Ivanka Trump, die
Souffleuse ihres Daddys

Die Welt setzte große Hoffnungen in Donald Trumps Lieblingstochter. Ihr mildernder Einfluss sollte Ivanka zur Souffleuse des Jahres machen, die den Präsidentendaddy vom Schlimmsten abhält. Zeit für eine Bilanz

von
Väter und Töchter - Ivanka Trump, die
Souffleuse ihres Daddys

Es war der Moment, in dem Ivanka Trump einfach nicht mehr konnte. Sich ihre Miene versteinerte und die schöne Fassade Risse bekam. Ein Journalist hatte sie im November gefragt, was sie von Roy Moore halte. Das ist jener Mann, der als Kandidat für einen freigewordenen Senatssitz im Bundesstaat Alabama antrat. Homosexuelle pflegte er "pervers" zu nennen, Asiaten "Gelbe" und Indianer "Rote". Mindestens sechs Frauen warfen ihm vor, dass er sie missbraucht habe. Die Jüngste von ihnen soll damals 14 Jahre alt gewesen sein. Für Donald Trump hingegen galt Moore als guter Patriot, zu dessen Wahl er aufrief. Danach gelang es seiner Tochter Ivanka nicht länger, so zu tun, als trage sie den Wahnsinn noch mit. "Ich habe keinen Grund, an den Aussagen der Opfer zu zweifeln", gab sie dem Journalisten zu Protokoll, "in der Hölle gibt es einen speziellen Platz für Menschen, die Kinder quälen." Vier Wochen später verlor Moore die Wahl. Und im Weißen Haus zerbrach etwas.

Ihr Weg ins Weiße Haus

Hinter Ivanka Trump liegt ein Jahr, in dem sie versuchte, ihre Rolle als First Daughter zu finden. Im Jänner waren sie und ihr Mann, Jared Kushner, mit den drei gemeinsamen Kindern von der feinen New Yorker Upper East Side in die Hauptstadt Washington übersiedelt. "Daddy's Girl", die perfekte Tochter, die dem Vater schon im Wahlkampf zur Seite gestanden hatte, ihn dort für seinen Sexismus entschuldigte und versuchte, seine Grobheit durch ihre Milde zu kaschieren, sollte nun von der Kämpferin zur Beraterin werden.

Dabei musste sich Ivanka die Anerkennung des Vaters hart erkämpfen, denn der sah in ihr lange nur das Püppchen. Selbst öffentlich brüstete er sich gern, wie hübsch sie denn nicht sei und dass er mit ihr am liebsten ausgehen würde, wäre sie nicht seine Tochter. Ivanka zuckte bei solchen Ausfälligkeiten nie mit der Wimper und wollte ihm trotzdem beweisen, dass sie mehr kann. So stieg sie ins Familienbusiness ein, arbeitete hart, gründete mehrere Modelabels und hatte das, was in Trumps Welt als einzig wahre Währung gilt: Erfolg. Trump wusste, dass "ihre Intelligenz und Fähigkeiten, die Attraktivität und die Selbstsicherheit auch ihn gut aussehen lassen. Denn wie jeder gute Narzisst respektiert er sie, weil sie ihn widerspiegelt", schreibt die Autorin Amy Wilentz in "The Nation". So gelangte Ivanka ans Ziel.

Seither ist sie eine seiner engsten Beraterinnen, hat ein Büro im Westflügel des Weißen Hauses bezogen, nur ein paar Meter vom Oval Office des Präsidenten entfernt. Ob der denn auch auf sie höre, wurde Ivanka in einem Interview gefragt. "Kommt auf den Tag an", antwortete sie und beschreibt damit das Verhältnis wohl treffend. Trump schätzt die Loyalität seiner Tochter, die nie rebellierte, ihn nie öffentlich kritisierte und alles daran setzte, sein zerzaustes Image zu korrigieren.

Die Loyalität wird mit Nähe belohnt. Insider berichten, dass er sie oft nach ihrer Meinung fragt. "Gebt mir mal zehn Minuten alleine mit meinem Vater", soll Ivanka dann mitunter sagen und Mitarbeiter bitten, den Raum zu verlassen. Sie, die liberal geprägte 36-Jährige, die mit Clinton-Tochter Chelsea befreundet ist, hat jedoch früh erkannt, dass es wenig Sinn macht, dem 72-Jährigen ihre Weltsicht überzustülpen. Lieber versucht sie geschickt, Themen zu forcieren, welche ihr wichtig erscheinen.

Die Einflüsterin schweigt

Der Klimawandel etwa. Gleich im Jänner lud sie Al Gore und Leonardo DiCaprio ein, die sich beide in der Frage engagieren. Auch öffentlich tat sie kund, dass sie vom Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen nichts hält. Doch am Ende tat Trump genau das. Und der Zweifel derer, die gehofft hatten, sie würde den Präsidenten moderater machen, wuchsen. Ist Ivanka am Ende doch wieder nur der Aufputz, hinter dem sich der Ausnahmezustand der Trump-Administration verbirgt? Erneut das hübsche Gesicht, das für Daddy um die Welt tourt, um sein Antlitz erträglicher zu machen?

Ein Erfolg scheint ihr beim Mutterschutz gegönnt. Noch sind die USA das einzige Land der westlichen Welt, in dem es keine gesetzliche Verpflichtung dazu gibt und Mütter nach der Geburt Urlaub nehmen. Trumps Steuerreform sieht nun sechs Wochen Karenzzeit vor, was Ivankas Souffleuse-Talent zu verdanken wäre. Doch entschieden ist nichts. Trump soll wieder einmal zornig sein. Wegen Kandidat Moore und der verlorenen Wahl in Alabama. Und damit irgendwie auch auf Ivanka.