach vom Schmerz, an den man sich nur gewöhnt, der aber nie heilt. "Es ist nicht meine Aufgabe, meinen Vater zu verteidigen", war ihr aktueller Social-Media-Kommentar. "Es wäre schön, wenn sich alle wieder entspannen würden und sich auf das große Ganze konzentrieren könnten. Das tue ich jedenfalls."

© Picturedesk/Action Press/enewsimage Paris und Prince, Jacksons Kinder, tragen schwer an der aktuellen Diskussion

Von der Klage der Familie Jackson gegen den Sender HBO, der die Dokumentation als erster ausgestrahlt hatte, ist nichts mehr zu hören. Dafür trommelt Jacksons Neffe Taj, der Sohn seines Bruders Tito, dauerhaft via Medien und erzählt Privates. "Es ist mehr als zerstörerisch, was gerade passiert. Zu sehen, wie die Kinder leiden, macht mich wahnsinnig traurig", wird er weithin zitiert.

»Zu sehen, wie die Kinder leiden, macht mich wahnsinnig traurig«

Dass die große Jackson-Familie alles tut, um den arg beschädigten Namen des Popstars zu schützen, ist nachvollziehbar. Viele der Angehörigen leben ausschließlich von den Einkünften aus seiner Verlassenschaft. Im Jahr 2017 sollen dies laut "Daily Mail" 75 Millionen Dollar gewesen sein. Gerade zum heurigen runden Todestag hätten weltweite Andenken an den Star, der 2009 im Alter von 50 Jahren an einer Überdosis des Betäubungsmittels Propofol starb, einiges mehr in die Kassa spülen können. Danach sieht es freilich momentan nicht aus.

Die Suche nach einem Käufer für das Neverland-Gelände liegt auf Eis. Es wurde bereits in Sycamore Valley Ranch umbenannt. Doch niemand hat Interesse.

Die Doku im TV "Leaving Neverland", die Dokumentation, in der Wade Robson und James Safechuck vom sexuellen Missbrauch durch Michael Jackson berichten, läuft nächsten Samstag auf ProSieben (6.4., 20.15 Uhr). "Das ProSieben Spezial" (6.4., 19.05 Uhr) hilft davor die Doku durch Meinungen von Opfern, Wegbegleitern und Fans einzuordnen. Auch wie die Vorwürfe den Blick auf Jacksons Werk verändern ist Thema.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich im News der Ausgabe 13/2019.